B&R-Chef Jörg Theis im Interview : B&R-Chef Theis: "Sind an einem Sweetspot"

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"Morten Wierod kennt ABB schon lange, er hat ein Gespür für das Unternehmen und für Technik und wird für Beständigkeit im Unternehmen sorgen": Jörg Theis

- © Daniel Scharinger / picturedesk.com

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Theis, wie läuft es bei B&R, kann die Konzernmutter zufrieden sein?

Jörg Theis:
Nach Covid gab es einen enormen Investitionsschub quer durch alle Industrien und Bereiche. Mit Automatisierungslösungen sind wir ganz früh in so einem Investitionszyklus drin und hatten dementsprechend hohe Auftragseingänge. Dazu kommen die Themen Nearshoring und Reshoring: Viele Unternehmen beginnen, ihre Produktion etwas näher an den Heimatmarkt zu verlegen und das verlangt ebenfalls nach effizienten Automatisierungslösungen. Wir sind mit unseren Lösungen damit an einem wahren Sweetspot: Effizienzmaßnahmen und Automatisierungstechnik sind stark gefragt und das spiegelt sich auch in unseren Wachstumsraten wider. Unternehmen, die Kosten minimieren und Produktivität und Effizienz steigern wollen, kommen um Automatisierung nicht herum.

In einer Umfrage rechneten Geschäftsführer damit, dass sich die Konjunkturlage im 2. oder dritten Quartal deutlich aufhellen wird. Sind Sie zuversichtlicher als Ihre Mitbewerber?

Theis:
Diese Konjunkturzyklen gibt es immer wieder und als Unternehmen geht man am besten damit um, wenn man resilienter wird, indem man eine gewisse Flexibilisierung in die Produktion einbaut und dazu gehören auch die Automatisierungsthemen. Das merken wir auch bei unseren Kunden. Wir leben in einem Jahrzehnt des Wandels hin zu Robotik und Automatisierung. Eine Reihe von Megatrends haben sich durch die Pandemie weiter verstärkt: der Wunsch der Konsumentinnen und Konsumenten nach lokalen, individualisierten Produkten, die Lieferketten-Probleme, der Fachkräftemangel, die wachsende Nachfrage nach nachhaltigeren Produkten. Das alles stützt den Trend in Richtung effizienten, flexiblen neuen Produktionsformen nahe an den Endmärkten.

Beispiel aus der Kosmetik: Früher hat man Kosmetik im 5.000 Liter Maßstab produziert, heute liegt der Durchschnitt bei 190 Liter, weil die Produkte auf ganz persönliche Ansprüche zugeschnitten sind. Dafür sind ältere Maschinen nicht ausgelegt. Mit den neuen Technologien, die wir liefern, ist es einfach und effizient zu bewerkstelligen, 10 Produkte auf der gleichen Produktionsstraße flexibel abzufertigen.

War B&R zuletzt lieferfähig?


Theis:
Die Lieferfähigkeit war gut. Mit der Eröffnung des neuen ABB Innovations- und Bildungscampus am Standort unseres B&R Headquarters in Eggelsberg haben wir Kapazitäten für 1.000 neue Arbeitsplätze in Entwicklung, Training, Administration und Produktion geschaffen. Für die punktuelle, außerordentlich hohe Nachfrage in Folge der Pandemie haben wir in einer zusätzlichen temporären Wochenendschicht auch Samstag und Sonntag produziert. Wir haben die Samstag-Sonntag-Schicht mit Ende Februar beendet, weil es eine spezielle und befristete Maßnahme war, um normale Lieferzeiten sicherzustellen und das haben wir damit auch geschafft. Allen 300 Mitarbeiter:innen aus der Samstag-Sonntag-Schicht haben wir eine Stelle in der regulären Produktion angeboten, etwa ein Drittel hat dieses Angebot erfreulicherweise auch angenommen.

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"Die Automatisierung ist die einzige mögliche Antwort auf die aktuellen Herausforderungen. "B&R-Chef Jörg Theis - © Daniel Scharinger / picturedesk.com

Es gibt ab Sommer einen neuen ABB-CEO, was bedeutet das für B&R?

Theis: B&R hat sich als Teil des ABB Geschäftsbereichs Robotik & Fertigungsautomation in den vergangenen fünf Jahren exzellent entwickelt. B&R repräsentiert innerhalb dieses Geschäftsbereichs die globale Division für Maschinen- und Fabrikautomation. Als Division - wie B&R eine ist - tragen wir die volle Verantwortung und Entscheidungsgewalt für diesen Bereich. Wir arbeiten über ABB-Grenzen hinweg, wo es Sinn für den Kunden macht, und profitieren von den Investitionen, die der Konzern getätigt hat - angefangen vom Innovations- und Bildungscampus in Eggelsberg über Maschinen bis hin zur jüngsten Akquisition der Softwarefirma Meshmind. Insgesamt hat ABB mehr als 100 Millionen Euro in den Ausbau des B&R Headquarters investiert. Das war die größte Investition in der Firmengeschichte von ABB im Bereich der Automatisierungstechnik.

