Produktionswettbewerb Fabrik2018 : Agrana, Maplan, Melecs oder Voestalpine Weichensysteme: Wer hat Österreichs beste Fabrik?

Maplan
© IM Grafik, Maplan

Nein, schlechtreden will man den früheren Standort in Ternitz ganz gewiss nicht. Ein stolzes Kapitel Industriegeschichte schrieb der Elastomermaschinenbauer Maplan hier - 1997 wurde das damalige Werk sogar noch einmal kräftig ausgebaut. Da hatte der Maschinenbauer schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich: 1970 gegründet, fusionierten die Niederösterreicher 1985 mit dem Mitbewerber Pentaject, 1991 folgte die Übernahme durch Starlinger.

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2012 teilte die Inhaberfamilie die Firmengruppe neu unter sich auf, Ingrid Soulier, Tochter von Franz X. Starlinger-Huemer, schlüpfte mit Ehemann Philippe bei Maplan in die Eigentümerrolle. Mit den neuen Inhabern kam ein radikaler Strategiewandel. Doch mit einem Schlag richtete sich der Blick stärker auf Märkte in Asien und den USA, eine Umsatzverdoppelung bis 2021 auf 60 Millionen Euro wurde angestrebt.

Mit Nachdruck machten sich die Eigentümer für einen neuen Standort stark. Das Werk Ternitz – zu dem Zeitpunkt nicht mehr mit der modernsten Bausubstanz gesegnet - "hätten wir nie auf das Niveu eines ganz modernen Betriebs gebracht", ist auch Wolfgang Meyer, seit 2013 CEO bei Maplan, überzeugt.

Glanz des Neuen

Und so findet das Evaluierungsteam von Fraunhofer Austria Anfang Oktober in der Maplan-Straße 1 in Kottingbrunn ein Werk vor, das - 2016 bezogen - den Glanz des Neuen umgibt. Statt dunkel und eng wie zuletzt in Ternitz ist es hier hell und es gibt Platz: Wände aus Glas überall dort, wo statisch möglich, lassen das Licht der Herbstsonne herein. Besucher ertappen sich dabei, den Horizont nach den Ausläufern des Wiener Beckens abzutasten - und unvermittelt dem Flug der Feldlerche Aufmerksamkeit zu schenken.

Wegen der schönen Aussicht sind diese Herren aber nicht hier: Einen ganzen Tag lang werden die Fraunhofer-Austria-Evaluatoren Alexander Gaal, Lukas Lingitz und Klemens Hofer der Maplan-Produktion an diesem Montag auf den Zahn fühlen. Am Ende sollte feststehen, dass der Maschinenbaubetrieb die nötige Reife für das große Finale von Fabrik2018 hat. Man trifft dort auf Agrana (Werk Pischelsdorf), Melecs (Siegendorf) und Voestalpine Weichensysteme (Zeltweg). INDUSTRIEMAGAZIN war bei der Fact-finding-Mission in Kottingbrunn dabei.

Takt stand Standplatz

Die wohl sichtbarste - und einschneidendste - Neuerung gegenüber Ternitz ist die Montageform. Von einer Montage mit Standplätzen, an die früher in einem Schwung der Großteil der Komponenten der Maschine gebracht wurden, haben die Niederösterreicher in Kottingbrunn - als erster Maschinenbauplayer in der Elastomerwelt überhaupt - eine Taktfertiung realisiert. Stark auf Betreiben dieses Mannes: Oswald Steinbauer, seit 2010 bei Maplan, leitet heute das Werk und managte damals unter anderem auch das Übersiedelungsprojekt.

Maschinen mit 20 bis zu 460 Tonnen Schließkraft werden nunmehr auf ein und derselben Linie gefertigt, Maschinen darüber (461 bis 900 Tonnen Schließkraft) werden am Standplatz assembliert. Im Vorjahr wurden so bereits 66 Prozent aller Maschinen taktgefertigt, zu Jahresende sollen es schon über 80 Prozent sein. Die Linie ist so zum zentralen Element in Kottingbrunn geworden. "Die Linie hat Vorrang" - rasch fand dieser Ausspruch in den Sprachschatz der Mitarbeiter der Taktmontage und mechanischen Fertigung.

