10 Manager zum Handelskrieg : Europa im Stresstest zwischen USA und China: "Versinken im Treibsand"
Seit der Verständigung zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatsund Parteichef Xi Jinping in Busan Ende Oktober herrscht in europäischen Industriekreisen eine ungewöhnliche Einigkeit.
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Wenn Rob van Gils über die aktuelle Wirtschaftslage spricht, ist er weit weg von Zweckoptimismus. „Wir sind jetzt im vollen dritten Jahr der Rezession in Europa und du merkst das jetzt an allen Ecken“, sagt der CEO von Hammerer Aluminium Industries (HAI). Und er fügt hinzu: „Es ist nicht so, dass nicht davor gewarnt wurde.“ Gemeint sind Lohnsteigerungen auf Basis hoher Inflation, die Europas Wettbewerbsfähigkeit massiv belasten. Die Stimmung in vielen Branchen sei schlecht, die Auftragslage rückläufig – und die Spirale drehe sich weiter. Mit spürbarer Schärfe beschreibt van Gils auch das globale Kräfteverhältnis. „Wir stehen dazwischen und sagen: Was machen wir denn jetzt? Wir haben dem einen wenig entgegenzuhalten und dem anderen auch nicht.“ Die USA agierten inzwischen „beinhart“ nach dem Motto America first, während China seit Jahren „sehr konsequent, sehr strategisch“ handle, ausgestattet mit „unendlichen Ressourcen“ und enormer Arbeitsbereitschaft.
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Europa hingegen leide an struktureller Langsamkeit. Für jede Entscheidung brauche man „37 Runden und zwei Jahre“. Und das in einer Welt, in der andere „tagesaktuell agieren“ – egoistisch, kurzfristig, aber wirkungsvoll. Van Gils spricht offen von einer regelbasierten Weltordnung, die zerbröckelt: „Spielregeln funktionieren nur so lange, wenn sich alle daran halten.“
Offene Flanke: Aluminiumschrott
Ein Thema berührt HAI besonders: der massive Export von Aluminiumschrott nach Übersee, begünstigt durch US-Zölle. „Ich kann das meiner siebenjährigen Tochter erklären“, sagt van Gils. „Auf das eine gibt es 50 Prozent, auf das andere nur 15.“ Die Folge: Schrotthändler verdienen, Europa verliert. „Wir exportieren Rohstoff und Energie“, warnt er. Denn Aluminiumrecycling benötigt nur fünf Prozent der Energie von Primärproduktion. Zurück bleibt eine Branche, die unter hohen Energie- und Personalkosten leidet, während Schrottpreise durch den US-Markt verzerrt werden. „Damit kippen die Margen komplett.“ Und das sei „at cost of the society“, sagt van Gils – denn Europa müsse teure Rohstoffe wieder importieren.
Und dennoch: EU-Vizekommissionspräsident Maroš Šefčovič kündigte - wohl als Reaktion der lauten Kritik von Verbänden wie Aluminium Deutschland, dessen Präsident van Gils ist, Maßnahmen gegen die Schrottabwanderung an. Van Gils wertet das als ersten, längst überfälligen Schritt: „Das ist zumindest mal ein klares Signal.“
China baut vor
Besonders drastisch schildert van Gils den Aufstieg chinesischer Zulieferer. „Massive Investitionen in der Aluminiumindustrie seitens chinesischer Unternehmen würden in Osteuropa getätigt - nicht selten würde zurzugsweise chinesisches Equipment installiert und Personal aus China mitgebracht. „Das sind Projekte, da pumpst du europäisches Steuergeld rein, damit du dir etwas hochzüchtest, das dir die gut bezahlten Arbeitsplätze hier killt.“
Der HAI-CEO beobachtet, wie chinesische Autobauer wie BYD selbstbewusst auftreten: „Die haben gesagt: In fünf Jahren sind wir der größte Automobilhersteller in Europa.“ Vor allem weil sie Batterien, Rohstoffe und Lieferketten bereits dominieren – und ihre Fahrzeuge „deutlich günstiger“ anbieten. „Wir machen uns zu klein“, sagt van Gils. „Noch haben wir den größten Binnenmarkt, noch viel Vermögen, viel Know-how.“ Doch Europa verhindere sich selbst – durch Bürokratie, Langsamkeit und politische Zögerlichkeit. Die USA drängten China aggressiv zurück, Europa dagegen vermeide es aus geopolitischen Abhängigkeiten sogar, auf die USA mit klaren Maßnahmen zu reagieren. „Eine gezielte Aktion gegen die USA wird Europa aktuell nicht riskieren.“
Zwischen Zöllen, Blacklists und Datenfluten
Wie Prewave in einer hitzigen geopolitischen Ära Lieferketten-Alternativen transparent macht.
