Fremdwährungen : Unwetter im Anzug

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Nicht jeder freut sich über das Ende der so genannten Eurokrise. Nicht einmal in Europa. Denn dass etwa Irland und Portugal den Euro-Rettungsschirm verlassen konnten und sich Griechenland wieder am freien Markt refinanzieren kann, schlägt natürlich postwendend in einer steigenden Euronotierung nieder. „Die Exportunternehmen bekommen jetzt wieder Gegenwind“, sagt Christoph Weil, Analyst der Commerzbank.

Doch es ist nicht nur der launische Devisenmarkt alleine, der die Kaufkraftrelationen im Exportgeschäft durcheinanderwürfelt. Immer mehr Staaten greifen im Außenhandel mit gezielten Abwertungsmaßnahmen der Heimwährung unter die Arme. Nach erfolgreichen Marktinterventionen der Schweiz und Japans befindet sich auch die tschechische Krone seit über einem halben Jahr in einer künstlichen Schwächephase. „Wir haben uns ein Währungsziel von 27 Kronen je Euro gesteckt und werden diesen Mindestwert mit allen Mitteln verteidigen“, sagt Miroslav Singer, Gouverneur der tschechischen Nationalbank. Bisher, so scheint es, wirken die martialischen Worte.

Analyse schwierig

Nur äußerst knapp war der Euro vor einigen Wochen beim Versuch, die Marke zum US-Dollar von 1,40 nach oben zu durchbrechen, gescheitert. Seit Juni 2013 legte die wieder erstarkte Einheitswährung aber immerhin fast 7 Prozent gegenüber dem Greenback in der Spitze zu. Noch deutlichere Währungsgewinne gab es gegenüber dem japanischen Yen (10 Prozent), dem russischen Rubel (18 Prozent) und der türkischen Lira (22 Prozent). Politische Unsicherheiten, konjunkturelle Fragezeichen und regionale Notenbankinterventionen machen die Arbeit für Währungsanalysten derzeit besonders schwierig. INDUSTRIEMAGAZIN hat die Devisenprognosen der sieben wichtigsten heimischen Geschäftsbanken ausgewertet und die Währungen mit besonders hohem Änderungsrisiko ermittelt.

Große Bandbreite

Eines gleich vorweg: Lediglich bei einer einzigen von elf durch das INDUSTRIEMAGAZIN abgefragten Währungen – dem chinesischen Renminbi – waren sich alle Analysten bei Mindestveränderung und Richtung in der Kursentwicklung gegenüber dem Euro einig. Die stärkste Diskrepanz besteht bei der Einschätzung des russischen Rubels. Hier beträgt die Bandbreite von der höchsten zur niedrigsten Schätzung auf Sicht der nächsten 12 Monate stolze 22,30 Prozent.

Während die deutschen Banker eine mittelfristige Aufwertung des Rubels durch das langsame Abflauen der ukrainischen Krise erwarten, sehen das UniCredit Bank und Raiffeisen International völlig konträr. „Wir rechnen zwar mit einem Nachlassen der Kapitalflucht aus Russland, erwarten aber in den nächsten Monaten eine weitere Abschwächung des Rubels“, sagt Anastasia Baykova, Währungsexpertin von Raiffeisen International. Völlig uneinig sind sich Analysten derzeit auch beim etabliertesten Währungshandelspaar. Die Prognosebandbreite bei US-Dollar versus Euro erreichte mit 18,52 Prozent den zweithöchsten Wert.

Hinsichtlich der Dollar-Entwicklung in den nächsten Monaten sollten sich speziell heimische Importeure mit Zahlungsverpflichtungen im Greenback Gedanken über eine Wechselkursabsicherung machen. Unter den vom INDUSTRIEMAGAZIN befragten Analysten ist nur die UniCredit Bank Austria von einer – auch gegenüber anderen Devisen – starken Aufwertung des Euros überzeugt. 57 Prozent der Experten sehen dagegen eine Abschwächung der Einheitswährung um mindestens 2 Prozent.

In der Deutschen Bank rechnet man sogar mit über 11 Prozent. „Wir haben stark divergierende Konjunkturerwartungen an den Euroraum und die USA. Deshalb erwarten wir eine recht kräftige Dollaraufwertung auf EUR/USD 1,20“, sagt Dieter Bräuninger, Analyst der Deutschen Bank. Neben dem US-Dollar drohen Unternehmen mit Zahlungsverpflichtungen in Fremdwährung besonders beim chinesischen Renminbi (Prognose Kursanstieg bis zu 13,30 Prozent) und beim polnischen Zloty (bis zu 5,11 Prozent) negative Wechselkursentwicklungen.

