Kreditfinanzierung : Zins-Gewinn für Unternehmen

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© K.-U. Häßler - Fotolia

Das Urteil war eine Überraschung: Wie das Handelsgericht im Juni festgestellt hat, sind Klauseln zu Zinsuntergrenzen in Kreditverträgen auch für Unternehmen ungültig – wenn nicht gleichzeitig auch keine Klausel zum Höchstzinssatz vereinbart wurde. Unternehmen könnten damit Beträge, die Kreditinstitute durch die Nichtweitergabe von Negativzinsen bei aushaftenden Krediten einbehalten haben, zurückfordern – selbst wenn diese Vorgangsweise in einer Klausel im Kreditvertrag vereinbart wurde.

Ob Kreditinstitute tatsächlich freiwillig Rückerstattung leisten werden, ist derzeit offen. „Wir haben Berufung gegen das Urteil eingelegt und möchten zu diesem Fall nicht mehr sagen“, heißt es vonseiten der Volksbank, die am Handelsgericht im Streit gegen einen Kreditkunden unterlegen ist. Mit Ausnahme der Erste Bank wollte keines der befragten Kreditinstitute in dieser Causa mit INDUSTRIEMAGAZIN sprechen. Die Erste Bank hat nach eigenen Angaben vergleichbare Vereinbarungen nur in Einzelfällen getroffen.

Tatsächlich dürfte die Mindestzinsklausel – meist in Höhe von rund 0,3 Prozent, jenem Betrag, um den der Monats-Euribor seit Mitte 2016 negativ notiert – jedoch eher die Regel als die Ausnahme sein. Mit etwa 147 Milliarden Euro an derzeit aushaftenden Unternehmenskrediten und rund 8 Milliarden Euro an Leasingverbindlichkeiten von heimischen Firmen geht es nach Informationen von INDUSTRIEMAGAZIN um Beträge im dreistelligen Millionenbereich.

Hebel im Gespräch mit der Hausbank

Unternehmer, die das Urteil beim nächsten Gespräch mit dem finanzierenden Institut als Hebel einsetzen wollen, sollten ihre Kreditverträge prüfen: „Zweifelsfrei unzulässig sind natürlich Zinsuntergrenzen, die nachträglich in die allgemeinen Geschäftsbedingungen eingepflegt wurden oder die ohne Kundenzustimmung als Vertragsergänzung festgelegt wurden“, sagt Roman Taudes, Rechtsanwalt der Wiener Kanzlei Aigner und Partner, der den Fall beim Handelsgericht für einen Kreditkunden ausgefochten hat. Für unter sanftem Druck getroffene schriftliche Vereinbarungen gilt das Urteil des Handelsgerichtes, das eine „einseitige gröbliche Benachteiligung“ im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB festgestellt hat.

Abwarten dürfte keine Lösung sein

Heinz Hofstätter, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters Finance & Risk Consult GmbH, konnte nach eigenen Angaben bereits einige außergerichtliche Verhandlungserfolge für seine Unternehmenskunden verbuchen. „Meist konnten wir eine allgemeine Senkung der Kreditmargen erwirken, in einigen Fällen hat sich bankseitig die Verhandlungsbereitschaft zur Neuordnung von Kreditlinien erhöht“, sagt Hofstätter. Auch Rechtsanwalt Roman Taudes beobachtet, dass sich die Banken in gegenständlicher Causa seit dem Gerichtsurteil spürbar konstruktiver mit außergerichtlichen Lösungsvorschlägen anfreunden können. Vom Abwarten rät der Anwalt ab: „Erste Ansprüche aus den Zinsrückforderungen drohen aufgrund von Drei-Jahres-Fristen bereits zu verjähren“, sagt Taudes. Außerdem könnte das Warten auf ein Urteil in einer höheren Instanz durchaus ins Leere gehen: In der Branche wäre nämlich niemand verwundert, würde die beklagte Bank dem Unternehmer einen Vergleich anbieten. Dann könnten Kreditinstitute mangels höchstgerichtlicher Beurteilung der Causa Rückforderungsansprüche von Unternehmenskunden weiterhin ohne großes Aufsehen dahinverjähren lassen.