Und: Die eigene Softwareentwicklung ist ein wichtiges Thema, um neue Technologien schnell in unsere Produkte zu bekommen. Wir haben eine Art Co-Pilot fürs Engineering geschafft - Sie geben nur noch die Frage ein und bekommen den Software-Code, ohne Zeit für die Programmierung aufwenden zu müssen.

Was erwarten Sie vom neuen ABB-CEO Morten Wierod?


Theis:
Morten Wierod kennt ABB schon lange, er hat ein Gespür für das Unternehmen und für Technik und wird für Beständigkeit im Unternehmen sorgen. Er wird seine eigene Legacy, seine Themen reinbringen, die aus ABB ein noch erfolgreicheres Unternehmen machen.

Ist B&R jetzt stärker am Konzern dran und daher anders positioniert als früher?


Theis:
Schon als ABB vor sieben Jahren B&R übernommen hat, war B&R eine Perle in der Welt der Maschinen- und Fabrikautomation. Es ist beeindruckend, was Bernecker und Rainer geleistet haben. Durch die Verbindung beider Welten haben wir eines der weltweit umfassendsten Angebote in der Industrieautomation geschaffen und B&R auf das nächste Level gebracht. B&R profitiert unheimlich von den Strukturen und stärkeren Prozessen eines Konzerns. Das ermöglicht uns, weiter zu wachsen und uns weiterzuentwickeln. Man kann aber nicht sagen, das eine ist besser als das andere, es hängt immer vom jeweiligen Evolutionsgrad des Unternehmens ab. Die B&R Kultur gibt es nach wie vor und die Kollegen identifizieren sich damit, wissen aber, dass wir die Vorteile eines Großkonzerns haben.

Erwarten Sie einen größeren Shift was die Organisations- und Führungsstruktur betrifft?


Theis:
Veränderung ist per se ja nichts Schlechtes. Das Schlimmste, was man als Unternehmen machen kann, ist sich nicht mehr zu verändern, denn die Welt um uns herum entwickelt und verändert sich ständig und das müssen wir mitmachen. Die Frage ist nur: Welche Entscheidung ist die richtige und dafür muss man eng beim Kunden sein, zuhören und sich dementsprechend aufstellen.

Eine Frage zu Ihrer Zukunft: Werden Sie B&R treu bleiben?


Theis:
Meiner Familie und mir gefällt es sehr gut in Österreich. Wir haben in Eggelsberg ein Haus gekauft. Wir haben uns fest niedergelassen und fühlen uns wohl. Das Commitment ist da. Es macht Spaß, die Firma weiterzuentwickeln und wenn es passt, dann gehe ihr hier auch in Rente.

Global gesehen - welche Länder und Märkte sind zukünftig als Wachstumsmotoren zu sehen? Vor 6-8 Jahren war es noch China, welche Märkte Länder sind es jetzt?


Theis:
Die Automatisierung ermöglicht Unternehmen weltweit, näher an den Endmärkten zu produzieren. Das gilt natürlich auch für China. China ist nach wie vor ein wichtiger Markt, viele österreichische Unternehmen sind in China tätig. Im vergangenen Jahr waren wir mit dem Land Oberösterreich auf Wirtschaftsmission in den USA und dieses Jahr haben wir auch Teil der Delegation von Wirtschaftsminister Martin Kocher in Indien.

Welche Regionen performen im ersten und zweiten Quartal stark?


Theis:
Es gibt keine spezielle Region. Wir sind mit B&R weltweit stark aktiv. Das Thema Individualisierung und das Thema Sustainability kommen immer stärker zu tragen. Wie macht man eine Maschine grün? Die Automatisierung spielt dabei weltweit eine zentrale Rolle.

Wenn Sie in den Supermarkt gehen, gibt es in fast allen Regalen Produkten, an denen B&R seinen Anteil hat, ob Verpackung oder Prozessstationen. Das ist der Grund dafür, dass wir ein so stabiles Geschäft haben, weil wir einfach einen breiten Fokus haben. Geht eine Industrie zurück, zieht dafür eine andere an und kompensiert das. Wir betreuen ein sehr breites Maß an Industrien und dementsprechend haben wir einen ziemlich stabilen Bestand.

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"Wir arbeiten über ABB-Grenzen hinweg": B&R-Chef Jörg Theis - © Daniel Scharinger / picturedesk.com