US-Zölle unter Donald Trump : Was diese 5 Konjunkturindikatoren jetzt über die Weltwirtschaft verraten

Erst Strafzölle, dann Börsencrash - und am Ende eine weltweite Rezession?
- © Artinun - stock.adobe.comDie globalen Finanzmärkte sind nervös, Unternehmen verunsichert und Volkswirte weltweit bemühen sich um eine Einschätzung: Welche wirtschaftlichen Folgen hat der von US-Präsident Donald Trump losgetretene Handelskonflikt tatsächlich? Nach dem Erlass massiver Strafzölle gegen verschiedene Handelspartner – insbesondere China – wächst die Sorge vor einem globalen Abschwung. Die Kombination aus protektionistischen Maßnahmen, Gegenreaktionen anderer Staaten und daraus resultierenden Unsicherheiten an den Finanzmärkten könnte in letzter Konsequenz eine weltweite Rezession auslösen.
>>> Bourbon, Kaugummis, Toilettenpapier: EU bereitet Vergeltungsmaßnahmen vor
Um eine verlässliche Prognose zur Entwicklung der Weltwirtschaft treffen zu können, analysieren Ökonominnen und Ökonomen bestimmte Schlüsselindikatoren besonders genau. Diese liefern oft frühzeitig Hinweise auf strukturelle Veränderungen – und könnten somit dabei helfen, das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen des Handelskriegs rechtzeitig zu erkennen.
Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!
1. US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe: Frühsignal aus dem Jobmarkt
Ein besonders schneller, zuverlässiger und in Echtzeit verfügbarer Indikator für die wirtschaftliche Verfassung der Vereinigten Staaten sind die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (Initial Jobless Claims). Diese Zahl wird wöchentlich vom US-Arbeitsministerium (Department of Labor) veröffentlicht und gibt nahezu ohne zeitliche Verzögerung Aufschluss über die aktuelle Lage auf dem US-Arbeitsmarkt – dem größten Einzelarbeitsmarkt der Welt.
>>> Zoll-Chaos unter Trump: Welche US-Zölle aktuell gelten – und welche nicht
Bereits während der Corona-Pandemie hatten diese Daten eine enorme Bedeutung erlangt, als Millionen von Menschen plötzlich arbeitslos wurden und der wirtschaftliche Einbruch rapide sichtbar wurde. Auch im aktuellen Kontext des durch Donald Trump ausgelösten Handelskriegs mit Ländern wie China, der EU und Mexiko behalten diese Daten ihre zentrale Rolle. Sie geben Aufschluss darüber, ob Unternehmen angesichts steigender Zölle, teurerer Vorprodukte und wachsender Unsicherheit ihre Belegschaften abbauen.

Die Kernfrage lautet: Reagieren Unternehmen bereits auf die wirtschaftspolitischen Spannungen, indem sie Stellen streichen? Eine Zunahme der Erstanträge könnte genau das signalisieren. In der vergangenen Woche stellten 219.000 US-Bürger einen Antrag auf Arbeitslosenunterstützung – ein Wert, der unter den Erwartungen der Analysten lag. Doch Experten sehen eine kritische Schwelle bei rund 270.000 Anträgen. Wird dieser Wert regelmäßig überschritten, werten Ökonomen dies als klares Warnsignal für eine Trendwende am Arbeitsmarkt – und möglicherweise für eine herannahende Rezession.
2. Einkaufsmanagerindizes und Unternehmensumfragen als Kompass der Konjunktur
Neben harten, quantitativen Daten wie Arbeitslosenzahlen oder Exportstatistiken spielen sogenannte Frühindikatoren eine entscheidende Rolle in der Beurteilung der konjunkturellen Lage. Diese weichen Indikatoren basieren auf Erwartungen, Stimmungen und Planungen von Unternehmen und geben damit einen besonders frühzeitigen Einblick in mögliche Wendepunkte der wirtschaftlichen Entwicklung – noch bevor sie sich in realwirtschaftlichen Zahlen widerspiegeln.
Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem die Einkaufsmanagerindizes (PMI – Purchasing Managers’ Index) sowie das ifo-Geschäftsklima, zwei bewährte Instrumente zur Analyse wirtschaftlicher Trends. Der Einkaufsmanagerindex misst monatlich die Einschätzungen von Einkaufsleitern zu Auftragseingängen, Produktion, Lagerbeständen, Lieferzeiten und Beschäftigungsplänen. Besonders wertvoll ist der PMI, weil er eine schnelle Momentaufnahme liefert – ideal, um kurzfristige Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen wie etwa Trumps Strafzölle zu erfassen.
