Emissionseinsparung : Wir müssen die Energiewende nur wollen

Eine Studie der TU Wien analysiert erstmals Strom, Wärme und Mobilität in Deutschland und Österreich gemeinsam. Bis 2050 können wir demnach einen Großteil der CO2-Emissionen einsparen, selbst ohne großen Speicherausbau. Berechnet wurde, durch welche Maßnahmen Deutschland und Österreich bis 2050 zwischen 76 und 90 Prozent ihres CO2-Ausstoßes in den Bereichen Elektrizität, Wärme und PKW-Verkehr einsparen könnten. Alle Szenarien gehen dabei von einem drastischen Ausbau von Windenergie und Photovoltaik aus. Eine Erweiterung der Speichermöglichkeiten (etwa die Errichtung neuer Pumpspeicherkraftwerke) ist dabei gar nicht zwingend nötig, würde aber die Stromkosten reduzieren. Im optimalen Fall würden die Stromgestehungskosten bloß um wenige Cent pro Kilowattstunde ansteigen.

Herausforderung ist der Ausbau, nicht die Speicherung

"Die Speicherung von Energie wird oft als großes ungelöstes Problem der Energiewende dargestellt, weil Wind und Sonne nicht immer Energie liefern“, sagt Gerhard Totschnig vom der Energy Economics Group der TU Wien. „Die Simulation zeigt aber, dass dies nicht stimmt. Auch ohne Speicherausbau können die CO2 Emissionen in Österreich und Deutschland um 80 Prozent reduziert werden." Ein optimierter Speicherausbau reduziert die ungenützten Wind- und Photovoltaik-Überschüsse, steigert die Effizienz des Einsatzes der thermischen Kraftwerke und senkt daher die Stromkosten um einige Prozent.

Die eigentliche Herausforderung ist demnach nicht das Speichern, sondern der erforderliche hohe Ausbau an Windenergie und Photovoltaik, kombiniert mit einer Verbesserung der Energieeffizienz. Österreich sei laut TU Wien dabei aufgrund des hohen Anteils an Wasserkraftwerken und wegen der hohen Kapazität an Pumpspeicherkraftwerken in einer besonders guten Situation, doch auch in Deutschland seien drastische Einsparungen des CO2-Ausstoßes machbar. "Eine Besonderheit unserer Studie ist, dass wir Strom, Wärme und Elektromobilität als Gesamtsystem betrachten, und Synergien und Wettbewerb zwischen den Sektoren analysieren können", sagt Projektleiter Gerard Totschnig. "Außerdem haben wir die Simulationen im Stundentakt für ein ganzes Jahr berechnet". So kann auch berücksichtigt werden, dass Kraftwerke für das Hochfahren oder Herunterfahren eine gewisse Zeit brauchen und Startkosten haben. Durch eine genaue Simulation von Energiebedarf, Angebot und Preis lässt sich berechnen, welche Maßnahmen unter welchen Bedingungen wirtschaftlich sind, und welche sich wohl nicht am Markt durchsetzen werden.

Strom, Wärme, Elektroautos

In den Modellrechnungen wurden verschiedene Maßnahmen auf unterschiedliche Weise miteinander kombiniert: Eine Möglichkeit ist, erneuerbare Energie mit den bereits bestehenden Speichermöglichkeiten in unser Energiesystem zu integrieren. Wenn Produktionsspitzen auftreten, die nicht gespeichert werden können, bleiben die Überschüsse ungenutzt, dafür sind bei dieser Variante die Investitionskosten am geringsten. Eine zweite Option ist das Errichten neuer Speicher. Geprüft wurden außerdem Druckluftspeicher, Power-to-Gas- und "Power to Heat"-Anlagen. Nicht zuletzt könnte auch die Elektromobilität eine wichtige Rolle spielen. Elektroautos könnten dann geladen werden, wenn mehr Strom zur Verfügung steht als anderswo benötigt wird.

Politischer Wille

Die Energiewende sei also in erster Linie eine Frage des politischen Willens, so die TU. Auch ihre Auswirkungen auf die Stromkosten würden dabei von politischen Entscheidungen abhängen: "Derzeit liegen die Kosten für Privatkunden bei 17 bis 18 Cent pro Kilowattstunde, doch ein großer Teil davon entfällt auf Steuern und Netzgebühren", erklärt Gerhard Totschnig. "Nach unseren Berechnungen würde die Kilowattstunde Stromerzeugung durch die CO2-Einsparungen bloß um etwa fünf Cent teurer werden. Nicht inkludiert sind hier aber die Kosten eines Netzausbaus."