Digitalisierung : Digitalisierung: Warum SAP, Microsoft und IBM die neuen Einflüsterer der Industrie sind

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© Maxim_Kazmin - Fotolia

Anfang Oktober war die Katze aus dem Sack. Um das Feld der digitalen Transformation künftig noch stärker urbar zu machen, besiegelte der Automobilzulieferer Schaeffler eine strategische Partnerschaft mit dem Softwareriesen IBM. An sich nichts ungewöhnliches, Kooperationen mit Softwareschmieden wie SAP, Microsoft oder eben IBM gehören in der Fertigungsindustrie seit Jahrzehnten zum guten Ton. Allerdings: Bis auf höchste Vorstandsebene finden sich diesmal die Fürsprecher der Kooperation mit Big Blue - das kennt man in dieser Intensität so eher nicht. Vielleicht, weil richtig antizipiert wird, welcher Hebel Software für die digitale Veränderung nun eigentlich sein kann:

Mit IBM sei der ideale Partner für die Entwicklung innovativer, datenbasierter Services gefunden worden", glaubt Schaeffler-Technologievorstand Peter Gutzmer. Eine digitale Plattform soll technische Grundlage für ein offenes, digitales Ökosystem sein. Und auffällig: Der US-Softwarehersteller tritt nicht bloß als Lieferant der Cloud-Anwendungsplattform Bluemix in Erscheinung, sondern ist zugleich Berater und Entwicklungspartner. Auch der Chief Digital Officer bei Schaeffler, Gerhard Baum, lässt keinen Zweifel daran, dass er sich von dieser Form der Kooperation einiges verspricht: "Wir werden neue serviceorientierte Prozesse schaffen", sagt er selbstbewusst.

Mit Digitaltools neue Werte schaffen

Es sind längst nicht mehr die Digitalisierungs-Maniacs, die in Aktion treten: Immer mehr Unternehmen aus klassischen Produktionszweigen wie Maschinenbau oder Industrieelektronik beschwören ein gemeinsames Vorgehen mit Cloud- und Big Data-Dienstleistern zur Steigerung der Produktionseffizienz oder der Entwicklung neuer Rennerprodukte. Ebenfalls Anfang Oktober machte der Schweizer Energie- und Elektronikkonzern ABB seine strategische Partnerschaft mit dem Softwareriesen Microsoft publik.

[Bild:3] Digitale Lösungen sollen für das Industrieunternehmen neuen Wert schaffen, Microsofts Cloud-Plattform Azure als Basis der ABB-Plattform fungieren. Auch der Softwarehersteller SAP ließ zuletzt mit neu geschnürten Industriekooperationen aufhorchen. Mit dem milliardenschweren Automobilzulieferer Bosch ist gar ein Mammutprojekt vereinbart: Die Zusammenarbeit bei Cloud-Technologien und Softwarelösungen soll für beide Seiten Früchte tragen.

Ob seiner Strahlkraft durchaus ein Case, der nach dem Geschmack von Christoph Kränkl ist. Der Director Sales Industry bei SAP Österreich erlebt auch in der Landesgesellschaft ein Anziehen des Cloud-Plattform-Geschäfts mit Industriekunden. Dass die vielfältigen Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie heute praktisch immerzu im Unternehmen zur Verfügung stehen, ist seiner Meinung nach "ein Impact, der vor ein einem Jahrzehnt in seiner Härte nicht prognostizierbar war". Das stellt die Industrie vor Herausforderungen. Wie sie diese meistert.

Alles wird umgekrempelt

Eine Prozesswelt, die durch jederzeit verfügbare Daten und intelligente Algorithmen, die diese verknüpfen, völlig umgekrempelt wird: Dass Softwarehäuser immer öfter auch als externe Projektmanager in die Bresche springen, überrascht vor diesem Hintergrund nicht. Nützlich war sie früher auch schon, aber Software kannte ihre Grenzen: Reports zu erstellen fiel zuweilen mühsam aus. "Jetzt muss die Fachebene erst einmal lernen, dass es all diese Restriktionen nicht mehr gibt", sagt Kränkl. Oberflächen können intuitiv sein und es gibt echtzeitverknüpfte Daten - und Reports kommen jetzt auf Knopfdruck.

[Bild:4] Für den SAP-Mann eine Riesenchance, die Leute aus ihren Daten-Silos zu bekommen. ABB-Chef Ulrich Spiesshofer etwa will basierend auf der installierten Basis mit mehr als 70 Millionen angeschlossenen Geräten und mehr als als 70.000 digitalen Kontrollsystemen eine der weltweit größten industriellen Cloud-Plattformen aufbauen. Das geht nicht ohne Partner.

Deren Rolle sich freilich wandeln muss: "Beraten, nicht verantworten", lautet das Credo der Dienstleister. Zugleich werden die Partnerschaften mit der Industrie "wahnsinnig intim", wie SAP-Mann Christoph Kränkl beobachtet. Er ist überhaupt der Ansicht, dass Nähe und Reibung in den Projektteams wieder zunehmen müssten. "Es muss zu schnelleren Iterationen kommen", sagt er.

Industrie legt Scheuklappen ab

Ungewiss freilich ist: Können intensiv gelebten Partnerschaften wirklich alle etwas abgewinnen? Wollen Unternehmen jede Woche Microsoft oder SAP im Haus haben? "Die Frage ist eher, müssen wir", sagt Roland Hintringer mit einem feinsinnigen Lächeln. Der Vice President Innovation & Technology ist durchaus begeisterungsfähig, was moderne Analytics-Plattformen betrifft: Microsofts Cloud-Plattform Azure etwa bezeichnet er als "schon sehr attraktiv" für die Entwicklung von Big Data-Algorithmen.

[Bild:5]Ein leistbares Tool für intelligente Datenanalysen an Prüfständen entstand bei Miba aber in Zusammenarbeit mit Unis - ebenso ein grafisches Interface aus der Getriebentwicklung, das man schon heute Vertriebsingenieuren mitgibt und das Potential habe, "es als Entscheidungshilfe einmal direkt Kunden in die Hand zu geben", so Hintringer. Denn soviel steht fest: Auch ein alteingesessener Industriebetrieb mit bester Reputation muss sich Gedanken machen, wie durch digitale Services in Zukunft Mehrwert für Kunden entstehen kann. "Wie alle anderen müssen wir die Scheuklappen ablegen", sagt Hintringer.

Digitalagenda

Beim Wälzlagerhersteller Schaeffler ist das längst im großen Stil passiert. Sich selbst hat man eine digitale Agenda verordnet: Die Deutschen konzentrieren sich stark auf die sensorische Erweiterung von Bestandsprodukten - und die Entwicklung neuer Produkte mit integrierter Software", lässt Digitalchef Gerhard Baum wissen.

[Bild:6]Digitaler Pionier ist auch der Energie- und Elektronikkonzern ABB - 40 Jahre Erfahrung wirft man in die Waagschale. Mit einer eigenen Cloud-Plattform "beschleunigen wir die Expansion unserer digitalen Lösungen", berichtet Reiner Schoenrock, Sprecher Technologie und Innovation bei ABB. Eine Unbekannte ist der Partner Microsoft für die Schweizer jedenfalls nicht: Die beiden Unternehmen verbindet eine langjährige Partnerschaft.