„Sie geben Aufschluss, wie das Unternehmerlager über die jüngsten Entwicklungen denkt“, betont Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Diese Einschätzungen haben Gewicht, da sie auf systematischen Befragungen basieren – beispielsweise durch S&P Global, das regelmäßig tausende Unternehmen weltweit zu ihrer Geschäftslage befragt.
Verzerrungen infolge politischer Eingriffe wie Importzöllen, Lieferkettenstörungen oder geopolitischer Spannungen können sich in diesen Stimmungsindikatoren sehr schnell bemerkbar machen. Besonders spannend wird der nächste PMI-Bericht für die Eurozone, Deutschland und die USA, der am 23. April veröffentlicht wird – nur wenige Tage nach Trumps Ankündigung neuer Zollmaßnahmen. Direkt am Folgetag, dem 24. April, legt das ifo-Institut nach und präsentiert die Ergebnisse seiner monatlichen Umfrage unter rund 9.000 deutschen Unternehmen aus Industrie, Handel, Bauwirtschaft und Dienstleistungssektor.
Diese Frühindikatoren liefern nicht nur Hinweise darauf, ob Unternehmen aktuell unter den Belastungen des Handelskonflikts leiden, sondern auch, ob sie Investitionen zurückstellen, Produktionspläne anpassen oder gar Personal abbauen. Damit gehören sie zu den wichtigsten Instrumenten, wenn es darum geht, den Konjunkturverlauf frühzeitig zu erkennen und die Gefahr einer wirtschaftlichen Abschwächung einzuschätzen – nicht nur national, sondern weltweit.
3. Inflation und Preisentwicklung: Zieht die Teuerung an?
Ein zentrales Thema im Kontext globaler Handelskonflikte ist die Entwicklung der Inflation, also der allgemeinen Preissteigerung für Waren und Dienstleistungen. Besonders kritisch wird es, wenn Zölle auf Importgüter erhoben werden. Denn diese machen viele Produkte – insbesondere Konsumgüter, Rohstoffe und industrielle Vorprodukte – teurer. Die gestiegenen Kosten werden häufig an Verbraucher weitergegeben, was sich unmittelbar auf die Kaufkraft der Haushalte auswirken kann. Sinkt die reale Kaufkraft, leidet in der Folge der private Konsum – ein tragender Pfeiler der Binnenwirtschaft.
>>> Deutsche Autobauer verstärken US-Produktion als Reaktion auf drohende 25%-Zölle
Ein erster Anhaltspunkt zur aktuellen Preisentwicklung sind die monatlich veröffentlichten Verbraucherpreisdaten aus den USA, die vom US-Arbeitsministerium erhoben werden. Die Daten für März werden bereits an diesem Donnerstag erwartet, doch besonders aufschlussreich dürften die Zahlen für April sein, die am 13. Mai erscheinen. Denn erst sie könnten die direkten Auswirkungen der unter Donald Trump neu eingeführten Strafzölle abbilden – und damit eine erste Bewertung ermöglichen, wie stark sich die protektionistischen Maßnahmen auf die Inflationsrate auswirken.
Doch nicht nur die realen Preisdaten sind entscheidend – auch die Inflationserwartungen gelten als wegweisend. „Neben den harten Fakten spielen an dieser Stelle auch Inflationserwartungen eine zentrale Rolle“, betont Tobias Basse, Ökonom bei der Norddeutschen Landesbank (NordLB). Diese Erwartungen beeinflussen das Verhalten von Konsumenten und Investoren gleichermaßen: Wer mit weiter steigenden Preisen rechnet, kauft eher heute als morgen – was die Inflation zusätzlich antreiben kann.
Neben den harten Fakten spielen an dieser Stelle auch Inflationserwartungen eine zentrale Rolle.Tobias Basse, Ökonom bei der Norddeutschen Landesbank
Besondere Aufmerksamkeit gilt daher den Konsumentenbefragungen der Universität von Michigan, deren vorläufige Ergebnisse für April bereits am kommenden Freitag veröffentlicht werden sollen. Auch die Federal Reserve Bank of New York trägt regelmäßig Daten zur Einschätzung zukünftiger Inflationserwartungen bei. Diese Stimmungsbilder ergänzen die realen Zahlen um eine wichtige psychologische Komponente.
