Energieindustrie : Verbund: Einstieg bei Gas Connect Austria als strategische Entscheidung

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© Gas Connect Austria

Der Stromkonzern Verbund stärkt mit dem fixierten Kauf des Gasleitungsbetreibers Gas Connect Austria (GCA) vom bisherigen Mehrheitseigentümer OMV seine Wasserstoff-Strategie. Ab 2021 dient die GCA als Stabilisator der Erlöse im Portfolio, das wegen der Erneuerbaren Stromerzeugung immer volatiler wird, sagte der künftige Verbund-CEO, Vizegeneraldirektor Michael Strugl, im APA-Gespräch. Außerdem fungiert die GCA als Geldbringer bei Cashflow und EBITDA.

Vorteile auch bei der Sektorkopplung

Die Akquisition mache wirtschaftlich und strategisch sehr viel Sinn, betonte Strugl. Mit dem Erwerb der GCA erhalte der Verbund zusätzlich zu seinen Stromnetzen den Erdgastransporteur und werde in Österreich "der" Infrastrukturkonzern im Energiebereich. Außerdem sehe man mit der GCA für die Energiewende einen Vorteil bei der Sektorkopplung.

Mithilfe der GCA könne sich der Verbund als Player für "grünes Gas" positionieren. In Mellach in der Steiermark formiert der Stromkonzern bereits einen Innovations-Hub für Wasserstofftechnologie, ferner läuft mit dem Stahlkonzern voestalpine an dessen Hauptstandort Linz in Oberösterreich seit längerem unter Einbindung des Verbund ein Elektrolyse-Forschungsprojekt. In diese Richtung werde es weitere Aktivitäten des Stromkonzerns geben, so Strugl.

Zentrale Voraussetzung für Wasserstoffwirtschaft der Zukunft

Das Gastransportnetz sei für die Wasserstoffwirtschaft unabdingbar, denn Österreich werde seine künftigen Bedarfe nicht einmal im Industriebereich selbst abdecken können. Den heimischen Bedarf würden Experten auf knapp eine Million Tonnen jährlich schätzen, so etwa auf 0,75 bis eine Mio. t, aber "nicht vor 2030". Eine solche Menge werde man nicht zur Gänze mit Erneuerbarem-Strom in Österreich decken können. Auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene, etwa in Deutschland und Österreich, gebe es eine "ganz klare Absicht, etwa in Richtung Wasserstoffwirtschaft zu tun, zu fördern", zeigte sich Strugl erfreut. Dem Verbund biete das zusätzliche Opportunitäten, auch wenn das "noch Zukunftsmusik" sei.

Den Rahmen für Wasserstoff müsse die Politik festsetzen - die GCA erforsche jetzt schon, wie "grünes Gas" beigemischt werden könne. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) sehe für Wasserstoff künftig die Rolle als Commodity, also als Handelsgut. "Grünes Gas" aus Wasserstoff werde wohl dort gewonnen, wo am meisten Überschussstrom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung stehe. Bei Windkraft sei da etwa an Nordeuropa zu denken, bei Photovoltaik eher an den Süden, auch an Nordafrika. "Es wird ein zentrales Szenario geben, wo große Erzeugungsanlagen den grünen Wasserstoff erzeugen", der dann weitertransportiert wird, so Strugl, der Anfang 2021 als neuer Verbund-Chef auf Wolfgang Anzengruber nachfolgt.

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Details zum Deal

Der Verbund zahlt der OMV für die 51-Prozent-Mehrheit an der GCA 271 Mio. Euro. Auch übernimmt der Verbund die Verbindlichkeiten, die die GCA gegenüber der OMV hat - Ende 2019 waren das 165,9 Mio. Euro. Der genaue Betrag wird bei Finalisierung des Deals nach Vorliegen aller behördlichen Genehmigungen feststehen. Strugl erwartet das Closing fürs erste Halbjahr 2021, deshalb wirkt sich der Erwerb auch nicht auf die Guidance des börsennotierten Stromkonzerns für das heurige Jahr aus. Aus dem Kaufpreis ergeben sich 980 Mio. Euro Unternehmenswert für 100 Prozent einer schuldenfreien GCA. Bei der OMV reduziert die Transaktion die Verschuldung um über 570 Mio. Euro, hieß es.

An Free Cashflow rechnet Strugl von der künftigen Tochter GCA mit jährlich zumindest 20 Mio. Euro, die Bandbreite werde mit 20 bis 50 Mio. Euro pro Jahr erwartet. Zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) der GCA verwies er auf die knapp 130 Mio. Euro im Jahr 2019. Die Vollkonsolidierung erwarte man für das erste Halbjahr 2021.

Mitte März hatten OMV und Verbund mitgeteilt, dass sie über einen Mehrheitswechsel bei der GCA verhandeln. Mitte Juni erklärte der Verbund, dass man ein verbindliches Angebot lege. Für 49 Prozent der GCA hatte 2016 ein Konsortium aus dem italienischen Gasnetz-Betreiber SNAM und der deutschen Allianz Capital Partners 601 Mio. Euro bezahlt.

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Applaus von der ÖBAG

Die staatliche Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) begrüßt die Unterfertigung des Kaufvertrages zwischen ihren Portfoliounternehmen Verbund und OMV zur GCA. Strugl bescheinigte der ÖBAG heute, dass sie ihre Beteiligungen "hochprofessionell" manage - die Transaktion selbst sei ein Geschäft zwischen zwei Unternehmen, das ohne Einfluss der ÖBAG zustande gekommen sei. Die ÖBAG hält 31,5 Prozent an der OMV und managt den 51-Prozent-Anteil, den die Republik Österreich am Verbund hält. Verbund-Aufsichtsratschef ist ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid. (apa/red)

>> Hören Sie hier den Podcast mit Michael Strugl, der Anfang nächsten Jahres Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber nachfolgt. Er spricht darin u.a. über Wasserstoff als Zukunftstechnologie.