Wenn Harald Nitschinger über die aktuelle Weltlage spricht, fällt sofort ein Satz: „Wir blicken definitiv nicht gelassen in die aktuelle Situation.“ Der Prewave-CEO sieht Unternehmen heute „zu Spielbällen in diesem globalen Schachspiel“ werden – geschuldet einer geopolitischen Gemengelage, in der Zölle, Exportrestriktionen und Handelshemmnisse längst industriepolitische Waffen sind. Unsicherheit war lange Teil internationaler Supply Chains. Doch heute habe sich diese Unsicherheit „auf die Dimension der globalen Politik“ ausgeweitet, sagt Nitschinger. Die Folge sind empfindliche Reaktionszeiten. Prewave hilft Unternehmen genau an diesem Punkt: „Wir machen die Lieferketten transparent in die Tiefe“ – bis zur zweiten und dritten Stufe. Erst dort zeige sich, „wo bin ich hinsichtlich bestimmter Regionen oder seltener Erden exponiert“. Was gute Vorbereitung bedeutet, zeigt Nitschinger anhand eines Beispiels: Der Automobilzulieferer Magna nutze Prewave, um sich frühzeitig auf veränderte Zölle und deren Folgen einzustellen.
Wenn Alternativen Monate brauchen
Prewave-Kunden können dank der Plattform nicht nur Risiken erkennen, sondern auch schneller handeln. „Anstatt von Wochen innerhalb von ein, zwei Tagen reagieren“, formuliert Nitschinger. Doch selbst die beste Software hat Grenzen – dort, wo es schlicht keine Alternativen gibt. Bei seltenen Erden sei China nach wie vor „in einer fast Monopolstellung“. Alternativen existieren, aber Nitschinger stellt klar: „Das sind keine kurzfristigen Maßnahmen. Das sind mittelfristige Maßnahmen.“ Das gilt auch für den Halbleiterbereich. Der Nexperia-Fall war für viele Unternehmen ein Schock. Prewave hatte bereits „vor neun Monaten einen Alert geschickt“, weil die chinesische Mutterfirma in den USA auf einer Sanktionsliste gelandet war. Als die niederländische Regierung schließlich eingriff, lag der Fokus auf Prewaves „Vulnerabilitätsanalyse“: Wo stecken Nexperia-Chips indirekt in Produkten? Die Erkenntnis: nicht nur Automotive, auch Medizintechnik und Verteidigungsindustrie waren betroffen. Diese Analysen gelangen teils sogar an staatliche Stellen.
Grenzen der Resilienz – und der Redundanz
Lieferantenwechsel ist kein Allheilmittel, betont Nitschinger. Rohstoffe wie Stahl oder Kunststoffe lassen sich rasch substituieren. Doch „wenn es um eine Komponente geht, die Teil einer Zulassung ist“, brauche man Monate. In der Pharmaindustrie sogar noch mehr. Deshalb müsse Vorbereitung lange vor der Krise beginnen. „Wenn man sich zum Zeitpunkt einer Krise beginnt vorzubereiten, ist es zu spät.“ Doch genau jetzt stoßen viele Unternehmen an finanzielle Hürden. Resilienz koste Geld: „Redundanz und Resilienz ist mit zusätzlichen Investitionen verbunden.“ Ein zweites Sourcing, mehr Lagerstand – in einer Wirtschaftslage wie der aktuellen seien solche Maßnahmen schwer zu verkaufen.
Prewave setzt auf drei Elemente: Risikomonitoring, Lieferantenbewertung und Lieferkettenmapping. Dazu kommt ein neues Werkzeug: Szenarioplanung. Unternehmen können künftig simulieren, „in welcher Welt“ sie morgen agieren müssen – vom eskalierten Handelskonflikt bis zu neuen geopolitischen Hotspots. Eines der Szenarien: Welche Firmen könnten der nächste Nexperia-Fall werden?
Der politische Druck steigt
Nitschinger verweist auf ein Beispiel, das vielen verborgen blieb: General Motors fordere aktuell von allen Lieferanten eine Offenlegung der gesamten Lieferketten – verbunden mit einem kategorischen Ausschluss bestimmter Länder. Das sind jetzt China und Taiwan. Die Industrieseite handle hier mit starkem Nachdruck – durchaus im Sinne der US-Regierung. Europa hingegen steht „zwischen den Fronten“. Prewave ist klar europäisch positioniert: „Wir sind das einzige europäische Unternehmen, das in unserem Umfeld Marktführerschaft hat.“ 80 Prozent der Kunden stammen aus Europa, doch auch US- und asiatische Unternehmen nutzen die Plattform.
Nitschinger erwartet keine rasche Entspannung. Solange die Taiwan-Frage ungelöst ist, bleibe das geopolitische Nervensystem der Lieferketten extrem angespannt. Auch regulatorisch erreiche Europa gerade einen Höhepunkt der Unsicherheit – von Lieferkettengesetz bis Entwaldungsverordnung. „Da stabilisiert sich vieles nächstes Jahr“, sagt er. Doch geopolitisch bleibe das Risiko hoch: „Wenn man Abhängigkeiten auf gewisse Schlüsselmaterialien hat, wo Länder wie China Monopolstellungen haben, dann muss man sich nach Alternativen umsehen.“
Gegengeschäfte
Seit der Verständigung zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatsund Parteichef Xi Jinping in Busan Ende Oktober herrscht in europäischen Industriekreisen eine ungewöhnliche Einigkeit. In Busan zeigte sich erstmals offen eine Entwicklung, die europäische Diplomaten seit Monaten befürchten: USA und China könnten, mahnte Jens Eskelund, Präsident der europäischen Handelskammer in Peking, immer mehr Handel „untereinander mittels Gegengeschäften“ abwickeln – ein gelenkter Handel, der Europa systematisch an den Rand drängt. Diese „Strategie der kleinen Deals“ (O-Ton Jörg Wuttke, langjähriger Präsident der europäischen Handelskammer in China) schafft ein Geflecht bilateraler Vereinbarungen, bei denen nicht Regeln gelten, sondern Macht. Mehrere Manager formulieren es identisch: Die Chinesen können „vor Kraft kaum laufen“, zitiert das Handelsblatt Unternehmenskreise. Die neue Selbstsicherheit Pekings trifft Europa in einer Phase struktureller Schwäche – und genau zwischen den beiden Machtblöcken verschärft sich die Lage nun dramatisch.
