Standort : Österreichs Konjunktur: Wifo und IHS erwarten Aufhellung ab 2021

Die schwache Weltwirtschaft belastet auch Österreich: Deshalb wird das heimische Bruttoinlandsprodukt 2020 noch schwächer wachsen als heuer, nur knapp über einem Prozent real, haben die Experten von Wifo und IHS prognostiziert. Den schwachen Außenhandel bekommt die Industrie zu spüren, bei den Dienstleistern läuft es noch besser. Träger der Konjunktur ist die Binnennachfrage.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) geht für heuer von 1,7 Prozent realem BIP-Plus aus, nach 2,4 Prozent im Vorjahr - das Institut für Höhere Studien (IHS) erwartet heuer 1,6 Prozent Anstieg. 2020 dürfte der Zuwachs nur 1,2 bzw. 1,3 Prozent betragen, bereinigt um die Zahl der Arbeitstage sogar nur rund ein Prozent. Allerdings dürfte sich im zweiten Halbjahr 2020 eine Erholung einstellen, nach einer davor noch weiter gedämpften Dynamik, so das Wifo.

Auch das IHS rechnet im Lauf des Jahres 2020 wieder mit einer etwas beschleunigten Konjunkturdynamik. Für 2021 dürfte dann mit +1,4 oder +1,6 Prozent ein etwas stärkeres Wachstum ins Haus stehen, nehmen Wifo und IHS an.

Durch die nur mäßige Konjunkturdynamik schwächt sich der Aufbau der Beschäftigung ab - und der Abbau der Arbeitslosigkeit gerät ins Stocken. Für 2021 ist laut Wifo mit einer Fortsetzung dieser Tendenz zu rechnen. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung dürfte kommendes Jahr - nach heuer 7,3 Prozent - auf 7,4 Prozent ansteigen und dort auch 2021 verharren, sagt das Wifo, das IHS sieht jeweils 7,5 Prozent für 2020 und 2021.

Aufkommende Flaute in der Industrie

Schon seit Frühjahr 2018 läuft der Konjunkturmotor langsamer - doch ist nun auch eine Zweiteilung zu beobachten: Das verarbeitende Gewerbe, also die Industrie, befindet sich in einer Rezession, während der Dienstleistungssektor nach wie vor mit hohen Zuwachsraten expandiert, so das Wifo. Auch das IHS fragt sich, ob die Schwäche der Industrie auf die noch robusten Dienstleister überspringen kann.

Je länger die Schwäche der Industriekonjunktur anhalte, umso größer werde die Wahrscheinlichkeit eines Übergreifens, meinte das Institut für Höhere Studien (IHS) bei der Vorlage der neuen vierteljährlichen Konjunkturprognosen. Die Diskrepanz zwischen den beiden Sektoren bestehe schon "untypisch lange", betont das Wifo - was die Frage aufwerfe, ob und wann die Schwäche des verarbeitenden Sektors auf die Dienstleister übergreifen könne. Die positiven Einschätzungen für die Dienstleister würden noch überwiegen, doch hätten sich die Industrie-Einschätzungen deutlich verschlechtert. Dort würden die pessimistischen Erwartungen schon überwiegen, verweist man auch auf den jüngsten Einkaufsmanagerindex der Bank Austria.

Gesamtwirtschaftlich zeichne sich für das Frühjahr 2020 in Österreich "noch keine durchgreifende Besserung" ab, so das Wifo. Jedoch gebe es auch keine Hinweise auf eine ausgeprägtere Rezessionstendenz. Auf der Nachfrageseite werde die Konjunktur von einer anhaltend lebhaften Binnennachfrage getragen. Dabei präge ein weiter stabiler Verlauf des Konsums der privaten Haushalte die Dynamik - gestützt auf stabile Zuwachsraten der verfügbaren Einkommen der Privathaushalte. Der private Konsum dürfte - nach 1,5 Prozent im heurigen Jahr - 2020 und 2021 um jeweils 1,6 Prozent zunehmen, schätzt das Wifo.

