Konjunktur : Wifo-Chef: Österreich braucht kein Konjunkturpaket

Trotz der internationalen Eintrübung der Wirtschaft braucht Österreich "im Augenblick kein klassisches Konjunkturpaket", denn "wir rechnen nicht mit einer Rezession". Das sagte der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christoph Badelt, gegenüber dem ORF. Man rechne zwar mit einer Verlangsamung des Wachstums, aber doch mit einem deutlich positiven Wachstum.

Derzeit sei kein solches klassisches Konjunkturpaket nötig, umso mehr als noch von der alten Regierung als auch in der Übergangszeit eine Reihe von expansiven Maßnahmen insbesondere bei kleineren Einkommen, etwa auch der Familienbonus, beschlossen worden sei, die sich positiv auf die Konsumentwicklung auswirken würden. "Und der Konsum ist im Augenblick die tragende Säule der Konjunktur." In ihren Herbstprognosen haben Wifo und IHS für 2020 ein reales BIP-Wachstum von 1,4 bzw. 1,3 Prozent prognostiziert, für heuer von 1,7 bzw. 1,5 Prozent.

Die Abhängigkeit der österreichischen Wirtschaft von jener Deutschlands, die momentan besonders schwächelt, gelte in einem geringeren Ausmaß noch immer, aber die Abhängigkeit habe abgenommen. Heuer zeige Österreich eine "deutlich bessere Performance", das sei aber nicht die Regel, das seien Einzelfälle. Badelt: "Ich glaube, es ist heuer ein besonderes Jahr, in dem es bei uns besser lief." Die Prognosen für 2020 würden für Deutschland auf etwa ein Prozent Wirtschaftswachstum lauten, für Österreich mit 1,4 Prozent etwas mehr. Langfristig könne sich Österreich der Abhängigkeit nicht entziehen, verwies der Wifo-Chef auf den 30-prozentigen Exportanteil in Richtung Deutschland.

Den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU nannte Badelt "an sich eine Katastrophe" - jetzt sollte der Brexit aber einmal rasch erfolgen. Nachteilig könnte es nur dann werden, falls sich daraus ein massiver Handelskonflikt entwickelt, meinte er.

Ob sich die Sommerzeit-Umstellungen in Europa energiemäßig gerechnet haben, könne er nicht beurteilen, gab der Wifo-Chef zu verstehen, zeigte sich aber verwundert, dass die Europäische Union (EU) gerade bei einem solchen Thema mit "Basisdemokratie" beginnen wollte. An der Befragung im Vorjahr hatten nur 4,6 Millionen Menschen teilgenommen, aber zu 80 Prozent für die Abschaffung der halbjährlichen Zeitumstellungen votiert. Es sei ein Fehler gewesen, "das" zu einem wichtigen EU-Thema zu machen, meinte Badelt und nannte als eher geeignet Themen wie Energie, Steuern, Investitionen, Arbeitsmarkt oder auch die Frage einer EU-Erweiterung auf dem Balkan. Dass große Themen aufgegriffen würden, wünsche er sich für die neue EU-Kommission - und auch, dass sich eine österreichische Regierung bei den großen Themen in Brüssel engagiere. (apa/red)