Der Fall Nexperia zeigt, wie wenig Gestaltungsmacht Europa inzwischen hat. Als die Niederlande das Unternehmen zur Vermeidung chinesischen Zugriffs verstaatlichten, reagierte China prompt mit Exportstopps für zentrale Halbleiter. Das führte zu Produktionsengpässen, insbesondere in der Autoindustrie. Erst nach dem geopolitischen Tauwetter zwischen Washington und Peking wurden Lieferungen wieder ermöglicht – aber in unzureichenden Mengen. Gleichzeitig drohten die USA, Nexperia selbst auf die Sanktionsliste zu setzen. Europa wurde damit zum Zuschauer in einem Konflikt, der mangelnde Transparenz und Koordination zwischen Washington und Brüssel offenlegte. Noch bedrohlicher ist Chinas Griff nach der Schlüsselressource Seltene Erden. Die Exportkontrollen wurden nach Busan zwar für ein Jahr ausgesetzt, aber die Industrie bewertet die Maßnahme als Warnschuss. Die künftigen Regeln – insbesondere ein mögliches Validated-End-User-System – könnten darüber entscheiden, welche europäischen Unternehmen überhaupt noch beliefert werden.
Auch Washington arbeitet längst nicht mehr mit freien Märkten, sondern mit gezielten Instrumenten: Sektorzölle, Sanktionen, Ursprungsprüfungen. Unter dem Deckmantel nationaler Sicherheit können neue Branchen jederzeit dem Zollregime unterstellt werden. Schon jetzt sind 30 Prozent der deutschen Maschinenexporte betroffen. Einige Unternehmen haben die USA als Absatzmarkt bereits aufgegeben, weil „rückwirkend bis zu 200 Prozent Zoll“ drohen. Gleichzeitig verfolgt Washington eine klare Linie gegenüber China – und nutzt Europa als geopolitischen Juniorpartner. Wenn Europäer, wie China- Experte Jörg Wuttke sagt, in Gesprächen mit den USA „nur über die Ukraine reden wollen“, zeigt das die Asymmetrie: Europa denkt in Krisenbewältigung, die USA in globaler Industriepolitik.
Handshake: US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping am 30. Oktober auf dem Luftwaffenstützpunkt Gimhae in Busan. Das erste persönliche Treffen seit sechs Jahren stand im Zeichen der Beendigung des Handelskriegs rund um die Ausfuhr Seltener Erden.
- © APA-Images / AP / Mark SchiefelbUnternehmer reagieren
Während Europa zaudert, reagieren Unternehmen pragmatisch – oft hart. Engelbert Wimmer berichtet von einem Zuliefererprojekt, bei dem „die deutsche Fertigung runtergestrickt“ wird, während Standorte im Osten massiv gestärkt werden. Investitionen in Deutschland? „Es gibt keine Investition mehr. Nicht mal Keep the lights on.“ Wartungen würden gestrichen, Arbeitskosten und Regulatorik seien nicht tragbar. Für Wimmer ist das kein Einzelfall, sondern der „perfekte Sturm“. Energiepreise, Bürokratie, Arbeitskosten, Steuersystem – alles zusammen „lädt nicht dazu ein, auch nur einen Euro zu investieren“. Die Folge: Kapital fließt ab. „Wenn wir kein Gegenmittel haben, politisch, dann muss der Unternehmer unternehmerisch investieren. Und das ist Kapitalflucht.“ Was fehlt? Ein europäisches Gegenangebot. Wimmer fordert die massive Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, die dramatische Entlastung des Arbeitgeberanteils, längere Lebensarbeitszeit, flexible Modelle für Senior Experts und ein Ende der „ideologisch getriebenen Industriepolitik“.
