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Digitale Erlösmodelle : "Digitale Services neu denken"

Michael Danninger, Partner EY Österreich

"Das Wichtigste ist, sich nicht davor zu scheuen, kritische Fragen zu stellen": Michael Danninger, Partner EY Österreich

- © www.christinahaeusler.at

INDUSTRIEMAGAZIN: Warum denken Sie, dass es Zeit ist digitale Geschäftsmodelle zu überdenken?

Michael Danninger:
Wenn wir die Entwicklung der letzten Jahre beobachten, dann sehen wir, dass die Zeit des Ausprobierens von digitalen Services hinter uns ist und wir uns im nächsten Evolutionsschritt befinden. Es stellen sich drei vordergründige Fragen: Wie können Services mit dem bestehenden oder als eigenständiges Business funktionieren? Wie können sie skaliert werden? Und welchen Wertbeitrag liefern sie für das Unternehmen? Diese Fragen sind nicht trivial und für jedes Unternehmen unterschiedlich zu betrachten.

Welche Fehler wurden gemacht?


Danninger:
Fehler waren Teil der Evolution – es war richtig und notwendig viel auszuprobieren, Use Cases rund um Künstliche Intelligenz, IOT, Automatisierung oder anderen Technologien zu entwickeln, die Marktreife zu testen und erste kommerzielle Modelle in den Markt zu bringen. Auch wenn es anfangs „en-vogue“ war mit Technologie zu experimentieren hat jede Zeit des Ausprobierens ein Ende und das Geschäftsmodell bzw. der Wertbeitrag wird auf den Prüfstand gestellt. Trotzdem hat nicht jedes Unternehmen im Laufe der Zeit einen optimalen Set-up für den Aufbau gewählt. Zu viel Nähe zum existierenden Business kann durchaus die Innovationskraft mindern, eine zu starke Entkoppelung kann dafür sorgen, dass zwar gute Ideen entstehen, diese aber nicht den Weg ins Unternehmen finden. Es gibt hier einfach kein Patentrezept.

Welche Relevanz haben digitale Geschäftsmodelle und Services heute?


Danninger:
Das ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, teilt sich aber Großteils in zwei Gruppen: Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die den Anspruch hatten bzw. auch einem entsprechenden Marktdruck ausgesetzt waren, sich komplett neu zu erfinden und digitale Technologien dafür nutzen. Für diese Unternehmen stellt sich die Frage der Relevanz gar nicht. Auf der anderen Seite gibt es aber die Mehrheit der Unternehmen, die digitale Services als „add-on“ neben dem traditionellen Business entwickelt haben. Es ist einfach ein Unterschied, ob ich den Anspruch oder die Notwendigkeit habe, den Großteil meines Geschäftes zu transformieren oder ob ich überlege, wie ich mit den ein bis zwei Prozent des über digitale Services erwirtschafteten Umsatzes umgehe.

Warum fällt es Unternehmen nach wie vor schwer, sich neu aufzustellen bzw. zu erfinden?


Danninger:
Es liegt einerseits daran, dass wir nicht über Unternehmen sprechen, die sozusagen im Internet geboren sind. Wir reden über Unternehmen, die ein langjährige Tradition und Historie haben – der Veränderungsprozess braucht Zeit und ist ein Kraftakt. Der Kontext, in dem ich „Neues“ schaffe, ist ausschlaggebend. Im Wesentlichen lässt es sich aber auf das Thema Leadership reduzieren – es braucht eine klare Vision an der Spitze des Unternehmens. Wenn es hier eine klare Vorstellung und Vorgabe gibt, in welche Richtung die Reise gehen muss und die finanziellen Mittel geschaffen werden, dann ist Innovation, Agilität oder Skalierbarkeit deutlich einfacher zu erreichen.

Es wird viel über „Customer Experience“ im Zusammenhang mit digitalen Geschäftsmodellen und Services gesprochen. Wo sehen Sie hier die Verbindung?


Danninger:
Vereinfacht gesagt, man kann analoge Welten nicht eins zu eins in die digitale Welt übertragen. Dieser Versuch ist vielfach gescheitert. Viele der digitalen Services sind aus Bereichen wie Technologie, aus digitalen Units bzw. der IT gestartet worden. Zu spät hat man oft die Frage gestellt, ob Kund:innen das auch tatsächlich brauchen oder überhaupt für den Service bezahlen wollen. Steve Jobs hat es mal auf den Punkt gebracht, er meinte „You have to start with the customer experience and work back to the technology”. Digitale Services und Geschäftsmodelle funktionieren nur, wenn sie auch tatsächlich den Bedarf von Kund:innen treffen – sowohl im B2C als auch im B2B Geschäft.

Was bedeutet das konkret?


Danninger:
Es bedeutet, dass ich ausgehend vom Bedarf der Kund:innen starte und rundherum digitale Produkte und Services entwickle. Im Vordergrund steht das Erlebnis der Kund:innen, wie sich der Service anfühlt und insbesondere welchen Mehrwert ich biete. Nur dann lässt sich auch die Frage beantworten hinsichtlich Akzeptanz bzw. ob Kund:innen auch bereit ist, dafür zu bezahlen. Der Übergang von digitalen und physischen Touchpoints und Erlebnissen ist dabei im Idealfall fließend. Gerade im industriellen Kontext ist auch das Design und die Nutzung von technischen Geräten Teil dieser Erfahrung.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die sich an diesem Punkt der „digitalen Reise“ befinden?


Danninger:
Das Wichtigste ist, sich nicht davor zu scheuen, kritische Fragen zu stellen und kontinuierlich das bisher Erreichte auf den Prüfstand zu stellen. Wenn wir etwas gelernt haben, dann ist es die Tatsache, dass wir nur durch eine gute „Fehlerkultur“ vorankommen. Die Bandbreite dessen, was zu tun ist, reicht von einer kontinuierlichen Weiterentwicklung durch ein Nachjustieren kleiner Schrauben, dem Redesign von Services bis hin zu strategischen Überlegungen des digitalen Geschäftsmodells.


Michael Danninger
ist Partner bei EY Österreich im Bereich Consulting und für den Bereich Customer & Growth verantwortlich. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung nachhaltiger Wachstumsstrategien und Geschäftsmodelle, der Weiterentwicklung von operativen kundenfokussierten Prozessen und Kreation nachhaltiger Kundenerlebnissen unter Einsatz digitaler Technologien.