EU Klimaziel 2030 : EU am Wendepunkt: Schaffen wir das Klimaziel 2030 noch rechtzeitig?

Die Erreichung des Klimaziels der EU für 2030 ist nach Einschätzung der Europäischen Kommission basierend auf den Plänen der EU-Staaten in greifbarer Nähe.
- © maykal - stock.adobe.comDie Europäische Union befindet sich laut aktueller Einschätzung der EU-Kommission auf gutem Weg, das ambitionierte Klimaziel 2030 zu erreichen. Basierend auf den vorliegenden nationalen Energie- und Klimaplänen (NEKP) rechnen die Expertinnen und Experten mit einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um etwa 54 Prozent gegenüber dem Stand von 1990. Das offizielle Ziel liegt bei 55 Prozent.
>>> Österreichs Nachhaltigkeitsprojekte: Wem die Sonne lacht
Die Analyse zeige, dass „die EU ihren Klimaverpflichtungen treu bleibt, entschlossen in den Übergang zu sauberer Energie investiert und der industriellen Wettbewerbsfähigkeit der EU sowie der sozialen Dimension Vorrang einräumt“, so die Kommission. Entscheidend sei nun die zügige und konsequente Umsetzung der Maßnahmen, um Planungssicherheit und Stabilität für alle Akteure zu gewährleisten.
EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra äußerte sich optimistisch: Wenn der Kurs beibehalten werde, „bin ich zuversichtlich, dass wir es schaffen können und werden“. Bereits jetzt seien die Emissionen um 37 Prozent gesunken – bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum von fast 70 Prozent. „Jetzt müssen wir auf diesem Schwung aufbauen. Investitionen in saubere Technologien und Innovationen sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und eröffnen neue Märkte für EU-Unternehmen.“ Jeder Mitgliedstaat müsse seinen Beitrag leisten.
Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
Nationale Klimapläne als Grundlage der Strategie
Die NEKPs bilden das Fundament für die Bewertung durch die Kommission. Jedes Land muss darin detailliert darstellen, wie es die EU-Klimaziele für 2030 erreichen will. Ziel ist eine koordinierte, transparente und überprüfbare Klimapolitik in Europa. Zwar fehlen noch die Pläne von Belgien, Estland und Polen, doch wurden deren Zielsetzungen bereits berücksichtigt.
>>> EU-Treibhausgasemissionen: Größter Rückgang seit 1990 in Europa
Ob die Pläne jedoch vollständig umgesetzt werden, bleibt offen. Die Kommission betont: „Das Erreichen dieser Ziele ist eine gemeinsame Anstrengung und gemeinsame Verantwortung auf EU-Ebene und von allen EU-Mitgliedstaaten.“ Sie kündigte an, die Zusammenarbeit zu intensivieren, Verfahren zu straffen und den Zugang zu Fördermitteln zu erleichtern.
„Das Erreichen dieser Ziele ist eine gemeinsame Anstrengung und gemeinsame Verantwortung auf EU-Ebene und von allen EU-Mitgliedstaaten.“EU-Kommission
Sektorale Lücken bleiben – besonders bei Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft
Die Kommission sieht Lücken in zentralen Sektoren: Vor allem in fünf Mitgliedstaaten besteht erhöhter Handlungsbedarf in den Bereichen Verkehr, Gebäudesanierung und nachhaltige Landwirtschaft. Während das Ziel für erneuerbare Energien mit nur noch 1,5 Prozent Abweichung fast erreicht ist, seien zur Steigerung der Energieeffizienz noch „entschiedenere Maßnahmen zur Senkung der Energienachfrage“ notwendig.
>>> CO₂-Bepreisung in Österreich und Deutschland: Einfluss auf Klimaschutz und Wirtschaft
Im Vergleich zur letzten umfassenden Bewertung der NEKPs im Jahr 2023 hat sich das Bild deutlich verbessert: Damals wurde lediglich ein Rückgang der Emissionen um 51 Prozent prognostiziert. Der nun erwartete Wert von 54 Prozent ist auch ein Ergebnis der politischen Maßnahmen im Rahmen des EU-Green-Deal. Dieses weitreichende Maßnahmenpaket wurde unter der Leitung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Legislaturperiode bis 2024 verabschiedet. Es beinhaltet neue verbindliche Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen in zentralen Wirtschaftssektoren wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft.
Gleichzeitig bleibt die Umsetzung in den Mitgliedstaaten eine große Herausforderung. Strengere Regeln für die Landwirtschaft wurden etwa nach massiven Bauernprotesten teilweise zurückgenommen. Auch die Vorgaben für Abgasgrenzwerte bei Fahrzeugen wurden zuletzt wieder gelockert.

Diskrepanz zwischen politischer Realität und öffentlicher Wahrnehmung
Die Ergebnisse der Kommissionsanalyse zeigen nach Einschätzung von Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives eine Realität, „die klar im Kontrast zur politischen Rhetorik in vielen Ländern steht“. Sie betont: „Die EU-Staaten treiben die Klimapolitik voran, auch wenn die öffentliche Debatte in manchen Ländern das Gegenteil vermuten lässt.“ Kalcher fordert ein Umdenken: „Es ist an der Zeit, über diese Rhetorik hinauszugehen und anzuerkennen, dass solche politischen Maßnahmen die Führungsrolle im Bereich der sauberen Technologien stärken, Investitionen lenken und für Arbeitsplatzsicherheit sorgen können.“
>>> Green Buildings: So macht sich Österreichs Industrie klimafit
Neben dem Ziel für 2030 bleibt das langfristige Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zentraler Bestandteil der EU-Klimastrategie. Ein verbindliches Zwischenziel für das Jahr 2040 fehlt bislang. Ein entsprechender Vorschlag der Kommission wird vor der Sommerpause 2025 erwartet. Bereits im Vorjahr hatte die Kommission eine Emissionsminderung um mindestens 90 Prozent gegenüber 1990 empfohlen – ein Ziel, das als ambitioniert gilt. Gleichzeitig plant die Kommission mehr Flexibilität bei der Zielerreichung, etwa durch die Anerkennung von CO₂-Zertifikaten aus Drittstaaten.
Datenlage: EU bei Emissionsreduktion auf gutem Weg
Ob die EU ihre Klimaziele für 2030 tatsächlich erreicht, lässt sich am besten an der Entwicklung der Treibhausgasemissionen ablesen. Ein Bericht der EU-Umweltagentur vom Februar 2025 zeigt: Die Staatengemeinschaft ist bei der Reduktion gut vorangekommen. Damit bestätigt sich der Trend hin zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaftsweise in Europa.
>>> Wo Österreichs Großunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit stehen
Die weltweite Dimension der Klimakrise zeigt sich erneut in einem aktuellen Bericht der Weltwetterorganisation (WMO). Demnach ist in den kommenden fünf Jahren mit einem neuen globalen Temperaturrekord zu rechnen. Auch das Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze wird immer wahrscheinlicher – ein weiteres klares Signal für die Notwendigkeit entschlossener Klimaschutzmaßnahmen auf europäischer und globaler Ebene.