Geschäftsführung : Markus Comploj (Getzner): "Der unbedingte Wille gab uns recht"

Markus Comploj, CEO Getzner, Mutter & Cie

Markus Comploj weiß, woran er festhalten will, woran nicht. „Das Geschäft mit guten Deckungsbeiträgen bauen wir aus." Anderes nicht.

- © Marcel Hagen studio22

Markus Comploj wollte früher ganz sicher nicht ins Familienunternehmen Getzner eintreten. Abschreckend waren die vielen Turbulenzen, besonders in den 90ern.

Doch das 200 Jahr alte Textilwerk kam durch Ölkrisen, Baumwollkrisen und sogar die Textilkrise. Dank unbedingtem Willen, „das über neue innovative Produkte und Prozesse, etwa funktionale Textilien ins Positive zu drehen“, so Comploj. Und heute hält er, ohne dass er es selbst je gedacht hätte, die Fäden in den Händen. Bereits in siebter Generation.

Das vollständige Interview finden Sie hier: Der letzte Textilfabrikant

Wenn Getzner eines in all den Jahren bewiesen hat, dann Wandlungsfähigkeit. 1969 wurde der Werkstoffbereich gegründet. Als sich Kunstleder als unerfolgreich entpuppte, entdeckte das Unternehmen eine echte Marktnische für sich: die Schwingungsdämpfung. Die Energieautonomie wird ausgebaut, wie auch der Immobilienbereich für Mitarbeiterwohnhäuser.

Gibt es Grenzen in der Entwicklung? Getzner produziert unter anderem persönliche Schutzausrüstung, etwa für Polizei und Militär. Aber ganz klar sei, „dass wir nicht im Rüstungsbereich tätig werden“, so CEO Comploj. „Anfragen zu Schwingungsschutzlösungen für gewisse Waffengattungen erreichen unseren Werkstoffbereich immer wieder. Doch es gibt hier keinerlei Interpretationsspielraum.“

Auch Getzner geht das Thema Energie aktuell etwas an – ist die Textilbranche doch recht energieintensiv. „Wir erzeugen Strom, verkaufen Strom und kaufen Strom zu. Das ist das Geschäftsmodell“, erklärt Comploj.

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Neben dem Handel mit Strom aus Wasserkraft muss aber auch Gas für kritische Prozesse zugekauft werden. Wie autark könnte das Unternehmen im Falle des Falles überhaupt sein? „Wir wären in der Lage, uns entsprechend anzupassen. Natürlich bräuchte es den Ausgleich, da wir im Winter zu wenig und im Sommer zu viel für unsere Bedarfe produzieren.“ Die Errichtung zwei weiterer Kleinkraftwerke wird geprüft, Photovoltaik ist eine Option. Aber man benötigt 100 Gigawattstunden Energie in Form von Gas. Und da seien die Alternativen „noch wenig überzeugend“.

Produktion in der Vorarlberger Textilfabrik Getzner.
Die Produktion bei Getzner ist breit aufgestellt: Heißluftballone profitieren von ihr wie auch Schlafsäcke. - © studio22.at - marcel hagen

Geschäftsausbau ohne Sentimentalität

Noch gibt es Gas ja, also wird produziert. Das tut Getzner recht breit aufgestellt: von Hüllen für Heißluftballone über Schlafsäcke bis Sonnenschutz. Bei Hemden sei nach über zwei Jahren Pandemie zwar Luft nach oben; „aber die Signale großer Kunden wie Hugo Boss sind positiv: Rahmenverträge werden wieder massiv abgerufen.“ Comploj weiß, woran er festhalten will, woran nicht. „Das Geschäft mit guten Deckungsbeiträgen bauen wir aus, anderes werden wir weglassen.“

Und so ist Getzner mittlerweile das älteste Industrieunternehmen Vorarlbergs. Die Umsatzmilliarde sei nirgends als Ziel festgeschrieben, „aber ich will nicht sagen, dass das nicht eines unserer Ziele wäre“, sagt Comploj. Seine Anteile am Unternehmen übrigens: 0,6263 Prozent. Der Rest verteilt sich auf 72 Miteigentümer.

Im ungekürzten Interview mit dem INDUSTRIEMAGAZIN spricht Markus Comploj darüber, wie er verschiedene Unternehmenskrisen in seiner Jugend mitbekommen hat, das Geschäft in Westafrika und China, und wie er mit früheren Akquisen umgeht.

Der Firmensitz des Textilunternehmens Getzner in Bürs, Vorarlberg
Der Firmensitz in Vorarlberg. Das Unternehmen ist mittlerweile über 200 Jahre alt. - © Getzner