Europa habe jahrzehntelang falsche Prioritäten gesetzt: Subventionen für alte Industrien, Wasserstofffantasien, aber keine Investitionen in seltene Erden, Rohstoffe oder technologische Souveränität. „Hier haben wir uns selbst das Versagen in die Grabrede geschrieben.“ Wimmer spricht von einem „Treibsand“, in dem Europa versinke. Statt über Rohstoffe, Handel oder geopolitische Allianzen nachzudenken, verliere sich die Politik in Umverteilung und Innenpolitik. Er kritisiert eine „bürokratische Monsterstruktur“, die nicht in der Lage sei, innen- oder außenpolitisch Orientierung zu bieten. Eine radikale Neuorientierung sei nötig. „Wenn du merkst, dass du in einer Sackgasse bist, ist es nicht blöd, umzudrehen.“ Wimmers Diagnose ist klar: „Wir stehen mitten in einem gewaltigen Wettlauf des Verlierens.“ Europa habe keine Rohstoffe, nur Wissen und Fleiß – beides habe man in den letzten Jahren vernachlässigt. Er fordert eine „industrielle Revolution“ mit massiven Zukunftsinvestitionen. Ohne strukturellen Wandel werde Europa weiter zurückfallen.
„Selbst in Indien erwarten Kunden lokale Wertschöpfung“
Der Technologie- und Maschinenbaukonzern Palfinger setzt verstärkt auf regionalisierte Produktion, lokales Sourcing und widerstandsfähige Lieferketten. COO Alexander Susanek erläutert, warum globale Präsenz heute vor allem bedeutet, Wertschöpfung in lokalen Märkten zu verankern.
Für Palfinger sei das kein Krisenreflex, sondern seit jeher Grundprinzip: Baustellen und Kundenanforderungen unterscheiden sich weltweit stark, weshalb Produkte und Designs regional variieren. „Deswegen ist es für uns nichts Neues, dass wir in der Region für die Region denken“, sagt COO Alexander Susanek. Geopolitische Spannungen verstärkten diesen Trend jedoch deutlich. Länder wie die USA, China – und zunehmend auch Indien – erwarteten lokale Wertschöpfung.
Indien als Schlüsselmarkt
Ein zentrales Beispiel ist das geplante Werk in Indien. „Der Markt wächst rasant, da müssen wir vor Ort sein – sowohl wegen der Kundenerwartungen als auch um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Palfinger plant dort die Produktion sowie das lokale Sourcing auszubauen. Weitere Verlagerungen werden regelmäßig evaluiert. Grundsätzlich bleibe das Sourcing regional: In Europa stammen die meisten Komponenten aus europäischen Ländern; Bezüge aus China oder Indien seien selten und in der Regel mehrfach abgesichert.
Stabile Lieferketten
Aktuell prägen vor allem wechselnde Zölle die Situation. „In den letzten Monaten gab es sehr kurzfristige Änderungen.“ Trotzdem sei Palfingers Versorgung kontinuierlich stabil: „Wir haben keine Lieferengpässe. Die Lieferkette ist seit vielen Monaten sehr stabil.“ Vorsorge bleibe dennoch essenziell, besonders bei Halbleitern. Mit Lieferanten wurden Vereinbarungen für umfangreiche Lagerhaltung kritischer Bauteile getroffen – möglichst früh in der Wertschöpfung, um keine kompletten Komponenten ohne konkrete Kundennachfrage bevorraten zu müssen.
Halbleiter nutzt Palfinger in Steuergeräten, Sensorik, Fernsteuerungen und Connectivity-Modulen. Direkt betroffen von Engpässen sei man zuletzt kaum gewesen. Dennoch habe das Unternehmen nach den Turbulenzen der Corona-Pandemie grundsätzlich höhere Resilienzmaßnahmen etabliert. Zu konkreten Herkunftsländern elektronischer Bauteile äußert sich Susanek zurückhaltend: Man arbeite mit einem europäischen Partner, der die Bedarfe bündelt.
Lehren aus dem Nexperia-Shortage
„Diese Thematik ist noch lange nicht ausgestanden“, sagt Geschäftsführer Bernhard Pulferer über die Nexperia-Krise. Zwar sei die Exportbeschränkung der chinesischen Regierung inzwischen aufgehoben, doch das Grundproblem bleibe bestehen: „Nexperia Europa hat die Kontrolle über das Werk in China noch nicht wiedererlangt.“ Und solange diese Steuerungshoheit ungeklärt sei, bleibe die Lage fragil. Für Melecs ist Nexperia im Bereich der sogenannten Small-Signal-Halbleiter ein Schlüsselzulieferer. „In jedem Produkt, das wir fertigen, braucht es solche „einfachen“Halbleiter“, sagt Pulferer. Und zwar an jedem Standort – Siegendorf, Győr, Mexiko und Wuxi. Ein großer Teil dieser Bauteile kommt aus dem chinesischen Backend-Werk von Nexperia. Die beiden südostasiatischen Werke, die voll unter europäischer Kontrolle stehen, werden derzeit hochgefahren – aber das dauert.
„Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.“ Die Branche wendet vermehrt Dual oder Multi-Sourcing zur Risikominimierung an. „Bei gewissen Anwendungen ist das jedoch nicht der Fall. Da sind wir gerade dabei, alternative Komponenten zu definieren und freizugeben.“ Im Automotive-Sektor sei das besonders heikel: „Die Freigabe alternativer Komponenten unterliegt strikten Regularien. Lebensdauertests dauern mehrere Monate.“ In der aktuellen Lage verkürzt man Validierungsprozesse. „Wir hatten bislang keinen Stillstand“, sagt Pulferer. Bei den günstigen Small-Signal-Bauteilen werden mehrwöchige Lagerbestände gehalten, was half. Melecs sicherte darüber hinaus frühzeitig zusätzliche Mengen über Distributoren. Doch entspannt sei die Lage nicht, daher wird mit Hochdruck an den alternativen Komponenten gearbeitet.
