Spezialchemiehersteller : Übernahmespekulationen: Clariant kommt nicht zur Ruhe

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Das Ende einer Vereinbarung zwischen Clariant und dem saudischen Großaktionär Sabic hat Spekulationen über eine Übernahme des Schweizer Spezialchemiekonzerns neue Nahrung gegeben. Die Vereinbarung zu den Grundsätzen der Unternehmensführung werde mit dem Ende der Generalversammlung am 24. Juni 2022 auslaufen, teilte Clariant am Dienstag mit. Damit wäre der Weg für eine Übernahme von Clariant durch den Ankerationär Sabic frei. Die 2018 unterschriebene Vereinbarung regelt unter anderem die Stellung von Sabic als strategischer Miteigentümer und die Unabhängigkeit von Clariant als börsennotiertes Unternehmen.

Nach der Generalversammlung bildeten die beiden Parteien bezüglich der Zurechnung von Stimmrechten sowie aufsichtsrechtlicher Pflichten keine Gruppe mehr, hieß es in der Mitteilung. "Wir sind zuversichtlich, dass Sabic uns im Sinne der über die Jahre hinweg aufgebauten Art der Zusammenarbeit weiter unterstützen wird", erklärte Verwaltungsratspräsident Günter von Au. Sabic hält letzten verfügbaren Angaben zufolge 31,5 Prozent an Clariant. Erreichen die Saudis die Schwelle von einem Drittel der Anteile, müssen sie ein Übernahmeangebot vorlegen. "Wir haben keine Anzeichen dafür, dass Sabic etwas an unserer Beziehung zu ihnen ändern wird", sagte ein Clariant-Sprecher. "Wir haben eine zufriedenstellende Partnerschaft mit ihnen."

Finanzchef musste den Hut nehmen.

Vor wenigen Tagen musste beim Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant der Finanzchef nach einer Untersuchung wegen möglicher Falschbuchungen den Hut nehmen. Stephan Lynen trete mit 1. Juli zurück, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Zum neuen CFO sei Bill Collins ernannt worden. Der Konzern hat die Untersuchung abgeschlossen und die Betriebsgewinnmarge (Ebitda) für das Jahr 2020 angepasst. Sie betrage nach vorläufigen Zahlen 15,5 Prozent statt der ursprünglich genannten 15 Prozent, erklärte Clariant. Auswirkungen auf Umsatz und die liquiden Mittel gebe es nicht.

Für 2021 meldete Clariant eine ungeprüfte Ebitda-Marge von 16,2 Prozent. Der geprüfte Jahresabschluss soll bis spätestens 30. Mai veröffentlicht werden und das Ergebnis für das erste Quartal 2022 bis 30. Juni. Das Unternehmen stellte für den Zeitraum Jänner bis März dank einer starken weltweiten Nachfrage mit höheren Absatzmengen und Preisen ein starkes Umsatzwachstum in Aussicht. Clariant war nach Hinweisen von eigenen Mitarbeitern einer möglichen falschen Verbuchung von Rückstellungen und Abgrenzungen in den Jahren 2020 und 2021 nachgegangen und hatte seinen Jahresabschluss verschoben. Der Schweizer Spezialchemiekonzern hat im dritten Quartal 2021 mehr umgesetzt und verdient. Die im Sommer angehobene Prognose wurde am Donnerstag erneut erhöht. Von Juli bis September erzielte der Konzern 1,10 Mrd. Franken Umsatz, um 23 Prozent mehr. In den ersten neun Monaten 2021 setzte Clariant damit 3,13 Mrd. Franken (+10%), das entspricht 2,93 Mrd. Euro, um. In Lokalwährungen sind das 12 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die bessere Auslastung und Effizienzmaßnahmen schlugen sich in der Profitabilität nieder. Clariant weist für das dritte Quartal einen Betriebsgewinn EBITDA von 180 Millionen Franken aus; das sind 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Die entsprechende Marge stieg um 2,2 Prozentpunkte auf 16,4 Prozent. Analysten hatten jeweils tiefere Werte erwartet.