Unternehmensorganisation : So funktioniert die Wandlung zum "Winning Team"

Sie haben „The Rocket Model“ kreiert, eine Methode, um die Performance von Teams zu steigern. Ist es immer möglich, aus einem ineffizienten Team ein „Winning Team“ zu machen?

Gordon Curphy Leider nein, denn ein Team steht und fällt mit dem Teamleiter. Möglicherweise muss dieser ausgetauscht werden.

Das wird vermutlich ebenfalls nicht immer möglich sein.

Curphy Nein, aber der große Vorteil des Rocket Model ist, dass es dem Teamleiter Werkzeuge in die Hand gibt, um besser zu werden und ein „High-Performing-Team“ zu schaffen.

Wie sehen diese Werkzeuge im Detail aus?

Curphy Das Modell basiert auf acht Schlüsselelementen. Am Beginn steht das Umfeld. Über dieses gibt es innerhalb des Teams oft ganz unterschiedliche Ansichten. Daher müssen als erstes alle sich darauf einigen, wer eigentlich die Zielgruppe ist, wer die Hauptmitbewerber sind etc.

Und was sind die anderen Schlüsselelemente?

Curphy Ganz wichtig ist auch, wie die Ziele aussehen, wie das Team zusammengesetzt ist und wie die Rollen auf die Mitglieder verteilt sind. Dazu kommen die Normen, die oft unausgesprochen sind, aber dennoch innerhalb der Gruppe gelten. Und natürlich der Einsatz jedes Einzelnen, die Power des Teams, also welches Budget und welche Infrastruktur steht ihm zur Verfügung, die Moral im Team und letztlich die Ergebnisse.

Was genau verstehen Sie unter Moral?

Curphy Die Moral in einem Team ist häufig entscheidend, ob das Team vorankommt. Gemeint ist dabei, wieweit das Miteinander funktioniert, wobei es ein Irrglaube ist, wenn man meint, dass es in einem gut funktionierenden Team keine Konflikte gibt. Konflikte können auch konstruktiv sein. Der Teamleiter muss das erkennen und Wege finden, sie zu nützen.

Wie lautet Ihr Tipp in Bezug auf die Zielsetzung eines Teams?

Curphy Stellen Sie sich einen Fußballtrainer vor. Dieser hat ein ganz klares Ziel vor Augen, nämlich den Sieg über das gegnerische Team. Warum definieren Unternehmen ihre Ziele nicht genauso klar? Das ist natürlich nicht so einfach wie im Sport, dennoch muss jedes Team ein klar definiertes Ziel haben, und jedes einzelne Mitglied muss dieses kennen.

Und vermutlich sollte das Ziel auch messbar sein.

Curphy Natürlich muss ich das Erreichen des Ziels sowie den Fortschritt in Form von Zwischenetappen immer wieder messen.

Aus wie vielen Mitgliedern sollte das Team idealerweise bestehen?

Curphy Das kommt ganz auf das Ziel an. Es können vier oder fünf oder auch zwölf Teammitglieder sein, aber jedenfalls nicht 20 oder mehr.

Welche Häufigkeit von Meetings empfehlen Sie?

Curphy Wenn es ein klares Ziel gibt, die Rollen in einem Team klar verteilt sind, sodass jeder seinen Beitrag leistet und sich nicht darauf verlässt, dass der andere die Arbeit macht, dann sind keine allzu häufigen Treffen nötig. In der Praxis finden viel zu viele Meetings statt. Und diese sind oft unproduktiv. Ich arbeitete früher in einer Consultingfirma mit 800 Mitarbeitern. Oft wäre beim fünften Meeting das Flipchart vom ersten noch genauso gültig gewesen.

Ist das nicht ein Problem, das vorrangig in großen Unternehmen existiert?

Curphy Es mag in großen öfter vorkommen, aber in kleineren gibt es genauso inefziente Teams mit zu vielen Meetings. Das frustriert die Leute, weshalb sie nicht mehr mit vollem Einsatz arbeiten.

Sie haben die oft ungeschriebenen Gesetze erwähnt, die es in jedem Team gibt. Welche sind das zum Beispiel

Curphy In Gruppen entwickeln sich rasch Regeln, ein Beispiel ist die Sitzordnung. Es ist ganz einfach notwendig zu wissen, ob diese Regeln den Erfolg eines Teams fördern oder ihn behindern. Wenn Letzteres der Fall ist, muss ich etwas ändern. Es sollten klare Normen definiert werden. Es muss jeder wissen, was in den Meetings besprochen wird und was hier vielleicht keinen Platz hat.

Dies alles klingt in der Theorie logisch, doch kann ich ein Team in der Praxis so einfach optimieren?

Curphy Die Elemente sind ganz einfach umzusetzen, ich nenne mich daher – abgeleitet vom trockenen Alkoholiker – auch trockener Akademiker. Denn das Rocket Model ist kein theoretischer Ansatz, sondern gibt ganz praktische Tipps.

Welche Erfahrung haben Sie in Ihrer Beratung von Teams gemacht: Wie viele sind im Normalfall erfolgreich?

Curphy Wirkliche „High-Performing-Teams“ sind lediglich zehn bis 20 Prozent. Aber stellen Sie sich vor, Sie könnten diesen Anteil auf 50 bis 60 Prozent steigern? Das ist mit den richtigen Werkzeugen möglich. Konzerne wie Microsoft oder Red Bull haben das erkannt. So trainieren heuer 450 Manager von Red Bull weltweit, wie sie das Rocket Model in ihren Teams anwenden können.

Welche Fehler haben Sie bei Ihren Coachings bis dato am häufigsten beobachtet?

Curphy Ganz oft liegen die Probleme im Bereich Umfeld, also dass nicht alle dieselbe Sichtweise der Dinge haben und erst auf eine gemeinsame Linie gebracht werden müssen. Und genauso oft sind die Ziele viel zu vage. Gerade im öffentlichen Bereich ist das ein weit verbreitetes Problem. Dazu kommt, dass viele Teams in Wahrheit nur Gruppen sind, deren Mitglieder kein wirklich gemeinsames Ziel verbindet.

Und gibt es auch Fehler, die speziell in der Industrie vorkommen?

Curphy Es gibt hier keine großen Unterschiede zwischen den Branchen. Ob für den Werksleiter, im Marketingbereich oder auf Vorstandsebene – das Rocket Model ist überall anwendbar.

Leadership­-Theorien gibt es allerdings schon sehr viele. Was unterscheidet Ihre von den anderen?

Curphy Teams spielen dort aber zumeist nur eine Nebenrolle. Und genau da setzen wir an.

Zur Person

Gordon Curphy startete seine Laufbahn als Trainer bei der US-Air Force Academy, wechselte dann zu einer großen Consultingfirma und schrieb bis dato 19 Bücher zum Thema Unternehmensführung. Vor mittlerweile 15 Jahren kreierte er das Rocket Model, das Teams stärker machen soll, und berät eine Reihe von Konzernen im Bereich Teamperformance. Hans Fruhmann vom Consultingunternehmen Fruhmann CTC ist Lizenznehmer für das Rocket Model im deutschsprachigen Raum.