Telekommunikation : Ericsson: Keine Entlastung der Aufsichtsräte

Ericsson HQ. Architect: Wingårdhs Arkitektkontor

Ericsson-Headquarter in Kista: Verdacht auf Geldwäsche im Irak

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Dass dem gesamten Aufsichtsrat eines Unternehmens die Entlasung verweigert wird, ist selten. Erst recht, wenn es um große global agierenden Konzerne handelt. Schon Misstrauen gegen einzelne Aufsichtsratmitglieder ist ungewöhnlich. Bei einem größeren europäischen Unternehmen war das zuletzt vor zwei Jahren - 2020 wurde diskutiert, ob dem Österreicher und dem damaligen Aufsichtsratschef der Deutschen Bank Paul Achleitner die Entlastung verweigert werden soll.

Doch bei Ericsson trifft es nun den gesamten Aufsichtsrat. Der Ericsson-Großaktionär Cevian Capital lehnt seine Entlastung ab. Der Grund ist, mögliche Bestechung irakischer Milizen, um den Zoll zu umgehen und Transporte durch vom IS kontrollierte Gebiete sicherzustellen.

"Uns fehlen immer noch die nötigen Informationen, um zu entscheiden, was falsch gelaufen ist und wer warum zur Verantwortung gezogen werden kann", teilt der Finanzinvestor mit. "Angesichts dessen und des Ausmaßes des Schadens haben wir keine andere Wahl, als den gesamten Aufsichtsrat verantwortlich zu machen." Auch andere Aktionäre, darunter der norwegische Staatsfonds, wollen gegen die Entlastung stimmen.

Bereits im Feber hat Ericsson mögliche Schmiergeldzahlungen im Irak eingeräumt. Eine interne Untersuchung ungewöhnlicher Zahlungen bis zurück ins Jahr 2018 habe Bedenken hinsichtlich der Geschäfte im Irak ausgelöst, teilte das schwedische Unternehmen mit.

Geldwäschverdacht und unklare Aktionen auf IS-Gebiet

Bei den Untersuchungen, die die Jahre 2011 bis 2019 umfasst haben, sind Hinweise auf mögliche Korruption gefunden worden, wie Geldanweisungen ohne bekannten Empfänger und Zahlungen an einen Lieferanten ohne klar umrissenen Umfang der Leistungen. Auch seien Zahlungen an Mittelsmänner geflossen und alternative Transportrouten gewählt worden, etwa um den irakischen Zoll zu umgehen.

Einige Routen sollen zu der Zeit von terroristischen Organisationen wie dem Islamischen Staat (IS) kontrolliert worden sein, hieß es vom Konzern. Allerdings hätten die Prüfer bisher nicht herausfinden können, wer letztlich die Zahlungen empfangen habe. Ferner wurden auch Transaktionen und Zahlungen aufgedeckt, die ein potenzielles Geldwäscherisiko darstellten.

Als Reaktion auf die Untersuchungen seien mehrere Mitarbeiter entlassen sowie Disziplinarverfahren angeordnet worden. Auch seien Geschäftsbeziehungen mit bisherigen Partnern aufgelöst worden. Hinweise auf eine direkte Finanzierung des Terrornetzwerkes durch Ericsson-Mitarbeiter hatten die Ermittlungen dem Konzern zufolge nicht ergeben.

Das Eingeständnis könnte dem Konzern neue Probleme unter anderem in den USA bringen. Ericsson hatte dort bereits 2019 gut eine Milliarde Dollar nach Korruptionsermittlungen bezahlt. Damals ging es unter anderem um das Geschäft in China, Indonesien, Vietnam und Kuwait. Ericsson musste sich damals auch verpflichten, bestimmte Dokumente und Informationen bereitzustellen - und das US-Justizministerium kam im vergangenen Oktober zu dem Schluss, dass der Konzern gegen diese Auflage verstoßen habe.

Ericsson ist neben Nokia einer der beiden großen Netzwerkausrüster, auf die Mobilfunk-Anbieter in der westlichen Welt angewiesen sind, insbesondere nachdem der chinesische Konkurrent Huawei angesichts politischer Bedenken an Boden verlor.