Stahlbau : Waagner-Biro: Mitarbeiter heiß begehrt - hohe Forderung gegen Holding

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Nach der Pleite des traditionsreichen Stahlbauers Waagner-Biro sind dessen Mitarbeiter am Arbeitsmarkt heiß begehrt. Der Grund ist simpel: "Gute Stahlbauplaner sind rar und Ingenieure sehr gefragt", sagte der Geschäftsführer des österreichischen Stahlbauverbands, Georg Matzner, im APA-Gespräch. Viele der Waagner-Biro-Mitarbeiter in Österreich sind bereits in alle Winde zerstreut.

Über 60 Millionen Euro an Forderungen

Bei der insolventen Waagner-Biro AG haben bisher 180 Gläubiger (inklusive Dienstnehmer) Forderungen in der Höhe von 62,66 Mio. Euro angemeldet. Vom Masseverwalter vorläufig anerkannt sind davon nur 660.000 Euro, berichtete Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform am Dienstag der APA. Die Konzernholding war im Herbst 2018 nach der Stahlbautochter pleitegegangen.

Unter den Gläubigern sind neben den finanzierenden Banken auch rund 60 Aktionäre von Waagner-Biro, die ausständige Dividendenzahlungen als Forderung angemeldet haben. Um die Jahrtausendwende war Waagner-Biro an der Wiener Börse gelistet. Laut "Wirtschafts-Compass" sind noch immer 38,55 Prozent der Aktien in Streubesitz.

Begehrte Mitarbeiter von Waagner-Biro

Der Wiener Stahlbauer Zemann, bei einzelnen Projekten Geschäftspartner von Waagner-Biro, hat ein paar Mitarbeiter übernommen. Geschäftsführer Peter Zemann berichtete gegenüber der APA auch von anderen Stahlbaufirmen, die sich Leute geholt haben. Ex-Mitarbeiter schildern, sie seien direkt nach der Insolvenz über die Jobbörsen Xing und LinkedIn von Headhuntern angeschrieben worden. Andere machten sich selbstständig. Zu den größeren österreichischen Stahlbauern zählen beispielsweise Unger Stahlbau im Burgenland oder Haslinger Stahlbau mit Sitz in Kärnten. Auch der Strabag-Konzern hat eine Stahlbausparte.

Insbesondere den Ingenieuren kommt der Fachkräftemangel zu gute und auch die Kompetenz, die Waagner-Biro bei berühmten Großprojekten über viele Jahrzehnte erlangt hat. Waagner-Biro hat unter anderem die Stützkonstruktion der Betonschalen - der berühmten "Shells", die das Dach der Oper in Sydney weltberühmt machen - geliefert. Die Kuppel des Berliner Reichstages geht ebenso auf das Konto von Waagner-Biro wie der Gherkin in London.

Gefährliche Kalkulation

So prestigeträchtig solche Projekte sind, so gefährlich sind sie in der Kalkulation, wie Experten immer wieder warnen. Bei Waagner-Biro gelten Zahlungsausstände beim Louvre in Abu Dhabi und Probleme beim Bau der neuen Gazprom-Zentrale in St. Petersburg als Auslöser der Krise. Der Louvre bereitete Waagner-Biro schon 2015 Bauchschmerzen. Miteigentümer und Ex-Geschäftsführer Thomas Jost sagte damals im Branchenblatt "Stahlbau aktuell", "wir machen das unter solchen Rahmenbedingungen sicher nicht mehr". Auf die Frage, ob Sache für Waagner-Biro wirtschaftlich gut ausgehen werde, antworte Jost vor drei Jahren: "Das wissen wir leider noch nicht. Da gibt es immer lange Zeiträume, wo man um sein Geld kämpfen muss." Der Kampf ging im Herbst 2018 verloren, seither wird Waagner-Biro zerschlagen.

Offen ist nach wie vor, wie es mit der Brückenbausparte und ihren 45 Dienstnehmern in Österreich weitergeht. Die Waagner-Biro Bridge Systems AG mit ihren Töchtern auf den Philippinen und in Indonesien sowie in der Golf-Region soll verkauft werden. Laut Geschäftsbericht 2017 war sie eine der beiden Ertragslokomotiven im Konzern. Masseverwalterin Romana Weber-Wilfert hat für die internationale Käufersuche Berater von Deloitte eingeschaltet. Eine erste Frist für Angebote war bereits Anfang Dezember abgelaufen. Damals hieß es: "Wir sind sehr optimistisch, dass es bald eine erfreuliche Lösung geben wird." Ende Jänner findet am Handelsgericht eine nachträgliche Prüfungstagsatzung statt.

Einige Fragen zur Zukunft der Sparten noch offen

Bereits abgeschlossen ist der Verkauf der ebenfalls profitablen Bühnentechnik-Tochter an den Sanierer Erhard Grossnig. Der Investor hat die Austria Stage Systems AG aus der Waagner-Biro-Gruppe herauslöst, sie war somit von den Insolvenzen nicht betroffen. Die Holding, die Waagner-Biro AG, folgte hingegen wie die Brückenbau-Tochter dem Stahlbaugeschäft in die Insolvenz. Die Stahlbausparte, die kurz vor der Pleite in SBE Alpha AG umbenannt wurde, heißt mittlerweile wieder Waagner-Biro Stahlbau AG - sie und die Holding sind inzwischen geschlossen.

Von den Insolvenzen im einstigen Waagner-Biro-Imperium sind weltweit rund 1.500 Mitarbeiter betroffen - der Großteil davon im Ausland, etwa in Fernost, wo Waagner-Biro viele Brücken baute. Betroffen sind auch etliche Anleger. Um die Jahrtausendwende waren die Aktien nämlich auch an der Wiener Börse gelistet. Laut "Wirtschafts-Compass" sind noch immer 38,55 Prozent der Aktien in Streubesitz, die Hauptaktionäre von Waagner-Biro sind die Liaunig Industrieholding AG mit 36,39 Prozent und die Jost Beratungs- und Beteiligungs GmbH mit 25,06 Prozent. (apa/red)