Finanzmanagement : Wenn der Ton rauer wird

Was Peter Denk (Name von der Redaktion geändert) widerfuhr, kommt in den besten Familien vor: Er war gerade zweieinhalb Monate kaufmännischer Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in der Baubranche – und es hätte sein dritter Termin mit dem Kundenbetreuer der Bank werden sollen, als dieser ihn informierte, dass er eigentlich gar nicht mehr zuständig wäre. „Wir bekamen es mit einem Sanierungsmanager zu tun. Den interessierten nur mehr die blanken Zahlen und der Ton wurde merklich direkter.“

Wenn Banken ihre Kunden vom Kredit- ins Sanierungsmanagement überleiten, ist das nicht gleichbedeutend mit Insolvenz oder dem wirtschaftlichen Aus – führt aber trotzdem bei den Betroffenen oft zu Irritation und Unsicherheit. Entscheidende Maßzahl, ob ein Unternehmen „normal“, „intensiv“ oder in der Sanierung betreut wird, ist das interne Rating der Bank. „Banken erstellen ein Hardfacts-Rating aus der Bilanz heraus“, erklärt Peter Kottbauer, Leiter der Abteilung Corporate und International Finance bei der Oberbank. Erreicht das Rating eine definierte Schwelle, wird der Kunde an die Sanierungsabteilung übergeben.

"Zu allem bereit"

Damit bekommt der Firmenkunde in der Oberbank einen zusätzlichen Ansprechpartner, der in Zusammenarbeit mit dem ursprünglichen Firmenkundenberater und dem Risk Manager die Kundenbeziehung federführend betreut. In anderen Banken ist auch die alleinige Betreuung durch das Sanierungsmanagement üblich. Ziel dieser Maßnahme, so Kottbauer, „ist immer die Sanierung des Kunden. Wenn die Probleme lösbar sind, sind wir zu allem bereit.“

Besichert wird geholfen. Unbesichert nicht. Das sieht Stephan Potz, Insolvenzanwalt aus Wien, etwas differenzierter: „Meiner Erfahrung nach hängt die Bereitschaft der Banken zur Sanierung eines Unternehmens mit der Situation der Besicherung der ausstehenden Kredite zusammen. Besteht eine gute Besicherung, etwa in Form von Hypotheken, versuchen sie zu helfen, andernfalls wird die Zusammenarbeit problematisch, vor allem wenn substanzielle Forderungsausfälle drohen.“

Aus der Sicht des Anwalts kalkulieren die Banken dann relativ kühl. Sie wägen ihre potenziellen Verluste im Insolvenzfall mit Ausfällen im Rahmen einer Sanierung ab. Verspricht die Insolvenz einen geringeren Verlust, so wird das Unternehmen zerschlagen. Jedenfalls ist es nicht unüblich, bei Forderungsausfällen sehr rigide Maßnahmen zu setzen, wie etwa ein Eingriff in die Geschäftsführung oder ein von der Bank festgelegter Sanierungsplan.

Hier besteht laut Potz ein großer Unterschied zu anderen Gläubigern – etwa dem Finanzamt, öffentlichen Einrichtungen oder Energieversorgern: „Da werden Ausfälle eher akzeptiert als bei Banken. Kreditinstitute gehen mit Schuldnern weitaus strenger um.“

Wahrnehmungsverzerrung

Einer Meinung sind Potz und Kottbauer, wenn es um das Selbstbild im Management kriselnder Unternehmen geht. Während von außen die Schieflage schon deutlich erkennbar ist, wird sie intern häufig noch lange negiert. „Die ersten Liquiditätsprobleme werden dann mit der ‚Loch-auf- Loch-zu-Taktik‘ kaschiert“, erklärt Potz. Für Kottbauer ist der Zeitaspekt maßgeblich: „Je früher eine Krise erkannt wird, desto mehr kann man noch gegen- steuern. Die Unternehmen sollten die Bank hier als Partner sehen und mit offenen Karten spielen.“

Das beginnt mit einer gemeinsamen Lagebeurteilung, die je nach Schwere der Krise durch eine Liquiditätsplanung, ein Sanierungskonzept oder auch eine insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose zu ergänzen ist. Daraus werden die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet, Schritt für Schritt implementiert und durch den Sanierungsmanager überwacht.

Dies ist die Phase, in der ein Unternehmen ernsthaft über externe Begleitung nachdenken sollte – in Form eines Unternehmensberaters, Anwalts oder Interimmanagers. Vor allem für die Fortbestehensprognose gilt, dass mit dem Nichtbeiziehen externer Berater die Geschäftsführung ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Der Fortbestand des Unternehmens muss für einen sachkundigen Dritten nachvollziehbar sein und ist auf diese Weise zu dokumentieren.

Externer Berater kann helfen

Die abgeleiteten Sanierungsmaßnahmen verteilen sich auf Unternehmen und Bank. Aufseiten des Unternehmens sind Restrukturierungen, Neupositionierungen und Einsparungen denkbar. Auch die Bank kann auf eine breite Palette von Maßnahmen zurückgreifen, die vom Aussetzen der Tilgungsraten über einen Forderungsverzicht bis hin zu einem Debt Equity Swap reichen. „In jedem Fall ist Kooperation seitens des Unternehmens wichtig“, meint Kottbauer. „Auch wir setzen unsere Maßnahmen in Absprache mit dem Kunden. Wir versuchen bei der Geschäftsführung immer Problembewusstsein zu schaffen.“ Was die Gründe für erforderliche Sanierungsmaßnahmen betrifft, hat er eine ganz eindeutige Meinung: „90 Prozent der Krisen sind auf Managementfehler zurückzuführen.“

Auch diese Aussage will der Jurist Potz nicht so unhinterfragt stehen lassen. Natürlich würden im Management Fehler passieren, aber eine Insolvenzvoraussetzung wäre die Zahlungsunfähigkeit, „und das hat die Bank durch die Möglichkeit der Prolongation oder Nichtprolongation ihrer Kreditlinien schon weitgehend in der Hand und kann das steuern.“ Für Peter Denk, den kaufmännischen Geschäftsführer des Bauunternehmens, fiel die zeitliche Steuerung eher kurz aus. „Ich hatte den Eindruck, man wollte das Portfolio bereinigen“, sagt Denk. Wenige Wochen nach der ersten Liquiditätsstockung kam das Aus, obwohl die Eigentümer bereit waren, beträchtliche Nachschüsse zu tätigen. Der Schaden für die Bank war durch die Verwertung der firmeneigenen Immobilien überschaubar.