Risiko beim Export

Besonders ungünstige Aussichten bestehen für heimische Industriebetriebe, die ihre Erzeugnisse nach Japan exportieren. Mit einem Kursminus von 8,85 Prozent wird dem japanischen Yen unter allen elf abgefragten Devisen im Mittelwert der Prognosen die größte Veränderung vorausgesagt. Nicht ein einziger Analyst rechnet mit einer Aufwertung zum Euro. „Die derzeitige Geldpolitik dürfte noch nicht ausreichen, um das Inflationsziel von 2 Prozent zu erreichen. Wir erwarten daher für die zweite Jahreshälfte 2014, dass die japanische Notenbank den Yen noch einmal schwächt“, sagt Esther Reichelt, Währungsexpertin der Commerzbank.

Nicht ganz so dramatisch dürfte die Talfahrt bei der türkischen Lira ausfallen. Hier sehen Analysten nach den jüngsten Kursverlusten im Durch- schnitt ein weiteres Abwertungspotenzial von 4,20 Prozent. Nachdem die Schweizer Notenbank mit teils massiven Deviseninterventionen seit September 2011 den Wechselkurs erfolgreich über die Marke von EUR/CHF 1,20 abschwächen konnte, halten 71 Prozent der Analysten nun einen rein marktgetriebenen Kursrückgang des Frankens von mehr als 2 Prozent für wahrscheinlich.

Sonderfall Tschechien

Am Muster der Schweiz hat sich die tschechische Nationalbank orientiert und die Heimwährung im November 2013 mit massiven Verkäufen drastisch abgeschwächt. Das Kernziel – die Inflationsrate wieder über 2 Prozent zu treiben – lastet über eine Verteuerung der Importe naturgemäß auch auf Lieferungen heimischer Industriebetriebe nach Tschechien. Da sich die Konjunktur in Österreichs Nachbarland zuletzt wieder spür- bar erholt hat, sehen Analysten das aktuelle Kursniveau von EUR/CZK 27,40 als oberes Ende der Fahnenstange und rechnen mehrheitlich mit einer moderaten Aufwertung der Krone.

Diese sollte die tschechische Devise demnächst auf die von der Notenbank definierte Untergrenze von EUR/CZK 27,00 führen. „Wir gehen für September 2014 von einem Wechselkurs von EUR/CZK 27,00 aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das von uns ursprünglich erwartete Ende der Interventionstätigkeit der Notenbank tatsächlich schon im 4. Quartal 2014 einstellt, hat allerdings deutlich abgenommen“, sagt Michal Brožka, Finanzanalyst von Raiffeisen International. Nicht jeder freut sich, wie gesagt, darüber, dass die Eurokrise abgesagt ist. Auch nicht in Tschechien.

Vorsicht Abwertungsgefahr!

Die Währungen mit dem größten Abwertungspotenzial in den kommenden 12 Monaten

- JPY Japanischer Yen

Abwertungswahrscheinlichkeit*: 80 %

Prognostizierte Abwertung**: 8,85 %

Max. Abwertungspotenzial***: 17,39 %

- TRY Türkische Lira

Abwertungswahrscheinlichkeit*: 50 %

Prognostizierte Abwertung**: 4,2 %

Max. Abwertungspotenzial***: 13,68 %

- CHF Schweizer Franken

Abwertungswahrscheinlichkeit*: 71 %

Prognostizierte Abwertung**: 3,28 %

Max. Abwertungspotenzial***: 8,2 %

* Prozentueller Anteil Analysten, welche von einer Abwertung der Fremdwährung ausgehen

** Mittelwert Prognosen der Abwertung zum Euro

*** Prognose maximale Abwertung

Vorsicht Aufwertungsgefahr!

Die Währungen mit dem größten Aufwertungspotenzial in den nächsten 12 Monaten

- RMB Chinesischer Renminbi

Aufwertungswahrscheinlichkeit*: 100 %

Prognostizierte Aufwertung**: 7,78 %

Max. Aufwertungspotenzial***: 13,30 %

- USD US-Dollar

Aufwertungswahrscheinlichkeit*: 57 %

Prognostizierte Aufwertung**: 1,94 %

Max. Aufwertungspotenzial***: 11,11 %

- PLN Polnischer Zloty

Aufwertungswahrscheinlichkeit*: 67 %

Prognostizierte Aufwertung**: 2,66 %

Max. Aufwertungspotenzial***: 5,11 %

* Prozentueller Anteil Analysten, welche von einer Aufwertung der Fremdwährung ausgehen

** Mittelwert Prognosen der Aufwertung zum Euro

*** Prognose maximale Aufwertung

Quellen: Prognosen Erste Bank, Raiffeisen International, UniCredit Bank Austria, Oberbank, Deutsche Bank, Commerzbank, Deka Bank