Wirtschaftskriminalität : VW-Untreueprozess: Gehälter und Boni in "minutiöser" Arbeit festgelegt

Der frühere VW-Personalvorstand Horst Neumann hat im Untreueprozess die Gehälter und Boni für leitende Betriebsräte verteidigt. Die Festlegung der Vergütung sei ein "minutiöser" Prozess gewesen, in dem viel Mühe gesteckt habe, sagte Neumann im Landgericht Braunschweig. "Ich weiß, dass die Meinung unserer Konzernjuristen war, dass alles in Ordnung war, was wir gemacht haben", sagte Neumann, der bis 2015 VW-Personalchef war.

Der 72-Jährige ist neben seinem Nachfolger im Amt, Karlheinz Blessing, und zwei weiteren Personalmanagern wegen mutmaßlich überhöhter Bezahlung führender Betriebsräte angeklagt. Sie sollen nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft überzogene Gehälter für die Belegschaftsvertreter abgesegnet haben. Der Vorwurf lautet Untreue, aus der dem Unternehmen ein Schaden von mehr als 5 Millionen Euro entstanden sein soll.

Die angeklagten Volkswagen-Manager haben die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft scharf zurückgewiesen. „Ich bin nicht im Ansatz davon ausgegangen, ich könnte Herrn Osterloh und andere unrechtmäßig begünstigen“, sagte Ex-Konzernpersonalchef Karlheinz Blessing beim ersten Verhandlungstermin am Dienstag vor dem Braunschweiger Landgericht, berichtet das Handelsblatt.

Der langjährige frühere Leiter der VW-Belegschaftsvertretung, Bernd Osterloh, sowie vier weitere hohe Betriebsräte sollen nach Überzeugung der Ankläger zwischen 2011 und 2016 überzogene Vergütungen und Boni erhalten haben – angeblich rechtswidrig, aber bewusst so abgesegnet von der Unternehmensführung.

Unrechtmäßige Bonuszahlungen

Volkswagen zahlte die vor einigen Jahren wegen des Abgasskandals auf Eis gelegten Boni an die Konzernspitze aus. Im Mai 2019 sollen frühere und aktuelle Vorstandsmitglieder über vier Millionen Euro erhalten, sagte ein Sprecher des deutschen Autokonzerns damals auf Anfrage.

Die Bonus-Zahlungen fließen laut VW an fünf Manager: Ex-Konzernchef Matthias Müller kassierte gut 1,3 Mio. Euro, der frühere Einkaufschef Francisco Javier Garcia Sanz bekam rund 1,1 Millionen Euro. An Traton-Chef Andreas Renschler floss knapp eine Million Euro. Konzernchef Herbert Diess erhielt rund 540.000 Euro, Finanzchef Frank Witter rund 250.000 Euro.

Im April 2016 hatte sich die Führungsspitze von VW nach langem Ringen darauf geeinigt, dass 30 Prozent der variablen Bezüge einbehalten und so behandelt werden sollten, als wären es Aktien. Nach Ablauf von drei Jahren sollte geprüft werden, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat. Sollte dieser um ein Viertel über dem damaligen Niveau liegen, sollte das Geld ausbezahlt werden, liegt er darüber, gibt es sogar mehr Geld - genau das ist jetzt passiert. Nach VW-Angaben liegt der ausbezahlte Betrag bei 111,72 Prozent der ursprünglichen Summe.

Unverständnis in der Öffentlichkeit

Angesichts der niedrigen Zinsen erwies sich dieses Modell für die Manager gewissermaßen als Geldanlage. Quer durch die Politik und bei Gewerkschaften stieß die Vorgehensweise damals auf Unverständnis. Der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble griff die Konzernspitze im Mai 2016 scharf an: "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn man ein großes DAX-Unternehmen erst in eine existenzbedrohende Krise führt und dann in einer öffentlichen Debatte die eigenen Boni verteidigt." Die Bewältigung des Skandals um Millionen manipulierte Dieselmotoren hat VW inzwischen einige Milliarden Euro gekostet. (apa/red)

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