Kein russisches Gas : "Es ist vorbei": Ukraine bekräftigt Gas-Stopp ab Anfang 2025

Druckventil einer Gasverdichterstation in Veľké Kapušany im äußersten Osten der Slowakei nahe der ukrainischen Grenze

Die Ukraine kündigt an, ab 2025 kein russisches Gas mehr nach Europa zu transportieren, was Länder wie Österreich, die weiterhin stark abhängig sind, vor große Herausforderungen stellt.

- © FILIP SINGER / EPA / picturedesk.com

Ukraine bestätigt Gas-Transit-Stopp

Die Ukraine hat erneut bekräftigt, ab Anfang 2025 kein russisches Gas mehr nach Europa zu transportieren, was in Moskau auf heftige Kritik gestoßen ist. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow äußerte am Mittwoch: "Eine solche Entscheidung der Ukraine wird den Interessen der europäischen Verbraucher, die weiterhin russisches Gas kaufen wollen, ernsthaft schaden. Sie werden einfach viel mehr bezahlen müssen, was ihre Industrie weniger wettbewerbsfähig machen wird."

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Obwohl sich alle EU-Staaten darauf geeinigt haben, bis 2027 komplett auf russisches Gas zu verzichten, zeigt sich, dass Länder wie Österreich weiterhin stark abhängig sind. So kamen im Dezember 2023 noch 98 Prozent der österreichischen Gasimporte aus Russland, im Mai 2024 waren es 90 Prozent, und im Juni 83 Prozent. Aufgrund dieser anhaltenden Abhängigkeit hat das österreichische Energie- und Klimaministerium Anfang Juli eine Kommission eingerichtet, die den Gasliefervertrag zwischen Gazprom und dem heimischen Energiekonzern OMV prüfen soll. Diese Kommission soll Zugang zu den Vertragsdetails erhalten, die bisher nur der OMV bekannt waren.

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- © Industriemagazin

Wieder mehr Gas aus Russland

In einem Quartal haben die EU-Staaten erstmals seit fast zwei Jahren wieder mehr Gas aus Russland als aus den USA importiert, wie aus den Daten der Brüsseler Beratungsgesellschaft Bruegel hervorgeht. Zwischen April und Juni bezog die EU rund 12,7 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland und 12,3 Milliarden Kubikmeter aus den Vereinigten Staaten. Besonders auffällig ist dabei, dass Österreich und einige andere Staaten weiterhin einen erheblichen Anteil ihres Gases aus Russland beziehen – zuletzt waren es etwa 80 Prozent. Obwohl die russischen Gaslieferungen in der gesamten EU im Vergleich zum ersten Quartal 2024 leicht zurückgingen, sank der Import aus den USA noch deutlicher. Norwegen blieb mit 23,9 Milliarden Kubikmetern im zweiten Quartal der größte Gaslieferant der EU.

Vor dem Einmarsch in die Ukraine Anfang 2022 hatte Russland die Spitzenposition inne, doch nach diesem Ereignis reduzierten viele EU-Staaten ihre Importe aus Russland. Österreich hingegen konnte seine Abhängigkeit nur langsam verringern.

EU-weit ist Russland nun knapp vor die USA gerückt und liegt hinter Norwegen auf Platz zwei der Gaslieferanten. Die genauen Zielländer dieser Lieferungen wurden in den Daten nicht angegeben. Deutschland bezieht laut dem Statistischen Bundesamt kein Gas mehr aus Russland. Ein deutscher CDU-Außenpolitiker forderte in der „Welt“ (Sonntagsausgabe) ein EU-weites Importverbot für russisches Gas. Ein FDP-Vertreter schlug vor, einen Preisaufschlag auf russisches Importgas zu erheben, um damit Hilfs- und Waffenlieferungen an die Ukraine zu finanzieren.

Alle EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, bis 2027 vollständig aus russischem Gas auszusteigen. Im Dezember 2023 stammten 98 Prozent der österreichischen Gasimporte aus Russland, im Mai 2024 waren es noch 90 Prozent, und im Juni immer noch 83 Prozent.

Österreich noch stark von russischem Gas abhängig

Während Deutschland bereits Alternativen zum russischen Gas gefunden hat, werden Länder wie Österreich, Ungarn und die Slowakei weiterhin durch die Ukraine mit russischem Pipeline-Gas versorgt. Ein 2019 geschlossener Vertrag zwischen ukrainischen Unternehmen und Gazprom sichert diese Lieferungen bis Ende 2024. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte jedoch am Dienstag an, dass dieser Vertrag nicht verlängert werde, indem er betonte: "Es ist vorbei."

