Managementtipp : Drei von vier CEOs streben Kurswechsel an

Axel Preiss, Partner EY Österreich und Leiter Advanced Manufacturing & Mobility, Region Europe West

„Die Investitionskaiser Österreichs sind 2021 auch im Umsatz stark gewachsen.
Axel Preiss, Partner EY Österreich und Leiter Advanced Manufacturing & Mobility, Region Europe West

- © EY

Die Unternehmenswelt war in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Geopolitische Spannungen, die Nachwehen der Corona-Pandemie sowie die hohe Inflation stellen Geschäftsmodelle und Prozesse vor Herausforderungen und zwingen Unternehmen dazu, neue Wege zu finden. CEOs der größten Unternehmen weltweit planen in den nächsten zwei Jahren ihre Unternehmensstrategie radikal zu ändern, um aktuellen Risiken entgegenzuwirken.

Eine aktuelle EY-Umfrage, bei der 760 CEOs aus zehn Industrienationen zu Aussichten, Herausforderungen und Chancen befragt wurden, ergab, dass mehr als vier von zehn Unternehmenslenkern ein Anhalten oder Wiederauftreten von Störungen im Zusammenhang mit COVID-19 – einschließlich neuer Lockdowns und Druck auf die Lieferketten – als größtes Risiko für ihr Unternehmen sehen. Speziell dieses Risiko wird im asiatisch-pazifischen Raum höher eingeschätzt als in Nord- und Südamerika oder Europa. Darüber hinaus nennt ein gutes Drittel der Befragten geopolitische Spannungen und 43 Prozent die Inflation als Risiken für das Wachstum. Zwei von drei CEOs gehen davon aus, dass die hohe Inflation die Leistung und das Wachstum ihres Unternehmens negativ beeinflussen wird; jedoch nur 16 Prozent bezeichnen die Inflation als größte Bedrohung für Einnahmen und Gewinnspannen ihres Unternehmens.

Klar ist damit: CEOs blicken auf eine Weltwirtschaftslage, die sie seit vielen Jahren nicht mehr erlebt haben. Die Schwere der zugrundeliegenden Risiken mag je nach Region oder Branche variieren, aber es ist klar, dass die Unternehmen mit einem wirtschaftlichen und geopolitischen Sturm konfrontiert sind. Nun gilt es, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um diese Risiken abzumildern und zu versuchen, das Unternehmen mit festem Steuer zu manövrieren – selbst, wenn einige Herausforderungen außerhalb der Kontrolle liegen.

Dazu zählt vor allem ein Thema: Der Energiemarkt. Die gestiegenen Energiepreise sind wohl der größte Treiber für die Inflation. Um besonders betroffene Unternehmen zu entlasten, soll der Energiekostenzuschuss unterstützen (mehr dazu im QR-Code).

Insgesamt führen die länderübergreifenden politischen Unruhen dazu, dass die befragten Führungskräfte geplante Investitionen aufschieben wollen, bis sich die Lage verbessert. Vier von zehn rekonfigurieren die Lieferketten ihres Unternehmens und verlagern Betriebsanlagen, während fast ein Drittel der Befragten sich aus bestimmten Märkten zurückzieht oder geplante Investitionen ganz stoppt.

In punkto Investitionen sei aber geraten: Es ist genau zu überprüfen, wo Aufschub langfristig auch mit dem Verlust von Wettbewerbsvorteilen einher gehen könnte. Innovation und Investition in Forschung und Entwicklung sind eine der grundlegenden Elemente, um Unternehmen auch langfristig am Markt zu positionieren. Das zeigt auch ein Blick auf die „Investitionskaiser“ Österreichs: Jene börsennotierten Unternehmen, die 2021 am meisten in Forschung und Entwicklung investiert haben, sind auch im Umsatz stark gewachsen.

Positiv ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass gerade der Aufbau von Nachhaltigkeit als Kernaspekt aller Produkte und Dienstleistungen, um Kund:innen zu binden und der Einsatz von Technologie zur Stärkung der Kundenbindung die beiden wichtigsten Maßnahmen sind, die die befragten CEOs planen, um die kommenden sechs Monate zu überstehen.

Jeder zweite plant darüber hinaus im nächsten Jahr eine Akquisition. Wiederum 40 Prozent planen, an allen Fronten aktiv zu werden – das heißt, Akquisitionen und Veräußerungen umzusetzen, neue Joint Ventures zu gründen oder strategische Allianzen einzugehen. Was die nächste geplante Transaktion betrifft, so gab ein Fünftel an, in ein Unternehmen in der Frühphase investieren zu wollen, um das bestehende Portfolio zu erweitern und Zugang zu neuen Talenten zu erhalten. Nur 15 Prozent wollen ein Unternehmen in einem angrenzenden Sektor erwerben, um neue Wachstumsmöglichkeiten zu erschließen.

Die wirtschaftliche Landschaft hat sich in den letzten 24 Monaten neu gezeichnet – und es stehen weitere Veränderungen bevor. CEOs sind auf der Suche nach Möglichkeiten, um langfristiges Wachstum zu erzielen. Um das zu erreichen, sind nach wie vor Fusionen und Übernahmen das Mittel der Wahl – erworbene Unternehmen sollen die operativen Fähigkeiten und die Innovationskraft stärken. Für österreichische Betriebe bedeutet das, einerseits selbst über Landesgrenzen hinaus zu blicken und sich andererseits auch zeitgleich attraktiv auf dem Heimmarkt zu positionieren.

Axel Preiss ist Partner bei EY Österreich und leitet den Bereich Advanced Manufacturing & Mobility von Europe West, der größten EY-Region weltweit.