Standort Österreich : Wifo: Produktion von Sachgütern um fast sieben Prozent gesunken

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© Peter Martens

Österreichs Wirtschaft ist wegen der Coronakrise im ersten Quartal noch etwas stärker geschrumpft als bisher angenommen. Der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betrug im Jahresabstand real 2,9 Prozent, gab das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) bekannt. Bei der ersten Schätzung vor einem Monat war man von minus 2,7 Prozent ausgegangen.

In der schon 2019 schwachen Industrie verstärkten sich im März die Produktionsausfälle, die Wertschöpfung der Sachgütererzeugung sank im ersten Quartal um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bauwirtschaft schrumpfte dank der warmen Witterung nur um 0,7 Prozent.

Die Investitionstätigkeit sank wegen der gestiegenen Unsicherheit im ersten Quartal - um 6,1 Prozent bei Ausrüstungsinvestitionen und um 1,0 Prozent bei den Bauinvestitionen. Insgesamt gingen die Bruttoanlageinvestitionen binnen Jahresfrist um 2,5 Prozent zurück.

Im Sektor "Bergbau, Herstellung von Waren, Energie- und Wasserversorgung, Abfallentsorgung" betrug der Rückgang nach neuer Rechnung 6,0 Prozent, in der Schnellschätzung ging man von 5,7 Prozent Minus aus. Stabilisierend wirkten dagegen die Bereiche "Information und Kommunikation, Kredit- und Versicherungswesen, Grundstücks- und Wohnungswesen" (+2,0 Prozent) sowie die öffentliche Verwaltung (+0,5 Prozent).

Der Blick in die anderen Sektoren

Stärker als zuletzt gedacht war vor allem die Abschwächung der Konsumausgaben der Privathaushalte, die 4,3 Prozent statt 3,6 Prozent ausmachte - womit sich auch der Einzelhandel noch mehr abschwächte. Der Außenhandel sackte von Jänner bis März ebenfalls stärker ab: Exporte und Importe gaben binnen Jahresfrist um 4,2 bzw. 4,9 Prozent nach, Ende April war man noch von 3,9 bzw. 4,4 Prozent Rückgang ausgegangen.

Am stärksten war das Minus freilich in den Bereichen Sport-, Kultur- und Unterhaltungseinrichtungen sowie persönliche Dienstleistungen (etwa Frisöre) mit unverändert 8,1 Prozent sowie im großen Bereich "Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie" mit weiterhin 7,3 Prozent.

Einbrüche deutlich stärker als in der Finanzkrise 2008

Der Wachstumseinbruch in der gegenwärtigen Coronakrise sei "deutlich kräftiger" als zum Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise im Spätherbst 2008, betonte das Wifo in einer Aussendung: "Ein BIP-Rückgang dieser Größenordnung ist zu Beginn einer Krise in Friedenszeiten außergewöhnlich."

Auch im Euroraum und der EU waren die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der Maßnahmen massiv, erinnert das Wifo. Im ersten Quartal sank das saisonbereinigte BIP in der Eurozone und in der EU laut Eurostat-Berechnungen von Mitte Mai um 3,8 bzw. 3,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal, heute um 11 Uhr kommt dazu vom EU-Statistikamt das Update. Das österreichische BIP im ersten Quartal schwächte sich laut Wifo gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 2,6 Prozent ab.

Österreich hat Mitte März massive Einschränkungen verhängt

Durch die ab Mitte März in Österreich getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben vor allem die konsumnahen Handels- und Dienstleistungsbereiche "massive Einbußen" verzeichnet, so das Wifo. Im Tourismus führten das vorzeitige Ende der Wintersaison und die Betriebsschließungen zu Erlösausfällen.

Im Einzelhandel kam es zwar in der Grundversorgung (etwa Lebensmittelhandel) zu einer erhöhten Geschäftstätigkeit, dies konnte aber die Ausfälle anderer Bereiche (z.B. Bekleidung, Schuhe) nicht ausgleichen. Somit war der große Bereich mit Handel, Verkehr, Beherbergung und Gastronomie angesichts seines Minus von 7,3 Prozent im Jahresabstand laut Wifo letztlich mit 1,5 Prozentpunkten Minus für mehr als die Hälfte des gesamten BIP-Rückgangs im ersten Quartal verantwortlich.

Für 26. Juni ist die nächste vierteljährliche Konjunkturprognose von Wifo und dem Institut für Höhere Studien (IHS) geplant, die Wifo-Schnellschätzung für das BIP im 2. Quartal für 30. Juli. Im Zeitraum April bis Juni wird das BIP noch viel stärker einbrechen. (apa/red)