Seltene Erden: Chinas echte Machtbasis
Während die Nexperia-Halbleitergeschichte ein unternehmensinternes Governance-Problem ist, sieht Pulferer bei einem anderen Thema ein geopolitisches Risiko von ganz anderem Kaliber: Seltene Erden. „Es geht auf staatlicherEbene um einen Handelskrieg, der für unser Unternehmen von höchster Relevanz ist“. Das sei ein sehr mächtiges Instrument, das China in der Hand hält.“ Pulferer spricht von Exportrestriktionen, die Hersteller zwingen, bei jeder Lieferung offenzulegen, in welches Endprodukt und in welchen Markt die Magnete gehen. „Europa und der Rest der Welt sind extrem abhängig“, sagt er. China hält bis zu 90 Prozent Marktanteil bei seltenen Erden. Melecs ist davon direkt betroffen: In den Aktuatoren – „Elektronik verheiratet mit Motor“ – stecken Magnete mit seltenen Erden. Bezogen werden sie entweder über direkt aus China gelieferte Motoren oder über europäische und mexikanische Motorenhersteller, deren Zulieferer wiederum Exportlizenzen beantragen müssen.
Für ihn ist klar: Eine China-unabhängige Versorgung werde „Jahre dauern“. Erfreulich ist aber, dass die wesentlichen Stakeholder entlang der Supply Chain erkannt haben, dass eine von China unabhängige Versorgung von Magneten mit seltenen Erden aufgebaut werden muss. Alternative Rohstoffmärkte, wie zum Beispiel in Australien entstehen. Melecs arbeitet über Motorenlieferanten mit einem estnischen Unternehmen zusammen, das sein Rohmaterial momentan noch aus China bezieht, nun aber in Australien eine eigene Quelle entwickelt. „Aber das wird noch einige Zeit dauern bis ausreichend Kapazitäten außerhalb Chinas aufgebaut sind.“
Just in time?
„Wir sind im Anlagenbau sehr international unterwegs“, sagt der Geschäftsführer der Rübig-Gruppe, Bernd Rübig. Und genau dort spürt das Unternehmen die Verschiebungen der Lieferketten am stärksten. Elektronik, Steuerungen, Motoren: „Das wirkt sich, wenn das durchschlägt, auf die Lieferketten aus.“ Corona hat Rübig gelehrt, dass alte Produktionsprinzipien nicht mehr gelten. „Wir haben diese kritischen Komponenten schon so weit vorgesourct und lagerführend, dass wir da sehr lange Zeit nicht zum Stehen kommen“, sagt er. Besonders SPS-Steuerungen eines deutschen Lieferanten seien ein Risiko. Während Corona stiegen die Lieferzeiten plötzlich auf „zehn Monate, ein Jahr – wenn man sie überhaupt bekommen hat“. Heute hält Rübig sechs bis zwölf Monate der wichtigsten Teile auf Lager – ein massiver Bruch mit früheren Just-in-Time-Ideen. „Das verursacht gewaltige Kosten“, räumt Rübig ein. Aber die Alternative sei schlimmer: „Wenn man nicht liefern kann oder Aufträge verliert.“
Unsicherheit
Anders als manche Industrieunternehmen ist Rübig bei vielen China-Themen vergleichsweise entspannt. Seltene Erden? „Das haben wir nicht direkt drinnen“, sagt Rübig. Die entsprechenden Bauteile kommen nur in fertiger Form über Motoren, Pumpen und Antriebe ins Unternehmen. Dafür hat man Lagerbestände aufgebaut. „Wir schauen, dass wir wirklich das dann auf Lager bringen.“ Auch im Elektronikbereich sieht Rübig derzeit keine Eskalation. Einzelne chinesische Komponenten seien im Frühjahr blockiert worden, aber das Unternehmen habe mehrere Lieferanten. „Wenn das abreißen würde, haben wir Alternativen.“ Die größte Unsicherheit für Rübig entsteht nicht in China, sondern aus Washington. Die neuen US-Zölle auf Stahl und Aluminium treffen das Unternehmen direkt. Ersatzteile oder Anlagenteile in die USA zu schicken, wird plötzlich wirtschaftlich unattraktiv. Rübig sagt klar: „Wenn ich ein Stahlbauteil habe, muss ich den mit 50 Prozent verzollen – und das nimmt kein Betrieb mehr ab.“
Das betrifft vor allem Wärmebehandlungs- und Beschichtungsanlagen, große Systeme, die oft über eine Million Euro kosten. „Wir haben aktuell Anlagen bei uns im Lager stehen, die verkauft sind, aber noch nicht verschifft, weil der Kunde unsicher ist, wann aus Tarifsicht der günstigste Zeitpunkt zum Verschiffen ist.“ Europa und die USA – zwei Märkte, die sich früher ergänzten – laufen zunehmend auseinander. „Man versucht, ausländischen Unternehmen in den USA einen Wettbewerbsnachteil zu geben“, sagt Rübig. Das Ziel sei klar: lokale Hersteller stärken. Parallel dazu attackieren chinesische und indische Anlagenbauer den europäischen Markt. „Die kommen mit 30 bis 40 Prozent günstigeren Preisen“, sagt Rübig.
