Suzuki-Trennung : VW-Chef Winterkorn trauert verlorenen Jahren nach

Positiv an den fünf Jahren mit Suzuki ist, dass der Wert der 2010 gekauften Aktien sich auf rund 3,4 Mrd. Euro fast verdoppelt hat. Gleichzeitig hat VW aber fünf Jahre verloren, um ein Billig-Auto für Schwellenländer zu entwickeln. Schadensersatzansprüche, die das Londoner Schiedsgericht dem Konzern wegen Vertragsbrüchen von Suzuki eingeräumt hat, spielen dagegen wohl eine untergeordnete Rolle. "Es kommt nicht darauf an, ob VW am Ende noch zehn oder 20 Millionen Euro von Suzuki bekommt", sagte Autoexperte Frank Schwope von der NordLB.

Eine Baustelle weniger

Freuen kann sich Winterkorn darüber, dass er mit Suzuki eine seiner vielen Baustellen schließen kann. Denn bei Volkswagen kriselt es an mehreren Stellen. Seit kurzem läuft es auch in China nicht mehr rund, das lange eine tragende Säule des vor Toyota inzwischen größten Autobauers der Welt war. In Brasilien und Russland befindet sich der Absatz schon seit einiger Zeit im Rückwärtsgang. In den USA zuckeln die Wolfsburger zudem wegen einer verfehlten Modellpolitik hinter der Konkurrenz hinterher.

Mit dem japanischen Kleinwagen- und Motorradspezialisten Suzuki wollte VW anfangs ein günstiges Auto für Schwellenländer entwickeln und erhoffte sich davon Zugang zum wichtigen indischen Markt, wo Suzuki mit seiner Beteiligung Maruti stark ist. Ein solches Billigauto mussten die Niedersachsen jedoch aufwendig selbst entwickeln, weil die Partnerschaft in die Brüche ging. Es soll 2018 zunächst in China an den Start gehen und könnte später in anderen Schwellenländern angeboten werden. Währenddessen verstreicht nach Meinung von Experten jedoch weitere wertvolle Zeit, während der andere wie der französische Konkurrent Renault mit seiner Billigtochter Dacia das Geschäft machen.

VW soll Billigauto nun alleine bauen

VW werde den Bau eines Billigwagens nun verstärkt angehen, hofft Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg. Die nötige Finanzkraft habe der Konzern, um dies auch alleine zu tun. In der Vergangenheit seien die Wolfsburger beim Erkennen neuer Trends oft nicht schnell genug gewesen, bemängelt der Autoanalyst. Schwope hält es für erforderlich, dass VW sein Baukastenprinzip auch bei einem Einfachstwagen einsetzt. "Eine Billigplattform ist zwingend geboten, wenn man ein konkurrenzfähiges Auto bauen will, mit dem man auch noch Geld verdient." Ein solches Fahrzeug sollte neben China und Indien auch in Südamerika und perspektivisch in Afrika auf den Markt gebracht werden.

Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler glaubt, dass sich VW dafür auch mit dem indischen Autobauer Tata Motors zusammentun könnte. Der größte indische Autobauer baut das mit umgerechnet knapp 3.000 Euro billigste Auto der Welt, den "Nano". Allerdings dümpeln die Verkaufszahlen vor sich hin. Gewinne fährt der Konzern vor allem mit seinen Luxusautos der Marken Jaguar und Land Rover ein. Wahrscheinlicher sei jedoch, dass VW das Billigauto selbst baue. Den Erlös aus Anteilsverkäufen von Suzuki und LeasePlan könne auch zusammen mit weiteren Geldern in die Übernahme einer Lkw-Marke in den USA stecken, meint Pieper. Dort haben die Wolfsburger nach Meinung vieler Experten auch im Lkw-Geschäft noch Nachholbedarf.

Neue Strategie für den Konzern

Winterkorn feilt derzeit an einer neuen Strategie für den Konzern, die der Aufsichtsrat Ende September absegnen soll. Insidern zufolge soll das Autoimperium mit seinen insgesamt zwölf Marken in vier Einheiten zusammengefasst werden. Die Gruppen sollen künftig unabhängiger von der Zentrale über die Modellpolitik in den Regionen entscheiden können. VW erhofft sich davon höhere Verkaufszahlen, wenn die Autos stärker dem lokalen Geschmack angepasst werden. Pieper schätzt, dass Winterkorns Pläne über eine reine Umorganisation hinausgehen und der Konzernchef auch ein Zeichen für eine neue Strategie im Billigsegment setzen könnte. (apa/Reuters)