Coronahilfen : Berlin deutet weitere Hilfspakete an

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© Peter Martens

Die deutsche Bundesregierung plant in der Corona-Krise weitere Hilfen für gebeutelte Branchen, weil sie die Wirtschaft nur vorsichtig wieder hochfahren will. Kanzleramtschef Helge Braun sagte den Zeitungen "Rheinische Post" und "General-Anzeiger" vom Samstag, womöglich müsse noch einmal nachgesteuert werden.

Finanzminister Olaf Scholz sagte der "Welt", es gehe vor allem um Wirtschaftszweige, die sich wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus noch gedulden müssten. "Das Hotel- und Gaststättengewerbe gehört sicherlich dazu." Dort droht nach Verbandsangaben 70.000 Betrieben die Insolvenz - fast jedes dritte Unternehmen der Branche. Arbeitsminister Hubertus Heil äußerte sich zudem zuversichtlich, das Kurzarbeitergeld bald befristet aufzustocken.

Trotz Fortschritten im Kampf gegen das Virus hat die deutsche Bundesregierung Forderungen aus der Wirtschaft nach einer schnelleren Öffnung von Geschäften zurückgewiesen. Es könne nur schrittweise und behutsam zurück Richtung Normalität gehen, hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier gesagt. Laut Vizekanzler Scholz ist es zu früh, Entwarnung zu geben. Viele Branchen bemängeln, keine Perspektive zu haben.

Beispiel Hotels und Gaststätten: Laut Branchenverband Dehoga gehen den gut 223.000 Betrieben bis Ende April rund zehn Milliarden Euro Umsatz verloren. "Wir mussten als Erstes schließen und werden wohl auch am längsten zu leiden haben", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der "Bild". Sie forderte eine verantwortungsvolle Öffnung von Restaurants und Cafes, die Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent und einen staatlichen Rettungsfonds mit Direkthilfen für Betriebe.

Scholz zeigte sich grundsätzlich offen: "Natürlich schauen wir genau, ob und wo wir gezielt weitere Hilfen benötigen." Altmaier sagte der "Bild", die geforderte Mehrwertsteuersenkung verdiene eine sorgfältige Prüfung. Er könne sich aber auch konkrete Hilfen bei Modernisierungen und Kosteneinsparungen vorstellen. "Wir wollen auch hier Lockerungen, sobald sie vertretbar sind." Klar sei zudem: "Wir werden hier auch zusätzliche Hilfen benötigen, damit nicht ein Großteil der Unternehmen aufgibt und vom Markt verschwindet."

SPD-Politiker Heil sagte den Nachrichtensendern ntv und Welt, die Regierung berate momentan über Änderungen beim Kurzarbeitergeld. "Ich setze darauf, dass wir da zu Ergebnissen kommen." Mit einer Aufstockung könne die Kaufkraft der Beschäftigten gesichert werden. "Das kurbelt auch die Wirtschaft an." Es gehe um die nächsten Monate. "Ich bin dafür, dass man zumindest für drei Monate, für den Zeitraum Mai, Juni und Juli, das Kurzarbeitergeld aufstockt." Mit dem Instrument soll dank staatlicher Zuschüsse verhindert werden, dass Konzerne in einer Krise massenhaft Stellen streichen. Arbeitnehmer bekommen dann 60 Prozent - mit Kindern 67 Prozent - des Lohnausfalls erstattet. Die SPD-Linke im Bundestag fordert eine Erhöhung für niedrige Einkommen auf 80 Prozent, mit Kindern 87 Prozent.

Deutschland dürfte wegen der Pandemie dieses Jahr in eine schwere Rezession stürzen. Scholz will ein Konjunkturpaket auflegen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Die Details und der genaue Zeitpunkt sind allerdings noch offen. "Wenn es dann soweit ist, werden wir Maßnahmen auf den Weg bringen, die das Geschäft wieder anregen." Dabei solle die Modernisierung des Landes im Blick behalten werden, etwa die Verringerung des CO2-Ausstoßes, den Ausbau der Elektromobilität oder die Digitalisierung.

Ähnliches ist auf europäischer Ebene geplant. Klaus Regling, der Chef des europäischen Rettungsfonds ESM, geht von einem Bedarf an weiteren Finanzhilfen in Höhe von 500 Milliarden Euro aus. "Ich würde sagen, dass wir für die zweite Phase mindestens weitere 500 Milliarden Euro von den europäischen Institutionen brauchen, aber es könnte mehr sein", sagte er der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hatte sich zuletzt ähnlich geäußert. In einem ersten Schritt hatten sich die EU-Finanzminister zuletzt auf ein 500 Milliarden Euro schweres Rettungspaket verständigt, das drei Punkte umfasst: Kredite der Förderbank EIB für kleine und mittelständische Unternehmen, ein europäisches Kurzarbeitergeld sowie vorsorgliche Kreditlinien aus dem ESM. (reuters/apa/red)