Die Pläne der Siemens Chefin : Patricia Neumann: "Siemens hat eine enorme Verantwortung"

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Patricia Neumann, Vorstandsvorsitzende der Siemens AG Österreich

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In den vergangenen fünf Monaten, seit Patricia Neumann den Vorsitz des Vorstands bei Siemens Österreich übernommen hat, nutzte sie die Zeit intensiv, um die zahlreichen Mitarbeiter und Abteilungen näher kennenzulernen. "Ich bin vom Fachwissen der Belegschaft beeindruckt", so Neumann, die zuvor 28 Jahre in führenden Positionen bei IBM tätig war. Eine Affinität zu Innovation und Technologie verbindet die beiden Unternehmen. Besonders die Forschung & Entwicklung bei Siemens hat es ihr angetan: "Rund 580 Mitarbeiter entwickeln bei Siemens die neuesten Produkte und treiben die Innovation im Unternehmen voran. Immer wieder höre ich aus der Industrie, dass man ohne die Lösungen von Siemens schlichtweg nicht auskommt. Insofern tragen wir eine enorme Verantwortung für die gesamte Wirtschaft."

Der Drei-Punkte-Plan von Patricia Neumann

Nach einer ersten Phase des Kennenlernens skizziert Neumann nun ihre Zukunftspläne und konzentriert sich dabei auf drei Kernpunkte, die im Fokus stehen sollen: Technologie, Partnerschaft und Nachhaltigkeit. "Wir gewährleisten mit unseren innovativen Produkten, dass unsere Kunden einen Mehrwert und somit einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Unser Hauptaugenmerk wird weiterhin auf der Automatisierungstechnik liegen, was zusätzlich durch den Digitalisierungsschub in Bereichen wie Gebäude- oder Energietechnik unterstrichen wird." Insbesondere im Bereich der Elektrizitätsnetzwerke sieht Neumann in Österreich erheblichen Nachholbedarf, da sei die Digitalisierung noch nicht angekommen.

Neumann strebt an, den Kontakt mit den Kunden zu intensivieren und setzt dabei auf ein gemeinschaftliches Ökosystem: "Wir möchten vermehrt in einen Austausch treten. So werden Projekte gemeinsam umgesetzt und unser eigenes Portfolio durch Produkte unserer Kunden erweitert. Dies realisieren wir beispielsweise mit dem Xcelerator, wo dieses partnerschaftliche Denken in einer Plattform zusammenfließt."

Ein besonderes Augenmerk legt Neumann auf die Nachhaltigkeit und unterstreicht, dass es bei diesem Thema neben dem CO2-Ausstoß auch um weitere Aspekte, wie den Umgang mit Mitarbeitern, geht. "Die globalen Rahmenbedingungen erfordern nun intelligente Lösungen." Siemens hält große Stücke auf die interne Weiterbildung von Mitarbeitern, was mit einem eigenen Learning-Center umgesetzt wird.

Für das Unternehmen selbst erwartet Neumann in den nächsten Jahren eine stabile Entwicklung, der Personalstand von rund 9.000 "Simensianern" in Österreich, davon 2.900 Mitarbeitende in der Siemens AG, werde auch in fünf Jahren etwa auf dem gleichen Niveau liegen. "Die Frage nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich stellt sich nicht", sagt Neumann. Siemens Österreich setze auf flexible individuelle Lösungen bis hin zu Homeoffice aus dem Ausland, das Siemens unterstütze. Grundsätzlich solle man dort ansetzen, wo Menschen mehr arbeiten wollen aber nicht können und weniger versuchen, "den zu bekehren, der nicht arbeiten will oder es nicht braucht", so die Siemens-Chefin zur aktuelle Debatte über Teilzeit.

Siemens Österreich steuert inzwischen zusätzlich zu Österreich die Entwicklung in 25 Staaten von Zentral- und Osteuropa bis nach Zentralasien, in Summe geht es dabei um 32.000 Mitarbeitende. Dazu gehört auch die Ukraine, wo das operative Geschäft aufrecht erhalten werde. "Wir bedienen unsere Kunden", die laufende Produktion werde aufrecht gehalten, so Neumann. "Wiederaufbau - so weit sind wir noch nicht".

Siemens nimmt künstliche Intelligenz sehr ernst.

Die Anwendungsfelder für künstliche Intelligenz

Bei IBM, einem der globalen Vorreiter im Bereich der künstlichen Intelligenz, war sie regelmäßig mit dieser bahnbrechenden Technologie konfrontiert. Nun wird sie ihr Expertenwissen bei Siemens einbringen. "Siemens nimmt künstliche Intelligenz sehr ernst. Wir positionieren das Thema jedoch im B2B-Kontext, wo es – im Gegensatz zum Consumer-Bereich – darauf ankommt, KI skalierbar, robust und transparent zu entwickeln. Bei Siemens implementieren wir KI bereits in zahlreichen Bereichen. Beispielsweise im Sourcing, wo es jährlich um eine zweistellige Milliardensumme geht und wir auf die Unterstützung von KI setzen."

Neumann sieht erhebliches Potenzial im Bereich des Recyclings, wo es darum geht, wertvolle Materialien in eine verantwortungsbewusste Kreislaufwirtschaft zu integrieren, und hier soll KI in der Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Auch wenn der Siegeszug von KI in der Produktion unaufhaltsam scheint, ist es der Managerin wichtig zu betonen, dass der Mensch von der Maschine nicht abgelöst werden wird. "Alle Entscheidungen werden weiterhin von Menschen getroffen, die KI soll dabei nur unterstützen."

Das sagt Patricia Neumann zum Korruptionsskandal

Die neue Siemens-Chefin bezieht auch Stellung zur Korruptionsaffäre, die derzeit die Staatsanwaltschaft beschäftigt. So wird im Umfeld der Vorarlberger Krankkenhaus-Betriebsgesellschaft und Siemens wegen Betrugs ermittelt, im Zentrum der Vorwürfe stehen mutmaßlich überhöhte Rechnungen, die über Jahre ausgestellt werden sein sollen. Neumann betont: "Das ist für mich keine erfreuliche Angelegenheit. Klar ist, dass es sich hier um einzelne Personen handelt, die sich bereichern wollten. Wir haben hier eine ganz klare Null-Toleranz-Politik und kooperieren eng mit der Staatsanwaltschaft, um die Sache aufzuklären. Wir wollen hier eine restlose Aufklärung."

Wer ist die mächtigste Managerin Österreichs?

Seit Mai 2023 leitet Patricia Neumann als Vorsitzende des Vorstands die Geschicke der Siemens AG Österreich, nachdem sie Wolfgang Hesoun nachfolgte, der aufgrund der Erreichung der internen Altersgrenze von 63 Jahren aus dem Vorstand ausschied. Patricia Neumann bringt eine Fülle an Erfahrung und Expertise für ihre neue Rolle mit, was ihr beeindruckender beruflicher Werdegang unterstreicht. Ihr Wechsel zu Siemens erfolgt nach einer beachtlichen 28-jährigen Laufbahn bei IBM, wo sie seit dem Erwerb ihres Masterabschlusses an der Wirtschaftsuniversität Wien im Jahr 1995 verschiedene Positionen bekleidete. Zwischen 2017 und 2021 fungierte sie als Geschäftsführerin von IBM Österreich, bevor sie zur Vertriebsleiterin für Daten, Künstliche Intelligenz und Automatisierungssoftware im Raum Europa, Afrika und dem Mittleren Osten aufstieg.