Kopf des Monats : Was treibt Sie an .... Herr Biedermann?

Er bevorzugt Gegenstände, die eine Geschichte haben. Geodreiecke zum Beispiel. Jeder kennt sie aus dem Mathematikunterricht, ihre Funktion ist als Vermessungsgerät klar definiert. Gehen diese schnöden, allseits bekannten Hilfsmittel nun in einem Kunstwerk auf, sorgt das für Verblüffung. „Die Geodreiecke eröffnen die Möglichkeit, Raum zu kontrollieren – was zwar mathematisch möglich ist, aber physisch an gewisse Grenzen stößt. Die Geodreieckarbeiten enden ständig in einem unvorhersehbaren Chaos“, sagt Friedrich Biedermann. Um das zu veranschaulichen, hat der Medienkünstler eine verschaltete Konstruktion aus mehreren hundert der Zeichengeräte entworfen. Aber die Skulptur, die derzeit in seinem Atelier in Wien zu sehen ist, stellt eigentlich nur einen Entwurf dar. Zusammen mit der Herstellerfirma Aristo will er eine 2,30 Meter hohe Installation erschaffen, die dann auf dem Firmengelände platziert werden soll.
Angewandt. „Was mich antreibt, ist Kooperationspartner für meine Ideen zu finden“, sagt Biedermann. Der Sohn eines Elektrotechnik-Unternehmers aus Hopfgarten entschied sich für die Kunst, als er ein Jugendlicher war. Die Anfänge waren spielerisch, über Materialien, die er im elterlichen Betrieb fand: Plexiglas, Aluminium, Licht. Mit 19 Jahren zog er nach Wien, um an der Universität für angewandte Kunst zu studieren. Nach einer sechsjährigen Lehrtätigkeit kehrte er dem Hochschulbetrieb den Rücken, um sich auf seine Produktionen konzentrieren zu können. Seine Wohnung in Wien ist Lebens- und Arbeitsstätte zugleich. Hier entwickelt er seine Ideen, die er dann den Unternehmen näherbringen will.
Kooperation. Sein jüngstes Projekt heißt „Displacer“. Es zeigt sich in der Rohversion als ein sich der Decke entgegenstreckendes Bündel aus Glasfaserkabeln. In der Medizin verwendet man dieses Material, um Bilder aus dem Inneren des Körpers zu erhalten. „Ich kehre die Funktion der Glasfaserkabel nun bewusst um, indem ich sie nicht dazu verwende, Bilder zu erhalten, sondern indem ich eine Apparatur geschaffen habe, die ihrerseits in die Räume eindringt, um dort Bilder zu verteilen“, sagt Biedermann. Das Thema interessierte auch den Vorarlberger Lichthersteller Zumtobel – und er beauftragte den Medienkünstler mit der Umsetzung im Raum. Da bei vielen Aufträgen eine technische Weiterentwicklung des Materials erforderlich ist, arbeitet Biedermann oft über Monate eng mit dem jeweiligen Auftraggeber zusammen. Ein Unternehmer sei er deswegen noch lange nicht. „Es geht mir immer um die Verwirklichung einer Vision“, sagt er und rückt seine dunkle Hornbrille zurecht.
Ventilator. Die „Spacelenses“ präsentieren sich als eine mannshohe Vorrichtung, auf der 60 silberfarbene Ventilatoren befestigt sind. Sie bilden eine Windmaschine, die für eine gehörige Geräuschkulisse sorgt. Die Projektion von Videomaterial auf diese Installation führt nun zu beeindruckenden Licht- und Schattenspielen. „Ein Rechtsanwalt war so begeistert, dass er die Installation für sein Büro erwarb“, erzählt Biedermann. Samt Einschaltknopf am Schreibtisch, um sich der Kraft der Windmaschine im richtigen Moment bei Besprechungen bedienen zu können. Die Möglichkeiten von Kunst sind eben mannigfaltig.