Produktion : Was der Grexit für Produktions-Unternehmen bedeutet

Griechenland
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Sollen Unternehmen bei einem Grexit Warenpreise erhöhen oder senken? Die Produktionskapazitäten ausweiten oder einschränken? Wie sollen Vorstände und Geschäftsführer reagieren, wenn als Reaktion den Euro-Ausstieg Wechselkurse oder Rohstoff- und Energiepreise stark schwanken? Schnelle Reaktion spart in der Wirtschaft oft viel Geld, deshalb stellen Forscher des Hasso-Platter-Instituts (HPI) als Antwort auf solche Fragen auf der Computermesse Cebit eine neuartige Finanz-Simulationssoftware vor, die es Managern erlaubt, den kompletten Produktionsprozess ihres Unternehmens in Echtzeit zu analysieren. Damit ließen sich "blitzschnell" verlässliche Aussagen zur Gewinn-und-Verlust-Rechnung, zu Produktkosten und Margen sowie Prognosen treffen. Entscheider könnten so ohne Zeitverlust auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, verspricht das Institut.

"Derzeit dauert es in vielen Unternehmen noch bis zu zwei Wochen, bis die IT-Abteilung alle eigenen Daten zusammengetragen hat, auf deren Grundlage es überhaupt möglich wird, zu handeln", erklärt HPI-Projektleiter Matthias Uflacker. Sein fünfköpfiges Forscherteam hat den Business Simulator in nur drei Monaten entwickelt. Es liefert für jedes Unternehmen - unabhängig von Branche und Produktgruppe - präzise Analysen für klar umrissene Fragestellungen. "Derzeit liegen viele Daten dezentral in verschiedenen Systemen in unterschiedlichen Betriebsteilen. Diesen Zustand ändert unsere Software. Alle Finanzdaten laufen nun im Business Simulator zentral zusammen", sagt Uflacker. Der Ist-Zustand des Unternehmens sei so nun in Echtzeit darstellbar.

"Blitzschneller Rundumblick mit Tiefgang"

Zusätzlich ließen sich präzise Prognosen und Szenarien berechnen, wie schwankende Kennwerte wie Energie- und Rohstoffpreise sich auf die eigene Produktion und letztlich den Gewinn auswirken. "Blitzschneller Rundumblick mit Tiefgang", nennt Uflacker das.

Bisher haben die Forscher, um die Software zu erproben, Daten eines Backwarenanbieters genutzt und sich gefragt, wie Lebensmittelgeschäfte so mit Teigrohlingen beliefert werden können, dass möglichst wenig Ware am Ende eines Verkaufstages vernichtet werden muss. Das System fütterten die Forscher mit vier Milliarden Point of Sales-Daten, die deutschlandweit in Filialen einer Einzelhandelskette anfielen. Dafür musste auch das Forschungslabor mit einem neuen Hochleistungsrechner mit 240 Prozessoren und 12 Terabyte Arbeitsspeicherkapazität aufgerüstet werden.

Präzisere Unternehmenssteuerung

Damit konnten schließlich auch "blitzschnelle Antworten" auf Fragen wie "Welche Produkte werden wo bei welchem Wetter zu welcher Zeit und in Zusammenhang mit welchen Ereignissen verkauft?" "Was kauft jemand, der sich freitagnachmittags eine Tüte Chips in den Einkaufswagen legt, sonst noch ein?" gefunden werden. "Diese gezielten Analysen bedeuten für Unternehmen bares Geld, denn sie liefern in rasanter Geschwindigkeit Antworten auf sehr flexible Fragestellungen", betont Uflacker. Unternehmen könnten so präziser gesteuert werden.

Das Banknoten-Szenario

Diese Frage lässt sich allerdings mit keiner Software beantworten: Was geschieht mit der griechischen Banknotendruckerei? Diese Frage stellte sich auch unsere Schwesternpublikation 4C, denn viele der Zehn-Euro-Scheine werden derzeit in der Banknotendruckerei der griechischen Nationalbank in Holargos produziert. Ob das so bleiben kann, wenn Griechenland tatsächlich aus der Eurozone austräte, ist fraglich.

Würde die Nationalbank in Athen nicht mehr Teil der Eurozone sein, würde es mittelfristig wohl auch zu Umschichtungen in der europäischen Auftragsverteilung für den Banknotendruck und einem Verlust der Produktion für Griechenland kommen. Die Banknotendruckerei in Holargos würde sich dann wahrscheinlich vornehmlich dem Druck der Drachme widmen müssen. Es würde wohl mehrere Monate dauern, bis genügend Banknoten zur Verfügung stehen würden.