Automobilindustrie in der Krise : Stellantis verzeichnet Absatzrückgang von 9 % im ersten Quartal

Produktion Stellantis

Der kriselnde Opel-Mutterkonzern Stellantis hat im ersten Quartal mit deutlichen Absatzproblemen zu kämpfen gehabt.

- © Stellantis

Der Automobilkonzern Stellantis, Muttergesellschaft von Marken wie Opel, Peugeot, Fiat und Jeep, hat im ersten Quartal 2025 mit massiven Absatzproblemen zu kämpfen. Nach eigenen Angaben verzeichnete der Konzern zwischen Januar und März einen Rückgang der weltweiten Fahrzeugauslieferungen um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit schrumpfte die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge auf rund 1,2 Millionen Einheiten. Die Zahlen wurden am Freitag am Konzernsitz in Amsterdam veröffentlicht.

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Diese Entwicklung verdeutlicht die derzeit angespannte Lage bei Stellantis, das 2021 durch die Fusion von PSA und Fiat Chrysler entstanden ist und seither mit vielfältigen Herausforderungen im globalen Automobilmarkt konfrontiert ist. Besonders kritisch war die Entwicklung in Nordamerika, einem der wichtigsten Märkte für den Konzern.

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Absatzkrise in Nordamerika besonders drastisch

In Nordamerika, dem zweitgrößten Markt von Stellantis, brach der Absatz im ersten Quartal um satte 20 Prozent ein. Als Begründung nannte das Unternehmen unter anderem "kalendarische Effekte" wie eine verlängerte Ferienzeit, die sich negativ auf die Produktionskapazitäten ausgewirkt habe.

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Trotz des dramatischen Rückgangs versuchte das Management, positive Aspekte hervorzuheben. So hieß es in der Mitteilung weiter, dass die Bestellungen von Privatkunden im März „so gut gewesen seien, wie seit Juli 2023 nicht mehr“. Dieser Lichtblick reiche jedoch kaum aus, um den deutlichen Rückgang in der Region auszugleichen, in der traditionell volumenstarke Modelle wie RAM-Trucks und Jeep-SUVs stark nachgefragt werden.

Europa bleibt größte Absatzregion – mit Rückgang

Auch in Europa, der wichtigsten Absatzregion für Stellantis, fiel der Absatz im ersten Quartal schwächer aus. Mit einem Minus von 8 Prozent zeigte sich, dass auch der Heimatmarkt des Konzerns keine stabile Nachfragebasis bieten konnte. Rund die Hälfte aller weltweit verkauften Fahrzeuge von Stellantis entfällt auf europäische Märkte – entsprechend hoch ist das Gewicht dieser Region für die Konzernstrategie.

Belastend wirkt sich hier vor allem die schleppende Markterholung in Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien aus. Hinzu kommen zunehmende Wettbewerbsdruck durch chinesische Hersteller im E-Auto-Segment sowie Unsicherheiten rund um Förderprogramme und neue Emissionsstandards in der EU.

Schwäche in China, Afrika und Nahost – Südamerika als Ausreißer nach oben

In weiteren internationalen Märkten sah sich Stellantis ebenfalls mit deutlichen Herausforderungen konfrontiert. Im Mittleren Osten, in Afrika sowie in China gingen die Absatzzahlen zweistellig zurück. Diese Rückgänge spiegeln sowohl die geopolitischen Unsicherheiten als auch strukturelle Probleme wie mangelnde lokale Produktion und eine schwache Markenwahrnehmung in diesen Regionen wider.

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Einziger Lichtblick im globalen Bild war Südamerika: Hier konnte Stellantis im ersten Quartal ein sattes Absatzplus von 19 Prozent verbuchen. Die Region gilt inzwischen als drittwichtigster Markt für den Konzern und zeigt sich in den letzten Quartalen überraschend robust. Modelle wie der Fiat Strada und der Peugeot 208 erfreuen sich insbesondere in Brasilien und Argentinien stabiler Nachfrage.

Die aktuellen Zahlen dürften den Druck auf Stellantis weiter erhöhen. Angesichts eines sich verschärfenden Wettbewerbsumfelds und eines wachsenden Wandels hin zur Elektromobilität steht der Konzern vor wichtigen strategischen Weichenstellungen. Investitionen in E-Mobilität, Digitalisierung und neue Plattformen müssen mit Kostendisziplin und globaler Effizienzsteigerung in Einklang gebracht werden.

Branchenexperten sehen vor allem die Entwicklung in Nordamerika kritisch. „Ein Rückgang um 20 Prozent in einem so wichtigen Markt ist alarmierend und zeigt, dass Stellantis strukturelle Probleme hat, die über kurzfristige Effekte hinausgehen“, kommentiert ein Analyst der Commerzbank.

Gleichzeitig ist zu beobachten, dass der Konzern in puncto Elektromobilität gegenüber Wettbewerbern wie Tesla, BYD oder Volkswagen an Boden verliert. Die angekündigten Elektromodelle wie der neue elektrische Jeep Wagoneer oder der Fiat Panda EV lassen bislang noch auf sich warten – und der Markt reagiert zunehmend ungeduldig.

Ausblick bleibt ungewiss

Obwohl Stellantis in seiner Mitteilung bemüht ist, mit positiven Signalen Zuversicht zu vermitteln, bleibt der Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2025 durchwachsen. Unsicherheiten in wichtigen Märkten, Lieferkettenprobleme und die schleppende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen dürften den Konzern auch in den kommenden Quartalen belasten.

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Dennoch betont Stellantis, man sei „gut aufgestellt, um sich im sich wandelnden Mobilitätsmarkt erfolgreich zu behaupten“. Ob das gelingt, wird sich vor allem daran zeigen, wie der Konzern seine Modellpolitik, Produktionsstrategie und Marktbearbeitung in den kommenden Monaten anpasst.

Der Aufsichtsratsvorsitzende von Stellantis, John Elkann, übernimmt derzeit übergangsweise die Leitung des Konzerns, nachdem der bisherige Vorstandsvorsitzende überraschend zurückgetreten ist. Elkann, der als einflussreiche Figur in der europäischen Automobilindustrie gilt und eng mit der Gründerfamilie Agnelli verbunden ist, führt Stellantis interimsmäßig, bis ein neuer CEO offiziell benannt wird. Die Suche nach einer geeigneten Nachfolge läuft bereits, während Elkann Stabilität in der Führungsebene gewährleisten soll.

John Elkann
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