Doch zuallererst nehmen die Evaluatoren von Fraunhofer Austria den Wareneingang und die anschließende Qualitätskontrolle unter die Lupe. Der Lagerumschlag vervierfachte sich zu 2013. 50 bis 80 Lieferungen erreichen den Maschinenbauer täglich. Großteile über 500 Kilogramm wandern ins Schwerlastregal. Kleinteilen bieten zwei automatisierte vertikale Karusselllager - sie weisen zusammen 7000 Lagerplätze auf - den nötigen Platz. "Wir konnten das System mit einer optimalen Behälterauswahl extrem verdichten", schildert Stefan Aminger Leiter Supply Chain Manager.

In welchem zeitlichen Rad wird ein- und ausgelagert, will Fraunhofer-Austria-Evaluator Alexander Gaal wissen. "Bis zum Ende der zweiten Schicht - also bis 22 Uhr - sind alle neu angelieferten Teile eingelagert und der entsprechende Bedarf an der Linie für den Folgetag ausgelagert", erklärt Aminger.

3D-Modell an jedem Arbeitsplatz

Gebinde, die an der Linie mitfahren, sind die Ausnahme. Hydraulikschläuche und Verrohrungen - seit Frühjahr gefertigt am neuen Standort Malacky in der Westslowakei - zählen dazu. Der überwiegende Teil der Komponenten aber - darunter rund 150 Blechteile - "kommt in Kanban-Rollwägen taktfein an die Linie", erzählt Josef Markon, Produktionsleiter bei Maplan. Motto: Nur ja alles schön flexibel und beweglich halten. Gerade in Evaluierung sind auch fahrerlose Transportsysteme.

An jeder Station der Montage - beginnend in der Vormontage - haben Mitarbeiter auf einem Bildschirm Einblick in ein selbst entwickeltes 3D-Modell. Es wurde eigentlich entwickelt, um Kunden bei Betrieb und Servicierung der Maschine zu helfen. Im Maplan-Produktionswerk dagegen dient es als Montagehilfe. Es illustriert, welche Teile zu verbauen sind. Auch eine Kanban-Schnittstelle wurde in dem System implementiert.

So ist der Blick in die Lagerbuchung hilfreich, wenn etwa ein Teil gerade erst vor Augenblicken gebucht worden ist. "Mit diesem Wissensstand kann die Montage dem Wareneingang oder der Qualitätskontrolle Druck machen, sodass der Teil schneller an die Linie gelangt", sagt Dominic Schneider, Leitung Auftragszentrum & Projektmanagement. In Sachen Usability sehen die Kottingbrunner noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: "Künftig wollen wir auch die Reihenfolge der Arbeitsschritte - und die Taktung selbst - visualisieren", sagt Werksleiter Oswald Steinbauer.

Taktzeit minimiert

In Kottingbrunn ist die Zuversicht groß, auch bei den Taktzeiten weitere Erfolge einzufahren. Zuletzt reduzierten die Niederösterreicher ihre Durchlaufzeiten bereits um ein Drittel - obwohl die Produktvarianz größer nicht sein könnte. Die Wiederholrate bei der Fertigung von Maschinen liegt - man ist eben ein Sondermaschinenbauer - bei überschaubaren 1,4. Zwei Drittel der abgesetzten Maschinen sind Vertikalmaschinen, das restliche Drittel Horizontalmaschinen. Fast 50 Prozent gehen in die Automobilindustrie. Nach nur zwölf Tagen - und ebensovielen Montagetakten - sind die Maschinen im Kottingbrunner Werk verladebereit.

Automatische Teile-Order

Auf Kennzahlenaushänge, Plantafeln und Boards zum Maplan-eigenen Verbesserungsprozess werfen die Fraunhofer-Evaluatoren an diesem Montag ebenfalls einen prüfenden Blick. Und es gibt Fragen zu den digitalen Dokumentationsmöglichkeiten im Werk. "In jedem Teil, das die Fertigung durchläuft, ist die optimale Produktionszeit hinterlegt", berichtet Josef Markon, Bereichsleiter Produktion. Über die gesamte Lieferkette hinweg begleiten so rund 2000 Bauteile und Komponenten einer Maschine auf der Datenebene Informationen zur perfekten Montagezeit - aber auch dem genauen Bereitstellungsort. Das geht sogar soweit, dass das System herausfiltert, welche Teile wann benötigt werden - "und diese automatisiert nachbestellt werden", sagt Werksleiter Oswald Steinbauer.

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