Auch auf europäischer Ebene spielt die Inflationsentwicklung eine zentrale Rolle. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seine erste Schätzung der deutschen Verbraucherpreise für April am 30. April, während die europäische Statistikbehörde Eurostat zeitnah die Werte für die gesamte Eurozone nachlegt. Die Daten geben Hinweise darauf, ob sich auch in Europa eine beschleunigte Teuerungsdynamik infolge globaler Handelsverwerfungen abzeichnet – oder ob die Auswirkungen regional begrenzt bleiben.
Damit ist die Inflationsbeobachtung nicht nur ein wirtschaftlicher Pflichttermin, sondern ein zentraler Indikator dafür, ob sich aus dem Handelskonflikt auch eine monetäre Belastung für Unternehmen und Verbraucher entwickelt – mit möglichen Folgen für Geldpolitik, Konsumverhalten und Investitionsklima.
4. Außenhandel und Exporte: Reaktionen auf gestörte Warenströme
Ein besonders aufschlussreicher Indikator für die wirtschaftlichen Folgen eines Handelskonflikts ist der Außenhandel. Er zeigt unmittelbar, ob sich internationale Warenströme verschieben, Handelsbeziehungen unterbrochen oder neue Exportmärkte erschlossen werden. Gerade im Kontext von Strafzöllen, gegenseitigen Handelsbarrieren und politischen Spannungen können Veränderungen in den Export- und Importzahlen frühe Hinweise auf eine beginnende strukturelle Verschiebung in der Weltwirtschaft geben.
>>> Trumps Auto-Zölle: Warum US-Autos in Europa unverkäuflich sind
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Exportdaten führender Industrienationen wie Deutschland, China oder den USA. Diese Länder sind stark in den globalen Handel eingebunden und reagieren empfindlich auf protektionistische Maßnahmen. Für Deutschland, dessen Wirtschaft besonders exportorientiert ist, werden die Außenhandelszahlen für April jedoch erst am 6. Juni vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Sie könnten zeigen, ob deutsche Unternehmen unter den indirekten Folgen der Trump-Zölle leiden – etwa durch nachlassende Nachfrage aus den USA oder gestörte globale Lieferketten.
Schneller liefert China relevante Daten. Die chinesischen Exportzahlen für April sollen bereits am 9. Mai von der dortigen Zollbehörde bekannt gegeben werden. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, beobachtet diese Entwicklung genau: „Interessant ist natürlich jetzt auch China, zumal dort die Exportdaten relativ zeitnah veröffentlicht werden“, erklärt er. Von besonderem Interesse ist dabei, wie sich die Exporte Chinas in Richtung USA entwickeln, da die USA einer der wichtigsten Absatzmärkte für chinesische Produkte sind. Rückgänge könnten auf sinkende Nachfrage, hohe Zölle oder eine bewusste Umorientierung der Handelsstrategie hinweisen.

Doch nicht nur die USA stehen im Fokus: Auch Chinas Handelsbeziehungen mit der Europäischen Union, Südostasien, Lateinamerika und Afrika werden genau analysiert. Sollte sich beispielsweise ein wachsender Exportanteil in andere Märkte zeigen, könnte das auf eine strategische Diversifizierung Chinas als Reaktion auf die US-Zölle hindeuten. Dies wäre nicht nur ein Zeichen wirtschaftlicher Anpassungsfähigkeit, sondern hätte auch langfristige Implikationen für die globale Handelspolitik.
Darüber hinaus sind nicht nur die absoluten Exportmengen interessant, sondern auch deren Zusammensetzung nach Branchen und Produkten. Veränderungen in bestimmten Sektoren – etwa Maschinenbau, Elektronik oder Konsumgüter – geben Aufschluss darüber, welche Industrien besonders vom Handelskonflikt betroffen sind. Steigende Lagerbestände, Rückgänge bei High-Tech-Produkten oder eine Umschichtung in weniger zollbelastete Güter könnten wertvolle Hinweise auf Verhaltensanpassungen in der internationalen Exportstrategie liefern.
Insgesamt gilt: Der Außenhandel ist ein hochsensibler Seismograf für globale wirtschaftliche Spannungen. Veränderungen in den Handelsbilanzen und Exportzahlen gelten als klare Frühindikatoren für konjunkturelle Verschiebungen – insbesondere dann, wenn sie in mehreren Ländern zeitgleich auftreten.
