Industriekonjunktur : Auftragsstau in der deutschen Industrie

Industrielandschaft vor Sonnenuntergang
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Der Bestand an Bestellungen sei im Dezember um 1,5 Prozent zum Vormonat gewachsen und sei nun so hoch wie noch nie seit Beginn der Datenreihe im Jänner 2015, gab das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt. Die Betriebe erhalten damit seit Juni 2020 beständig mehr neue Aufträge, als sie abarbeiten konnten.

"Ein wesentlicher Grund dafür dürften Lieferengpässe bei Vorprodukten sein"
, erklärten die Statistiker. So fehlen etwa den Autobauern die begehrten Mikrochips, weshalb sie trotz starker Nachfrage nicht so viele Fahrzeuge bauen können wie eigentlich möglich. Im Vergleich zum Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, liegt der Auftragsbestand kalender- und saisonbereinigt nunmehr um 29,3 Prozent höher.

Die aktuelle Unternehmensumfrage des Münchner Ifo-Instituts zeige, dass die Auftragsbücher mittlerweile voller seien als Anfang der 60er-Jahre, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Dieses Auftragspolster werden die Unternehmen in eine stark steigende Produktion ummünzen, wenn die Lieferengpässe mit der abebbenden Corona-Welle nachlassen." Die Pandemie hat weltweit für gestörte Lieferketten gesorgt, weshalb viele Vorprodukte und Rohstoffe nicht rechtzeitig ankommen.

Auch die Reichweite des Auftragsbestands hat sich weiter erhöht, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Sie erreichte im Dezember mit 7,7 Monaten ebenfalls einen neuen Höchststand. Bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen und Fahrzeugen ist die Reichweite mit 11,0 Monaten besonders hoch. Sie gibt an, wie viele Monate die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Auftragseingänge theoretisch produzieren müssten, um die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten.

Engpässe haben im vergangenen Jahr die deutsche Wirtschaft merklich ausgebremst. Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge lag die Industrieproduktion um etwa zwölf Prozent unter dem Niveau, das angesichts hoher Auftragseingänge eigentlich möglich gewesen wäre. "Dies entspricht einer entgangenen Wertschöpfung von etwa 70 Milliarden Euro", sagte dazu IfW-Konjunkturchef Nils Jannsen.

Die offenen Aufträge aus dem Inland erhöhten sich im Dezember um 3,0 Prozent, die aus dem Ausland um 0,8 Prozent. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern stieg der Bestand um 1,2 Prozent, bei den Produzenten von Investitionsgütern um 1,5 Prozent und im Bereich der Konsumgüter sogar um 2,4 Prozent. (apa/red)