Das zwingt Rübig zu globalem Re-Engineering. Die Montage findet derzeit zu 100 Prozent in Österreich statt, doch das Unternehmen „schaut weltweit“ nach günstigeren Beschaffungs- und Assembly-Strukturen – in China, Indien und den USA. Denn: „Mit den Regulierungen und Kosten in Europa kann man diese Preise nicht machen.“
Der US-Markt macht normalerweise 10 bis 15 Prozent des Umsatzes im Anlagenbau aus – und fällt mit einem Zollschlag fast komplett weg. Drei bis vier Großanlagen pro Jahr gingen heuer nach Übersee. In Luftfahrtprojekten könne man Qualität als Argument nutzen, sagt Rübig: „In der Luftfahrt, ja – da kann man diese Zölle unterbringen.“ Aber im Automotive-Geschäft sei das illusorisch. „Das ist eine Preisschlacht!“ Eine besondere Dynamik sieht Rübig in der europäischen Konkurrenz.
Größere Marktbegleiter fertigen etwa in Billiglohnländern außerhalb der EU und kaufen kleinere Unternehmen in interessanten Märkten zu – ein strategischer Schritt, um Zollnachteile zu umgehen.
Reiner Beschaffungsmarkt
„China ist seit 15 Jahren ein langjähriger Lieferpartner“, sagt Robert Tencl. Rund 15 Prozent seines Materials bezieht TSA aus China: Guss- und Motorbauteile, Lagerschilder, Gehäuse. Dafür betreibt TSA in Shanghai ein eigenes Beschaffungsbüro. Als reiner Beschaffungsmarkt funktionierte China lange zuverlässig. Doch inzwischen drückt ein neues Risiko auf die Supply Chain: strikte Exportkontrollen für Permanentmagnete. „Wir brauchen für unsere Produkte, vor allem für Motoren für die Straße, diese Magnete“, erklärt Tencl. Die politischen Vorgaben treffen TSA direkt: „Für jede einzelne Lieferung brauchen wir eine eigene Exportgenehmigung.“ Der Ausgang ist nicht das Problem – der Zeitfaktor schon. „Wir können nicht abschätzen, dauert es einen Monat, zwei Monate, drei Monate?“ Erst vergangene Woche musste TSA einen großen europäischen Busbauer warnen, dass ab Jänner keine Lieferfähigkeit garantiert werden könne. „Mitte letzter Woche kam dann die Exportgenehmigung – wir sind jetzt einmal bis März gesichert.“
Enddestinationserklärungen
Die Magnete selbst bestehen aus Neodym und Dysprosium. „Beide sind jetzt nicht die kritischsten seltenen Erden“, sagt Tencl – doch ohne Freigabe bleibt der Container am Hof des Lieferanten stehen. Und das Paperwork dahinter ist enorm: Enddestinationserklärungen, Produktbeschreibungen, Verwendungsnachweise. „Das ist ein ziemlicher Aufwand.“ Für Tencl ist klar: Die Exportkontrollen zielen nicht auf Europa. „Sie zielen vor allem auf die USA.“ Doch selektive Ausnahmen, Drohgebärden gegen westliche Tech-Konzerne und ein volatiles Genehmigungsregime machen jede Lieferung zur Zitterpartie. Dass China seltene Erden als Machtfaktor nutzt, überrascht ihn nicht: „Die Chinesen setzen das als politische Waffe ein.“ Gleichzeitig sind sie unschlagbar günstig – und umwelttechnisch weniger reguliert. „Solange wir keine unabhängig produzierten seltenen Erdenmaterialien haben, bleiben wir in dieser Abhängigkeitsspirale.“ Tencl verweist auf historische Muster: 2011 trieben chinesische Preismanipulationen die Magnetkosten massiv nach oben, später wieder nach unten. „Das Up-and-Down der Chinesen kennen wir.“
Alternativen?
TSA arbeitet an magnetfreien Produktvarianten ohne China-Abhängigkeit, die theoretisch möglich wären. „Wir können wieder auf einen Asynchronmotor gehen, wo nur Kupfer drinnen ist.“ Doch dieser Schritt hat technische Grenzen: „Der Wirkungsgrad ist geringer.“ Für Effizienzklassen von 96 bis 99 Prozent führt kein Weg am Permanentmagnetmotor vorbei. In jedem Motor stecken 50 bis 70 Magnete, jeweils etwa „halb so groß wie ein Handy“. Rund 3.000 solcher Motoren produziert TSA pro Jahr. „Da kommt schon etwas zusammen.“ Eine Ausweichquelle in Europa wäre theoretisch verfügbar, aber nicht praktisch, da sich momentan gerade alle darauf stürzen. Kapazitäten sind überbucht, Lieferzeiten explodieren.