Österreichs Exporte werden im Prognosezeitraum den beiden Instituten zufolge zwar weiter expandieren, aber nur mit mäßigen Raten. Die Exportdynamik dürfte 2020 weiter verhalten bleiben, so das Wifo - es dürfte die Exportdynamik aber bereits im Frühjahr 2020 "im Einklang mit der internationalen Konjunktur" ihren Tiefstand erreicht haben "und sollte in der Folge wieder etwas an Schwung gewinnen". Nach +2,8 Prozent heuer werden die Exporte von Waren und Dienstleistungen nach Einschätzung des Wifo 2020 und 2021 real um 2,3 bzw. 2,9 Prozent steigen.

Die außenwirtschaftlichen Risiken der aktuellen Prognose seien "verstärkt abwärtsgerichtet", erklärte das Wifo. Neben den Unsicherheiten bezüglich künftiger Handelsschranken für den Warenhandel mit den USA würden wirtschaftspolitische und auch geopolitische Risiken den Ausblick dämpfen. Die binnenwirtschaftlichen Risiken seien hingegen "in Summe aufwärtsgerichtet", da die Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung den Privatkonsum noch stärker stützen könnten.

Ein rascher Aufschwung der Weltwirtschaft sei nicht zu erwarten, meint das IHS, das auch "weiterhin beträchtliche" Abwärtsrisiken für die globale Konjunktur sieht: Eine Eskalation oder regionale Ausweitung der Handelskonflikte könnte die Weltkonjunktur bremsen, doch bestehe auch die Chance auf eine bessere Entwicklung als hier prognostiziert.

Bei den Stimmungsindikatoren habe sich die negative Tendenz fortgesetzt, jedoch gebe es in den letzten Monaten zunehmend Hinweise auf eine Stabilisierung. Die Einschätzung des internationalen Konjunkturbildes hat sich für das IHS gegenüber der letzten Prognose von Oktober nicht verändert. Die US-Wirtschaft dürfte demnach in den kommenden beiden Jahren um 1,8 bzw. 1,5 Prozent zulegen, nach heuer 2,3 Prozent. Im Euroraum sollte die Konjunktur mit 1,2 bzw. 1,4 Prozent nach Meinung des IHS wieder etwas Fahrt gewinnen, nach 1,1 Prozent heuer. Die Schwellenländer dürften nur moderat unterwegs sein, China nur um für dieses Land schwache 5,8 bzw. 5,7 Prozent wachsen - die Weltwirtschaft um 3,0 bzw. 3,1 Prozent, so das IHS.

Auf Österreichs Arbeitsmarkt schlägt sich die Konjunkturabschwächung deutlich nieder, erklärt das Wifo. Schon heuer habe sich die Beschäftigungsdynamik verringert und der Rückgang der Arbeitslosigkeit verlangsamt. Zu erkennen sei die Abschwächung des Arbeitsmarktes etwa daran, dass die Arbeitslosigkeit Älterer ab 55 Jahren und von Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen bereits wieder steige. Das Arbeitskräfteangebot werde - trotz der schwächeren Konjunktur - weiter zunehmen, durch eine höhere Erwerbsquote älterer Arbeitskräfte und eine kontinuierliche Zunahme der Erwerbsbeteiligung von Frauen.

Den Preisauftrieb sehen beide Institute gedämpft. Das IHS geht für heuer und 2020 - wie das Wifo - von jeweils 1,5 Prozent Inflationsrate aus, für 2020 von 1,7 Prozent (das Wifo von 1,6 Prozent). Grund ist die gedämpfte Energiepreisentwicklung.

Der Staatshaushalt profitiert 2019 und 2020 weiter von niedrigen Zinsausgaben für die Staatsschuld - deshalb bleibt es, wie schon seit 2018, bei Maastricht-Überschüssen des Gesamtstaates. Das Wifo geht dabei für die Jahre 2019/20/21 von 0,6, 0,3 und 0,4 Prozent des BIP aus, das IHS von 0,5, 0,2 und 0,4 Prozent an positivem Finanzierungssaldo. Der aktuelle Abschwung der Industriekonjunktur bremse die Steuereinnahmen nicht wesentlich, erklärt das Wifo. 2019 und 2020 würden die Einnahmen an Steuern und vor allem SV-Beiträgen die guten Lohnabschlüsse und anhaltend gute Beschäftigungslage widerspiegeln.

Ein neues Regierungsprogramm in Österreich sollte nach den Vorstellungen des IHS Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit, Pensionen und Föderalismus vorsehen und wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitische Antworten auf die großen Zukunftsthemen Digitalisierung, Klimaschutz und demografischer Wandel bieten. (apa/red)