VW in der Krise : Zehntausende streiken gegen Volkswagen-Sparpläne in Deutschland

VW-Warnstreik im sächsischen Zwickau
- © Hendrik Schmidt / dpa / picturedesk.comDie Gewerkschaft IG Metall hat in Deutschland flächendeckende Warnstreiks bei Volkswagen initiiert, um gegen die milliardenschweren Sparpläne des Autobauers zu protestieren. An neun von zehn deutschen Standorten legten am Vormittag mehr als zehntausend Mitarbeiter zeitweise die Arbeit nieder. Tausende zogen in Demonstrationszügen durch die Werke und versammelten sich zu Kundgebungen vor den Vorstandshochhäusern. "Streikbereit! Bundesweit!" skandierten sie in Sprechchören.
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Mit den Warnstreiks will die Gewerkschaft die Produktion in den betroffenen Werken zeitweise zum Stillstand bringen. Die IG Metall wehrt sich gegen geplante Einschnitte bei Europas größtem Autobauer. Volkswagen fordert von den Beschäftigten eine Lohnkürzung von 10 Prozent. Zudem stehen Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die IG Metall will dies verhindern und fordert stattdessen eine Zukunft für alle Standorte ohne Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen. Nach drei erfolglosen Tarifrunden treffen sich beide Seiten am 9. Dezember zu den nächsten Verhandlungen.
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IG Metall droht mit weiterer Eskalation
In Zwickau und Emden versammelten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Kundgebungen vor den Werkstoren, in Braunschweig zogen mehr als tausend Beschäftigte mit einem Demonstrationszug durch die Stadt.
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Der heutige Ausstand an fast allen Standorten schmerze Volkswagen, sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg. "Aber das ist nur eine Warnung!" Sollte Volkswagen weiter auf seinen Maximalforderungen bestehen, drohe eine weitere Zuspitzung. "Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt!"
Die nächste Verhandlungsrunde werde eine Weichenstellung bringen, sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Wenn es sein müsse, "werden wir einen Arbeitskampf durchziehen, der zu Volkswagen passt".
In Zwickau erklärte der dortige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze: "Wir werden erbittert kämpfen um jeden Arbeitsplatz." Mit seiner Sparankündigung vor drei Monaten habe der Vorstand den Laden Volkswagen angezündet. Jetzt "brennt dieser Laden lichterloh".

Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt!IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger
120.000 Beschäftigte betroffen
Die Warnstreiks dauern jeweils rund zwei Stunden und sollen in jeder Schicht wiederholt werden. Im Streit um Lohnkürzungen, Werksschließungen und Stellenabbau erhöht die IG Metall damit den Druck. "Wir wünschen uns diesen Konflikt nicht – aber wir führen ihn, solange der Vorstand nur auf Kürzungen und Entlassungen statt auf Perspektiven setzt", sagte Gröger. "Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat."
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Zu möglichen Ausfällen in der Produktion machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. Deswegen habe das Unternehmen gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellten.
In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde.
VW lehnt IG-Metall-Vorschlag ab
Volkswagen hatte zuvor erklärt, man respektiere das Recht der Beschäftigten auf Warnstreiks und setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite. In der Sache zeigte sich der Konzern jedoch hart: Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Kündigungen und Standortschließungen hatte Volkswagen als unzureichend abgelehnt.
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Die Konzernspitze begründet die Einschnitte mit hohen Kosten und einer geringen Auslastung. Angesichts der schwachen Nachfrage nach Neuwagen müsse Volkswagen seine Sparbemühungen verstärken. Laut Markenchef Thomas Schäfer werde man dabei um Werksschließungen wohl nicht umhinkommen.
Erst am Wochenende war bei Volkswagen die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren. Bei Volkswagen ist es der größte Ausstand seit Jahren. Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte.
Größte Proteste bei VW seit 2018
Die aktuellen Proteste bei Volkswagen sind die größten seit 2018, als flächendeckende Warnstreiks in Westdeutschland stattfanden. Damals beteiligten sich mehr als 50.000 Beschäftigte. Die IG Metall fordert in der aktuellen Tarifrunde eine Gehaltserhöhung für etwa 120.000 Mitarbeiter, während Volkswagen eine zehnprozentige Lohnkürzung verlangt. Die Friedenspflicht, während der keine Arbeitskämpfe erlaubt sind, endete am Wochenende, sodass die Gewerkschaft nun zu Warnstreiks aufrufen kann.
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Die nächste Verhandlungsrunde zwischen IG Metall und Volkswagen ist für den 9. Dezember angesetzt. Beide Seiten streben eine einvernehmliche Lösung an, jedoch sind die Positionen derzeit verhärtet. Volkswagen betont die Notwendigkeit von Kostensenkungen aufgrund der schwachen Nachfrage nach Neuwagen, während die IG Metall Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verhindern möchte.
Die Situation bleibt angespannt, und es ist unklar, ob in der nächsten Verhandlungsrunde eine Einigung erzielt werden kann. Die IG Metall hat bereits angedroht, die Proteste zu intensivieren, sollte Volkswagen nicht einlenken.
