Streiks in der gesamten Metallindustrie : Metaller-Verhandlungen abgebrochen, Gewerkschaft will Kampfmaßnahmen "vertiefen"
Die siebte Verhandlungsrunde der Metaller stand von Beginn an unter keinem guten Stern: Sie starteten verspätet um 13.50 Uhr statt wie ursprünglich geplant um 11.00 Uhr. "Es ist zäh" hörte man zwischenzeitlich von Arbeitgeber-Verhandlern des FMTI. Am Montag um kurz nach acht Uhr abends sind die Verhandlungen nach sieben Stunden abgebrochen worden.
Zuletzt lag ein Angebot der Gewerkschaften am Tisch, das mit den Forderungen auf 10,6 Prozent "adaptiert" also von den ursprünglichen 11,6 Prozent reduziert wurde und eine soziale Staffelung gefordert hatte. Diese Staffelung hätte, so kritisieren Arbeitgeber, für zwei Drittel der Beschäftigten sogar eine Erhöhung über den bisher geforderten 11,6 Prozent ergeben.
Uneinig war man auch im Bereich des Rahmenrechts: Nach Darstellung der Arbeitgebervertreter wären die Arbeitgeber zu weiteren Erhöhungen über die bereits am Tisch liegenden 8,2 Prozent bereit gewesen, wenn man Kompromissbereitschaft bei den Zuschlägen gesehen hätte. Der Vorschlag der Arbeitgeber soll vorgesehen haben, die Überstundenzuschläge auf 50 Prozent zu halbieren, der Mehrarbeitszuschlag der Teilzeitbeschäftigten wollte komplett abgeschafft werden.
"Wenn ich mehr Geld haben will, muss ich im Rahmenrecht runter", so Christian Knill, Arbeitgeber-Chefverhandler und Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie. „Jetzt wird sogar verlangt, dass sich die Beschäftigten Teile der Erhöhung selbst bezahlen.“, konterte der Gewerkschaftsverhandler, Reinhold Binder.
Lesen Sie hier: Wir fürchten uns nicht vor Streiks - die Position des FMTI vor der siebten Verhandlungsrunde.
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Streiks: Vertieft - nicht flächendeckend. Streikkomitees in den Betrieben entscheiden autonom
Die eintägigen Streiks werden nun, wie es von Gewerkschaftsseite heisst, "vertieft". Von flächendeckenden Streiks, wie sie vorige Woche im Falle des Scheiterns der siebenten Verhandlungsrunde angekündigt wurde, ist bisher vonseiten der Gewerkschaft explizit keine Rede. Das Vorgehen der Gewerkschaftsspitze ist damit keine Eskalation: Geplant ist es, den Streikkomitees in den Betrieben zu überlassen, wie sie ihre Streiks ausdehnen.
So könnten etwa große Betriebe, die in mehreren Schichten produzieren, die Streiks auch auf mehrere Schichten ausweiten. Oder es könnten die Betriebe, die letzte Woche nur einen Tag gestreikt haben, jetzt zwei Tage streiken. Einige prominente Streikziele stehen schon fest: Am Dienstag um 14 Uhr sollen Betriebe der Voestalpine streiken. Am Mittwoch soll bei Magna in Graz in den Arbeitsausstand getreten werden.
„Das Verhalten der Gewerkschaften ist absurd, das versteht niemand mehr. Wir lassen uns von Streiks nicht beeindrucken und haben weiter Verhandlungstermine vorgeschlagen. Klar ist jedoch, dass wir die Streiks in keinem Fall bezahlen werden, das müssen die Gewerkschaften selbst übernehmen und den Streikenden auch aktiv kommunizieren“ so FMTI-Chefverhandler Christian Knill weiter.
Zuletzt gab es, vor aus den fünf anderen Branchenverbänden der Metallindustrie Zweifel an der Zulässigkeit von Solidaritätsstreiks. Seit 2011 verhandeln die Fachverbände Bergbau/Stahl-, Gießerei-, Fahrzeug-, die Nicht-Eisen-Metallindustrie und die Metalltechnische Industrie separat ihre Kollektivverträge. Allerdings sind nur die Termine gestaffelt und tatsächliche Verhandlungen finden lediglich in der größten - und traditionell renditeschwächsten - Branche, der Metalltechnischen Industrie statt.
In den letzten sieben Tagen gab es in rund 500 Unternehmen der gesamten Metallindustrie Arbeitsniederlegungen: Betroffen waren Unternehmen wie Engel Austria in Schwertberg (OÖ), wo mehr als 2.000 Beschäftigten zu einem Protestmarsch zusammenkamen. Bestreikt wurden unter anderem auch BMW, Stellantis, Rosenbauer, Rotax, MAN Truck & Bus, TCG Unitech, MGG Guss und Georg Fischer Casting Solution sowie Plasser & Theurer, Bilfinger, Engel, Stiwa, Bosch, Welser Profile, Pewag, VA Krems, VA Böhler Bleche, VA Precision Strip, VA Wire Austria und VA Automotive.
KV-Verhandlungen: Einzelne Unternehmen scheren aus
Wie es konkret weitergeht ist kurz nach dem Verhandlungsabbruch am Dienstag Früh noch unklar: Arbeitgebervertreter betonen Gesprächsbereitschaft, weitere Termine für Verhandlungen seien vorgelegt worden. Die Gewerkschaft argumentiert, dass Termine ohne Verhandlungswillen sinnlos seien - und bis zu einem weiteren Verhandlungstermin die geplanten Arbeitsniederlegungen fortgesetzt würden. Im Raum steht eine achte Gesprächsrunde noch diese Woche.
Manche Unternehmen gehen im Arbeitskonflikt mit ungewöhnlichen Vorschlägen in die Initiative: So hat der Salzburger Beschlägehersteller Maco seinen Mitarbeitern eine Lohnerhöhung von sieben Prozent angeboten, wenn die Mitarbeiter auf Streiks verzichten - gültig bis zu einer KV-Einigung, dann gelte der ausverhandelte Anstieg der Löhne und Gehälter. Maco-Geschäftsführer Guido Felix betonte, dass ein Streik allen schade und man daher in Vorleistung gehe. Sollte der KV-Abschluss der Metaller unter den sieben Prozent liegen, könnten die Mitarbeiter das Geld behalten. Der KV 2024 gilt bei einer Einigung rückwirkend mit 1. November 2023, voraussichtlich für ein Jahr. Die Arbeitgeber hätten zwar gerne einen längeren Durchrechnungszeitraum, das lehnen die Gewerkschaften allerdings ab.
Maco war zuletzt im Juli aufgrund eines Auftragsrückganges in Kurzarbeit gegangen. Die Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion wurde auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt. 30,8 Stunden für 92,5 Prozent vom Gehalt gab es für 95 Prozent der Produktionsbelegschaft, die per Einzelvertrag dem Vorhaben der Geschäftsleitung freiwillig zustimmten. Verträge mit Leiharbeitern wurden damals aufgelöst. Am Donnerstag teilte das Unternehmen mit, dass dieses Kurzarbeitsmodell mit 1. November ausgelaufen sei und man in den Vollbetrieb zurückkehre. "Wir profitieren vom Herbstaufschwung im Baubereich", sagte Maco-Geschäftsführer Guido Felix. Maco wurde in der vergangenen Woche ebenfalls bestreikt.