5. Industrieaufträge: Ein Blick in die Werkshallen
Ein weiteres zentrales Signal für die Beurteilung der konjunkturellen Lage sind die Industrieaufträge. Diese Kennziffer zeigt, wie viele neue Bestellungen Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe innerhalb eines bestimmten Zeitraums erhalten haben – also vor allem Maschinenbauer, Autohersteller, Elektrotechnikunternehmen oder die chemische Industrie. Industrieaufträge gelten nicht nur als Messgröße für die aktuelle Nachfrage, sondern auch als wichtiger Frühindikator für die künftige Industrieproduktion. Denn nur wer ausreichend Aufträge erhält, kann seine Produktionskapazitäten planen, Investitionen tätigen und Arbeitsplätze sichern.
>>> Trumps Zollhammer: "Aufträge über Nacht abgezogen"
Insbesondere in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld – wie es durch den Handelskonflikt unter Donald Trump entstanden ist – gewinnen die Auftragseingänge an Aussagekraft. „Die Auftragseingänge werden wohl die entscheidende Größe sein“, betont Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Bleiben die Bestellungen aus, sei es wegen gestiegener Zölle, längerer Lieferzeiten oder einer generell vorsichtigeren Investitionsbereitschaft, ist dies ein klares Warnsignal. Solche Entwicklungen deuten oft auf eine bevorstehende konjunkturelle Eintrübung hin.
Die Auftragseingänge werden wohl die entscheidende Größe sein.Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank
Besonders kritisch könnte sich der Rückgang der Bestellungen aus den USA auswirken – einem der wichtigsten Exportmärkte für die deutsche Industrie. Wenn amerikanische Kunden ihre Aufträge stornieren oder auf günstigere, zollfreie Alternativen ausweichen, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Produktionsplanung deutscher Firmen haben. Auch auf andere exportstarke Nationen wie Japan, Südkorea oder Italien wird genau geschaut, da sie ähnliche Strukturen aufweisen und somit vergleichbar reagieren könnten.
Die Zahlen zu den Industrieaufträgen in Deutschland für den Monat April werden allerdings erst Anfang Juni veröffentlicht. Bis dahin bleibt die Entwicklung schwer greifbar – doch Wirtschaftsexperten und Analysten werden die Veröffentlichung mit großem Interesse erwarten. Denn: Sinkende Auftragseingänge in mehreren aufeinanderfolgenden Monaten gelten als eines der verlässlichsten Frühwarnsysteme für eine beginnende Rezession.
Fazit: Was uns die Konjunkturdaten über die globale Wirtschaft sagen
Der durch Donald Trump ausgelöste Handelskonflikt hat eine Vielzahl wirtschaftlicher Reaktionen in Gang gesetzt – nicht nur auf politischer Ebene, sondern vor allem in der realen Wirtschaft. Unternehmen weltweit stehen unter Druck, ihre Lieferketten anzupassen, Märkte zu diversifizieren und sich gegen zunehmende Unsicherheiten abzusichern. Die Einführung von Strafzöllen hat dabei nicht nur konkrete Preis- und Absatzfolgen, sondern wirkt sich auch indirekt auf Erwartungen, Investitionsverhalten und Konsumklima aus.
Die Analyse zentraler Frühindikatoren – darunter die US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die Einkaufsmanagerindizes, Verbraucherpreise, Exportdaten und Industrieaufträge – liefert ein detailliertes Bild darüber, wie ernst die Lage tatsächlich ist. Zwar gibt es aktuell noch kein klares Signal für eine akute Rezession, doch mehrere Indikatoren zeigen erste Warnzeichen. Insbesondere die Stimmung in den Unternehmen, erste Rückgänge bei Exporten und potenzielle Nachfrageeinbrüche in Schlüsselindustrien sind nicht zu übersehen.
Die kommenden Wochen werden entscheidend: Die Veröffentlichung weiterer Daten für April und Mai dürfte zeigen, ob sich die wirtschaftliche Abkühlung fortsetzt oder ob sich die Lage stabilisiert. Klar ist: Die Weltwirtschaft befindet sich in einer sensiblen Phase – und wirtschaftspolitische Entscheidungen wie Zollerhöhungen, Subventionen oder geldpolitische Reaktionen der Notenbanken werden maßgeblich beeinflussen, ob es zu einem globalen Abschwung kommt oder nicht.
Für Ökonomen, Unternehmen und Investoren gilt deshalb: Augen auf die Daten – und vorbereitet sein auf Kurswechsel in unsicheren Zeiten.