Umstrukturierungspläne : Alstom verlagert Produktion nach Osteuropa: Steht das Werk in Wien vor der Schließung?

Flexity tram for Vienna, Austria - RENDERING Vienna, WL (Wiener Linien)

Flexity Tram: Wiener Straßenbahn von Alstom

- © Alstom

Der französische Zughersteller Alstom plant, das Werk in Görlitz, das derzeit etwa 700 Beschäftigte hat, bis Ende März 2026 zu schließen. Diese Entscheidung resultiert aus einer strategischen Verlagerung der Rohbauarbeiten nach Osteuropa, wie das Unternehmen mitteilte. Diese Maßnahme ist Teil einer umfassenderen Spezialisierung der deutschen Standorte, über die die Arbeitnehmervertretung bereits informiert wurde. Besonders betroffen sind neben Görlitz auch die Werke in Henningsdorf, Kassel und Mannheim.

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In Bezug auf den 175 Jahre alten Standort Görlitz erklärte Alstom, dass "fortgeschrittene vertrauliche Gespräche mit einem industriellen Partner über ein mögliches Engagement am Standort" geführt werden. Ziel dieser Gespräche sei es, vor allem für die Industriearbeitsplätze eine langfristige Perspektive zu schaffen.

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- © Industriemagazin

"Ich finde das unglaublich tragisch"

René Straube, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende, äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung von Alstom: "Ich finde das unglaublich tragisch". Straube, der ebenfalls Betriebsratsvorsitzender des Werks in Görlitz ist, sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, die Entscheidung sei "ganz bitter" und warnte vor möglichen Qualitätsverlusten durch die Verlagerung ins Ausland. Bislang werden in Görlitz unter anderem Doppelstockwagen für Israel hergestellt.

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Das Werk in Henningsdorf soll gemäß den Plänen von Alstom keine neuen Fahrzeuge mehr bauen, laufende Projekte werden an die Werke in Bautzen und Salzgitter verlegt. Stattdessen wird Henningsdorf "zum Schlüsselstandort für die zentralen Wachstumsbereiche Digitalisierung und Service ausgebaut". Geplant ist, das Service-Geschäft, also die Bereiche Reparatur und Wartung, der Standorte Görlitz, Mannheim und Kassel in Henningsdorf zu bündeln. Trotz dieser Umstrukturierung soll das Arbeitsvolumen in Henningsdorf nicht reduziert werden.

Alstom hat in den letzten Jahren immer wieder in das Wiener Werk investiert

- © Alstom

Wie geht es mit dem Werk in Wien weiter?

In Mannheim wird der Fokus zukünftig auf die Bereiche Digitalisierung und Entwicklung gelegt. Ein Teil der Werksgebäude soll verkauft werden. Die Entwicklungsarbeiten und das Projektmanagement für alternative Antriebstechnologien sollen nach Frankreich verlagert werden. Das Werk in Kassel bleibt weiterhin Produktionsstandort, entsprechend den vorgelegten Plänen.

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Das Alstom-Werk in Wien plant derzeit keine konkrete Verlagerung ins Ausland. Vielmehr wird der Standort als globales Kompetenzzentrum für Straßen- und Stadtbahnen gestärkt. Alstom hat in den letzten Jahren kontinuierlich in das Werk investiert, einschließlich der Eröffnung einer hochmodernen Schweißanlage, der sogenannten "Rohbaukathedrale", im Jahr 2023. Seit 1990 werden dort Straßenbahnen für Städte auf der ganzen Welt gefertigt. 2023 feierte das Werk die Produktion der 1000. Straßenbahn. Kunden reichen von europäischen Städten bis nach Australien.

Rund 800 Mitarbeitende in Wien sind in alle Phasen der Wertschöpfungskette involviert, von der ersten Kundenanfrage über die Entwicklung bis hin zur Endmontage und anschließenden Wartung. Besonders hervorzuheben ist die Produktion der Flexity Straßenbahnen, die in vielen Städten Europas und darüber hinaus im Einsatz sind. Diese Straßenbahnen zeichnen sich durch ihre Umweltfreundlichkeit, Barrierefreiheit und moderne technische Ausstattung aus. Ein aktuelles Projekt ist die Herstellung von Fahrzeugen für die Wiener Linien, die im täglichen Betrieb für den öffentlichen Nahverkehr Wiens eingesetzt werden​.

In den letzten Jahren wurde das Werk weiter ausgebaut, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen. Die Eröffnung einer neuen „Rohbaukathedrale“, einer modernen Schweißerei, symbolisiert die kontinuierliche Investition in die Zukunft des Standorts. Diese Erweiterung unterstreicht Alstoms Engagement, Wien als wichtigen Pfeiler in seiner globalen Produktionsstrategie zu erhalten​