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Ungarns Außenminister Peter Szijjarto reiste kürzlich nach Russland, um über die Energieversorgung seines Landes zu sprechen. "Ohne russisches Gas kann Ungarns Energiesicherheit nicht garantiert werden", schrieb Szijjarto am Freitag auf Facebook und veröffentlichte dort ein Bild eines Treffens mit dem Chef des russischen Energiekonzerns Gazprom, Alexej Miller, in St. Petersburg. Dies sei "keine Frage von Ideologie, sondern von Physik und Mathematik". Ungarn ist das einzige EU-Mitgliedsland, das seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine noch enge Verbindungen zu Moskau aufrechterhält. Das Land ist weiterhin fast vollständig von russischem Erdgas abhängig. In der EU werden die engen Beziehungen Budapests zu Moskau kritisch gesehen, und das Treffen in Russland dürfte die Spannungen weiter verschärfen.

Im Juli deutete Selenskyj an, einen Vertrag mit Aserbaidschan abschließen zu wollen, um russisches Gas in den ukrainischen Pipelines zu ersetzen. Allerdings müsste dieses Gas aufgrund der geographischen Lage weiterhin durch Russland geleitet werden. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew bestätigte, dass die EU und die Ukraine ihn um Unterstützung bei Verhandlungen mit Moskau gebeten haben.

Gas aus Russland: Kommission prüft Verträge zwischen Gazprom und OMV

Der österreichische Energiekonzern OMV hat der vom Klimaschutzministerium eingesetzten Kommission Einblick in die Gaslieferverträge mit dem russischen Unternehmen Gazprom gewährt. Laut einer Stellungnahme der OMV Anfang Juli wurde der Aufforderung des Ministeriums zur Offenlegung der Verträge "vollumfänglich nachgekommen", wie es auf Grundlage der geltenden Gesetze gefordert war. Dabei betonte die OMV, dass ihre "unternehmerischen Entscheidungen" durch die Arbeit der Kommission "unberührt" bleiben.

>>> Kommission prüft Gasvertrag zwischen OMV und Gazprom: Gewessler kritisiert Verlängerung

Zudem erklärte der Konzern: "Die OMV hat ihr Gas-Supply-Portfolio seit 2022 konsequent diversifiziert und kann ihre Lieferverpflichtungen in jedem Lieferszenario erfüllen." Weiter hieß es: "Sämtliche Vertragskunden können zur Gänze mit nicht-russischem Gas versorgt werden."

Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat eine Kommission unter der Leitung von Irmgard Griss, der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, ins Leben gerufen, um unter anderem Wege aus dem Vertrag mit Gazprom zu prüfen. Dieser Vertrag, der ursprünglich 2018 im Beisein von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin um zwölf Jahre verlängert wurde, galt bislang als interne Angelegenheit der teilstaatlichen OMV und war weder der Regierung noch der Regulierungsbehörde E-Control vollständig bekannt.

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"Wir haben jetzt über zwei Jahre daran gearbeitet, unsere Quellen für Gas und die Transportwege so zu diversifizieren, dass wir nicht länger abhängig sind von diesen Lieferungen durch Gazprom", sagte OMV-Chef Alfred Stern. "Wir können alle unsere Vertragskunden beliefern, auch wenn das russische Gas nicht kommt. Wir haben von der OMV-Seite damit diese Abhängigkeit nicht mehr." Zusätzlich wolle die OMV das russische Gas gar nicht mehr. "Wir haben als OMV die Abnahmemengen von Gazprom gegenüber vor dem Ukraine-Krieg signifikant reduziert."

Transitverträge für russisches Öl laufen noch bis 2029

Laut Medienberichten laufen die Verträge für den Transport russischen Öls durch die Ukraine teilweise bis 2029. Am Nachmittag bekräftigte Mychajlo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, laut dem Portal "We Ukraine", dass bestehende Verträge respektiert würden. Gleichzeitig bemühe sich die Ukraine, der EU zu helfen, ihre Energiequellen zu diversifizieren und sich von russischem Öl unabhängig zu machen. Bis vor Kurzem floss russisches Öl durch die Druschba-Pipeline nach Ungarn, Tschechien und in die Slowakei. Der Nordstrang der Pipeline, der nach Deutschland führt, wurde aufgrund der westlichen Sanktionen gegen russisches Öl weitgehend stillgelegt.

Russischen Medienberichten zufolge begann die kasachische Tochter des Energiekonzerns Eni im August damit, Öl aus dem Kaspischen Meer durch die Pipeline zu leiten. Dieser Kompromiss erlaubt es Russland zwar, weiterhin Einnahmen aus Transitgebühren zu erzielen, hindert das Land jedoch daran, sein eigenes Öl auf den lukrativen europäischen Markt zu verkaufen.

Zusätzlich blockiert die Ukraine die Lieferungen des russischen Konzerns Lukoil, der nach Angaben aus Budapest über die Druschba-Pipeline ein Drittel der ungarischen Ölimporte deckt. Ungarn bezeichnete dies als "inakzeptabel" und kündigte an, nach Alternativen suchen zu wollen.