Arbeitszeitverkürzung zur 32-Stunden-Woche : Doris Hummer, Wirtschaftsbund: "So werden wir den Standort nicht halten können"

Doris Hummer, Obfrau Wirtschaftsbund Oberösterreich, Arbeitszeitverkürzung zur 32-Stunden-Woche

Doris Hummer, Obfrau Wirtschaftsbund Oberösterreich: "Hartnäckig und lästig bleiben ist unser Auftrag"

- © HERMANN WAKOLBINGER

INDUSTRIEMAGAZIN: Ohne großes Risiko einzugehen: Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Ansicht zur derzeit viel diskutierten 32-Stunden-Woche eher ablehnend ist.

Doris Hummer:
Ihre Vermutung trifft ins Schwarz. Bei 32 Wochenstunden werden wir den Wirtschafts- und Industriestandort OÖ nicht halten können. 32 Stunden bedeuten umgelegt, dass auf einen Schlag 85.000 Vollzeitäquivalente weg sind. Dann kommt noch der Fachkräftemangel hinzu, den wir ohnehin schon haben. Ich halte es für wichtig, dagegen zu halten, weil der Eindruck erweckt wird, das geht doch oder es gibt einen Rechtsanspruch darauf. Da ist meine Botschaft ganz klar: Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Wohlstand! Den Wohlstand müssen wir uns noch immer verdienen.

Sie sind selbst Unternehmerin. Sagen Ihre Beschäftigten, das hätten wir gerne, oder haben wir in Wirklichkeit eine akademische Diskussion?


Hummer:
Meinen Leuten ist völlig klar, dass das nicht funktionieren kann. Jeder, der jeden Tag seine Arbeit macht und seinen Job ausfüllt, weiß, was es heißt, wenn plötzlich ein Tag in der Woche er selbst oder sein Kollege nicht mehr da sein würde. Es ist bei den Menschen viel mehr Hausverstand als bei manchen politischen Akteuren. Deshalb ist es mir so wichtig, dass es auch ehrlich diskutiert wird. Wer soll’s denn finanzieren, wenn nicht unsere eigene Arbeitskraft und unsere klugen Ideen, die wir zu Produkten machen?

Apropos kluge Ideen: Als solche werden auch immer wieder neue Arbeitszeitmodelle verkauft. Welche Antworten hat der Wirtschaftsbund darauf?

Hummer:
Es ist ganz wichtig, dass wir die Unternehmerinnen und Unternehmer mitnehmen in diesen neuen Zugang zur Arbeit. Arbeit muss heute viel stärker sinnstiftend sein, sie muss heute aber nach wie vor dem Wert der Sicherheit entsprechen. Starre Arbeitszeiten, das wird sich komplett verändern. Das gilt spezifisch auch für bestimmte Lebensphasen. Es gibt solche, weil man ein Haus baut, wo man mehr Geld verdienen möchte und mehr arbeitet; oder wenn man älter wird, sagt: etwas weniger wäre auch gut. Da sollten individuelle Entscheidungen möglich sein. Es passen heute nicht mehr alle in ein Schema. Damit sind wir ja oft auch unproduktiver. Wenn beide Seiten aufeinander zugehen, dann wird es eine Win-win-Situation sein. Davon bin ich überzeugt.

Schlägt sich der Einsatz im Mitgliederzuwachs nieder?


Hummer:
Es gelingt uns gegen den Trend vieler anderer politischer Organisationen immer wieder junge Leute für uns zu begeistern und weiter zu wachsen.

Mehr Mitglieder also, doch wie sieht es mit Funktionären, mit dem politischen Nachwuchs aus?


Hummer:
Wenn Sie in den Landtag blicken, hatten wir vor der letzten Wahlperiode keine Wirtschaftsbündler mehr. Da haben wir wieder junge engagierte Abgeordnete hineingebracht, die Margit Angerlehner, den Michael Nell, den Florian Grünberger – das sind gestandene Unternehmer, die hier tatkräftig mitgestalten. Es ist mir ein Riesenanliegen, dass wir als Wirtschaftsbund die unternehmerische Lebenswelt auch immer wieder in die Politik hineintragen und da auch hartnäckig und lästig bleiben. Das ist unser Auftrag. Am Ende des Tages verdienen wir den Wohlstand durch die Leistungskraft unserer Betriebe mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. in unserem Mentoring-Programm sehe ich, wie politisch diskutiert wird, wo es wirklich um Inhalte geht, wie interessiert diese junge Generation ist, das stimmt mich wahnsinnig positiv.

Doris Hummer, Obfrau Wirtschaftsbund Oberösterreich
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