Während China immer stärker politisiert, wächst Indien für TSA als zweites Standbein. „Indien wird für uns in fünf bis zehn Jahren die Bedeutung gewinnen, die China bis jetzt hatte.“ Die Gründe: große industrielle Basis, eigener TSA-Standort, und vor allem – Distanz zu China. Indische Lieferanten werden verstärkt qualifiziert, insbesondere bei Gießereiprodukten. Seltene Erden allerdings gibt es dort nicht – und Indiens Zugang zu chinesischen Exporten ist noch eingeschränkter als jener Europas. Chinesische Motorenhersteller genießen Vorteile, die TSA nicht hat. „Wir vermuten, dass chinesische Wettbewerber Magnetmaterialien deutlich günstiger beziehen.“
Zölle mit Impact
„Die ganze Thematik rund um die Zollpolitik hat definitiv einen negativen Impact“, sagt Pollmann-Geschäftsführer Stefan Pollmann. Nicht die Zölle selbst seien das Problem, sondern die erratische Politik dahinter – „stark wechselseitige Aussagen, die auf Tagesbasis revidiert wurden“. Die Folge: Die Branche halte sich zurück. Tier-1-Zulieferer würden Neuprojekte zögerlicher vergeben, globale Sourcing-Strategien stünden „unter Druck“. Pollmann produziert bewusst regionalisiert: etwa in China für China oder Mexiko für Amerika und Kanada. Damit sei man weniger exponiert, auch dank Incoterms, bei denen „der Kunde abholt“.
Neue Lieferketten
Viele OEMs prüfen derzeit Lieferverlagerungen. „Ein besonders sensibler Auftrag verdeutlicht die Dynamik. Ende 2023 gewann Pollmann ein großes Schiebedach-Projekt eines „namhaften deutschen OEM“ für die USA. Produziert wird – trotz geopolitischer Spannungen – im I-Werk in China. „Unser China-Standort ist beim Sunroof definitiv der Experte“, betont Pollmann. Und er verweist vor allem auf die günstige Stahlbasis: „In China ist der Stahl unsagbar günstig.“ Das Projekt läuft bis 2030 und bringt „einen Lifetime-Umsatz von mehreren Millionen Euro“. Die dicken Jahre liegen laut Pollmann „zwischen 2027 und 2030, mit 2,5 bis 2,8 Millionen Euro pro Jahr“. Der SUV, um den es geht, ist ein Massenmodell mit hohen Stückzahlen.
„Über 100.000 Stück hinaus“ werde produziert – ein „schöner Auftrag“. Parallel erschließt Pollmann den US-Markt neu. Zwei große amerikanische Zulieferer – bislang stark China-abhängig – lokalisieren verstärkt in Mexiko. Pollmann konnte beide gewinnen. Wesentlicher Baustein: eine neue US-Tochter. „Wir haben Pollmann Detroit LLC gegründet“, inklusive eines österreichischen Mitarbeiters, der fix übersiedelt ist. Mexiko selbst wird strategisch weiterentwickelt: „Wir sind extrem hoch automatisiert“, sagt Pollmann.
BRP-Rotax-Chef Gebetshuber über Lieferketten, Nexperia und Broker-Märkte
Mitten in geopolitischen Spannungen und globalen Engpässen stellt sich BRP-Rotax auf eine dauerhaft volatile Versorgungslage ein. Geschäftsführer Mario Gebetshuber spricht über die Folgen der Nexperia-Sperre, explodierende Preise im Broker-Markt und den Aufbau strategischer Reserven.
Besonders bei seltenen Erden, Permanentmagneten und Halbleitern zeigt sich eine neue Form der Verwundbarkeit. „Es ist ein Thema, es beschäftigt uns mehr als in der Vergangenheit“, sagt BRP-Rotax Geschäftsführer Mario Gebetshuber. Dass man diese Herausforderungen künftig häufiger erleben werde, sei für ihn „eine Realität, auf die wir uns professionell einstellen“. BRP-Rotax ist als Antriebsbauer naturgemäß exponiert. Motoren, Steuergeräte, Sensorik, Batterien – fast alle zentralen Baugruppen benötigen Rohstoffe oder Komponenten, die häufig aus Regionen mit erhöhten Risiken stammen.
Belastungstest
Einen zusätzlichen Belastungstest stellte die jüngste Nexperia-Problematik dar. Die Sperre eines chinesischen Werks und die dadurch ausgelöste Verknappung bei bestimmten Halbleitern traf große Teile der Industrie – BRP-Rotax blieb nicht ausgenommen. Dennoch habe man die Situation ohne Produktionsstopp bewältigt. „Wir sind aktuell versorgt und sehen keine Engpässe, die unsere Produktion beeinträchtigen würden“, sagt Gebetshuber.
Ein zentrales Instrument zur Überbrückung solcher Phasen waren zuletzt spezialisierte Broker. Sie öffnen kurzfristig Beschaffungskanäle, wenn reguläre Lieferanten nicht mehr liefern können. „Da hat man Zugang über Broker, die wieder Ressourcen auftun. Allerdings bewegen wir uns hier in Preisregionen, die ein Vielfaches des Normalniveaus ausmachen – bis hin zum 20- oder 50-Fachen des Preises für einen Teil, der im Cent-Bereich ist“, sagt Gebetshuber.
