Rechtstipp : Vorstandsverträge: Auflösung ohne wichtigen Grund
Nur ein Anspruch auf Schadenersatz. Der steht dem Vorstandsmitglied selbst im Fall einer Beendigung eines Vorstandsvertrags ohne wichtigen Grund zu (§ 75 AktG; OGH vom 29. 9. 2011, 8 Ob 134/10d). Die Organstellung eines Vorstandsmitglieds wird durch den körperschaftsrechtlichen Akt der Bestellung begründet. Davon zu unterscheiden ist die daneben bestehende schuldrechtliche Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied. Diese wird von § 75 Abs 4 AktG als Anstellungsvertrag bezeichnet. Die organschaftliche Bestellung zum Vorstandsmitglied kann vom Aufsichtsrat bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden. Ein derartiger Widerruf ist wirksam, solange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden wurde. Der Widerruf der Organstellung berührt jedoch Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag nicht. Der Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied bewirkt für sich allein auch nicht die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrags des Vorstands. Der Vorstandsvertrag kann sowohl von der Gesellschaft als auch vom Vorstandsmitglied jederzeit einseitig aus wichtigem Grund gelöst werden. Der OGH sprach jedoch aus, dass derartige vorzeitige Auflösungserklärungen in Bezug auf den Vorstandsvertrag selbst dann Lösungswirkung haben, wenn ein wichtiger Grund fehlt. Eine auf solche Weise unberechtigte Auflösungserklärung löst dann aber jedenfalls Schadenersatzansprüche aus. Zusätzlich dazu besteht allerdings noch die Möglichkeit, dass der Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied auch als vorzeitige Erklärung der Auflösung des Vorstandsvertrags aufzufassen ist. Dies dann, wenn dem Vorstandsmitglied eine diesbezügliche Willenserklärung zugegangen ist und von diesem redlicherweise auch als Erklärung der (vorzeitigen) Auflösung des Vorstandsvertrags gedeutet werden musste. In der vom OGH entschiedenen Causa ging dem Vorstandsmitglied ein Schreiben der Gesellschaft zu, das u. a. folgenden Passus enthielt: „Mit Widerruf der Bestellung zum Vorstand der [Gesellschaft] endet auch der Vorstandsvertrag vom …“ Daraus ergab sich, dass der Aufsichtsrat dem Vorstandsmitglied nicht nur den Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied erklärt hatte, sondern gleichzeitig auch die Auflösung des Vorstandsvertrags mitgeteilt hatte. Durch eine derartige Auflösungserklärung wurde der Vorstandsvertrag des Klägers beendet, und zwar unabhängig davon, ob dafür ein rechtfertigender wichtiger Grund bestand oder nicht. Selbst im Fall einer unberechtigten vorzeitigen Beendigung des Vorstandsvertrags steht dem ehemaligen Vorstandsmitglied nur ein Anspruch auf Schadenersatz (Kündigungsentschädigung) zu. Für eine wie in diesem Fall begehrte Fortzahlung der Entgelte aus dem Vorstandsvertrag gibt es aufgrund der wirksamen Auflösungsvereinbarung keine Grundlage. Mag. Jakob Molzbichler ist Rechtsanwalt und Experte für Gesellschaftsrecht bei Fiebinger Polak Leon Rechtsanwälte.