Kryptowährungen : Wie zwei Ether-Schürfer jetzt die Industrie beraten

Eine verschneite Autobahnrastation an einem Dezembertag 2016: Wer hier Deals besiegelt, nüchternes Tankstellenambiente den Annehmlichkeiten eines Büros vorzieht, hat es eilig. Und Zeit haben die Herren, die jetzt dem Auto entsteigen, tatsächlich nicht im Überfluss: Im Turbinenraum, den die beiden/drei Gründer des Kryptowährungsherstellers Bittex in einem Kleinwasserkraftwerk in der Traunviertler Gemeinde Pettenbach angemietet haben, stößt man an die Kapazitätsgrenzen: Mehr als das Äquivalent von 50 Minern sind hier in der höchsten Ausbaustufe nicht zu realisieren. Die Suche nach einem neuen Standort läuft seit Monaten auf Hochtouren. Noch zu klären: Die Frage der Rechenleistung. Deshalb das Treffen mit einem Vertriebsmann des US-Chipherstellers AMD. Rasch wurde man an dem Taghandelseins. "Zunächst aber überwog beim Lieferant die Überraschung", erinnert sich Christian Dressler, zuständig für die Entwicklung der Bittex-Geschäftsfelder wie dem Verkauf so genannter Managed Hosting-Pakete zum Fixpreis. Nicht jeden Tag ordern Geschäftspartner mit einem Schlag mal 6000 Grafikkarten.

Fünf Millionen Euro eingesammelt

Seit dem Frühjahr sind diese 6000 Karten in einem Datenzentrum nahe der Bittex-Zentrale im oberösterreichischen Leonding - genauer Ort geheim - installiert. Zum Leidwesen der Gamer - die anziehende Nachfrage nach Spezialkarten verknappt das Angebot am Gaming-Sektor. Das nötige Kleingeld für die Investition - Bezahlung der Grafikkarten im voraus war Lieferbedingung - holte man sich per Kapitalmarktprospekt: 675 Investoren und Kunden brachten binnen acht Wochen fast fünf Millionen Euro in das Unternehmen ein. Sie besitzen nun Mining-Pakete - ein Anlage- und Spekulationsobjekt wie Währungen, Immobilien oder Gold - und sind per Genussrechten bis zum Jahr 2022 am Unternehmenserfolg beteiligt. Die Zeichen für satte Gewinne stehen gut. Seit Jahresbeginn hat etwa Ether seinen Wert vervielfacht (derzeit: rund 335 Dollar), ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Eine Entwicklung, die die Bittex-Gründer Daniel Hattmannsdorfer und Simon Ehrenmüller, zwei Kumpel seit Jugendtagen, kommen sahen?

Business Modell für zwei Tüftler

"Sie haben schon immer gern Neues ausprobiert", sagt Christian Dressler. Irgendwann ließ sie das Thema Kryptowährungen nicht mehr los. Ihr Werdegang lässt das nicht unbedingt vermuten. Hattmannsdorfer absolvierte eine Ausbildung zum Kommmunikationstechniker, Ehrenmüller ist gelernter Tischler und Schlosser. Dressler, ausgebildeter Betriebswirt, stieß zwei Monate nach der Gründung ins Unternehmen. Er griff den beiden bei der Erstellung eines Business Modelles unter die Arme. "Wir wollten nicht den Weg so vieler Miner gehen, die von Steueroasen wie Hongkong aus ihr Geschäft verfolgen", gibt sich Dressler standorttreu. Abgesehen von kleineren Spitzen unter Konkurrenten ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in der Branche aber offenbar groß. Jenen Spezialist, der die Grafikkarten der Oberösterreicher hinsichtlich Energieeffizienz optimierte, wurde ganz nonchalant in einem Forum zur Mitarbeit bewegt. Begründung für die unverkrampfte Art vieler: "Der Kuchen ist noch sehr groß", so Christian Dressler.

Abwärme sucht Nutzer

Kosteneffizienz ist freilich ein Thema. Mit einigen Kniffen behilft man sich schon bisher um effizienten Betrieb. In der Höhe von beinah neun Gigawattstunden liegt der jährliche Stromverbrauch im Datenzentrum der Oberösterreicher. Nutzten die Ether-Schürfer am ersten Standort in Pettenbach überschüssig produzierten Strom der Turbinen, setzt man am Standort Leonding auf Wärmetauscher. " Es laufen bereits Gespräche mit Interessenten, die unsere Abwärme nutzen wollen", heißt es im Unternehmen. Und man will die Industrie hinsichtlich der Potentiale der Blockchain-Technologie beraten. Das Consulting-Geschäft - zu den ersten Projektpartnern zählt ein Energiedienstleister - soll bis Jahresende wachsen.