Parallel baut BRP-Rotax Sicherheitsbestände aus – sowohl beim Unternehmen selbst als auch bei Zulieferern. Das Ziel: mehrere Wochen oder sogar zwei Monate ohne Produktionsunterbrechung überstehen. Unterstützend nutzt BRP-Rotax flexible Produktionslogistik, bei der Baugruppen erst später im Wertschöpfungsprozess verbaut werden, um Zeit zu gewinnen.
Frühwarnsysteme.
Auch technologisch arbeitet BRP-Rotax heute anders: KI-gestützte Frühwarnsysteme liefern Alerts zu potenziellen Risiken und ermöglichen proaktives Eingreifen. Doch reine Algorithmen reichen nicht aus. Mitarbeiter müssen Meldungen bewerten, um überzogenen Reaktionen vorzubeugen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Trotz steigender Komplexität sieht der Geschäftsführer keine Anzeichen, dass globale Lieferketten grundsätzlich kollabieren. Für BRP-Rotax bleibt der Auftrag klar: Risiken antizipieren, Produktionssicherheit sichern und technische Alternativen vorbereiten. „Bis jetzt hat es gut funktioniert und ich gehe davon aus, dass wir auch künftig robuste Lösungen finden werden“, sagt Gebetshuber.
Transparenzpflichten
Die großen Sorgen der Industrie – Chips, Bauteile, Engpässe – betreffen den Elastomermaschinenbauer Maplan weit weniger als viele andere. „Wir sind in enger Abstimmung mit unseren Zulieferern, aber es schaut bei uns bei weitem nicht so kritisch aus“, betont COO Oswald Steinbauer. Chips, die in Steuerungen und anderen Komponenten verbaut werden, seien zwar prinzipiell relevant, doch Maplan sei abgesichert: „Überall Alternativen, überall parallel. Somit unkritisch.“ Den Nexperia-Sicherheitsfall nahm das Unternehmen dennoch ernst. „Wir haben offiziell das Schreiben eingefordert.“ Das Ergebnis: Alle zentralen Lieferanten – etwa jene aus dem Bereich Steuerungselektronik – seien „zweigleisig unterwegs“, hätten Alternativen oder ausreichend Bestand. Während Chips keine Kopfschmerzen bereiten, sieht Steinbauer einen anderen Rohstoffbereich „definitiv kritischer“: die durch China verschärften Exportbeschränkungen für Seltene Erden. Besonders betroffen: Servomotoren. „Jede Maschine hat einen oder mehrere Servomotoren“. Die chinesischen Exportauflagen beunruhigen ihn weniger wegen der Verfügbarkeit – sondern wegen der Transparenzpflichten: „Die Firmen müssen preisgeben, in welches Produkt das hineinkommt und in welche Märkte. So bekomme China umfassende Einblicke in die gesamte Wertschöpfungskette europäischer oder internationaler Industrien.
Maplan mit Rekordjahr
Während Europa im dritten Jahr der Rezession steckt, lief es bei Maplan überraschend robust. „Wir haben letztes Jahr noch ein Rekordjahr hingelegt“, sagt Steinbauer. Neue Produkte, gute Nachfrage im Energiebereich und starke Automotive-Projekte hätten getragen. Ein Beispiel: eine 1000-Tonnen-Presse, die größte Maschine, die Maplan je gebaut hat. „Damit produzieren unsere Kunden die Dichtung für Batteriegehäuse.“ Mehrere Anlagen habe man bereits ausgeliefert – ein Projekt mit Stückzahlen, nicht nur Prestige. Herausfordernder ist dagegen Amerika. Die neuen US-Zölle auf europäische Maschinen treffen Maplan unmittelbar. „Amerika ist ein wichtiger Markt für uns.“ Da das Unternehmen keine lokale Fertigung betreibt, müsse es Exportbarrieren direkt absorbieren. Die Regeln sind kompliziert: nominell 15 Prozent Zoll plus „für den Stahl- und Aluminiumanteil nochmals die 50 Prozent“. Gemeinsam mit dem VDMA arbeite man an korrekten Deklarationen. Die Konsequenz: Auftragseingänge aus den USA gingen zuletzt zurück. Kurzfristige Strategiewechsel plant er jedoch nicht: „Wir werden jetzt nicht in den USA ein Werk eröffnen.“
Indien als neues Standbein
Stattdessen baut Maplan seine Multi-Region-Strategie weiter aus. Neben Österreich, Slowakei und China ist Indien nun die vierte Säule – nicht nur als Markt, sondern auch als Beschaffungsstandort. „Die bessere Frage wäre: Welche Teile nicht?“, sagt Steinbauer auf die Frage, was künftig aus Indien kommen kann. Stahlbau, Gussteile, Elektronik, komplexe Komponenten – „quer durch die Bank“. China und Europa bleiben zwar „mit Abstand der wichtigste Zuliefermarkt“, doch die Abhängigkeit von China soll sinken. „Geopolitisch ist Indien wesentlich stabiler einzustufen.“ Kostenseitig sei es bunt durchmischt, doch viele Bauteile seien in Indien schlicht unschlagbar.
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