Personalia : Umstrittener Pötsch ist neuer VW-Oberkontrolleur

Der 64-Jährige Österreicher löst den amtierenden Aufsichtsratschef Berthold Huber ab. Der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende hatte den Posten vorübergehend übernommen, nachdem sich Firmenpatriarch Ferdinand Piech im April nach verlorenem Machtkampf mit dem damaligen Konzernlenker Martin Winterkorn von allen Ämtern zurückgezogen hatte. Zum neuen Finanzvorstand wurde Frank Witter bestellt, der bisher die VW-Tochter Financial Services leitet.

Wenn andere Vorstandsmitglieder bei Messen oder Pressekonferenzen ins Rampenlicht traten, hielt sich Hans Dieter Pötsch meist lieber im Hintergrund. Als "Herr der Zahlen" agierte Volkswagens erfahrener Finanzchef bisher eher hinter den Kulissen. Sein Einfluss im und sein Überblick über den riesigen Weltkonzern waren dabei aber stets beträchtlich.

Nicht unumstritten

Die Benennung zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates und Nachfolger des abgetretenen Patriarchen Ferdinand Piech - zunächst ohne offizielle Wahl durch die Hauptversammlung - bringt den 64-Jährigen nun in eine noch mächtigere Position: Wenige Wochen nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals soll Pötsch, wie Piech ein Österreicher, als Oberkontrolleur die Aufarbeitung der schwersten Krise in der VW-Geschichte entscheidend vorantreiben.

Pötsch ist bei Investoren jedoch nicht unumstritten. Einige Fondsgesellschaften und Analysten bemängeln, dass Volkswagen die Finanzmärkte erst spät über die Abgas-Manipulationen informierte. Noch - so etwa der Einwand der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) - sei gar nicht zweifelsfrei geklärt, dass der Manager in der Affäre um manipulierte Abgaswerte selbst keinerlei Mitverantwortung trage. Und auch dass Pötsch direkt von einem Vorstandsamt ohne "Abkühlphase" in das Kontrollgremium wechselt, stößt manch einem Beobachter sauer auf.

Dabei ist Pötschs Renommee als Kapitalmarkt- und Automobil-Kenner unbestritten. Der gelernte Wirtschaftsingenieur kam nach dem Diplom zunächst 1979 zu BMW. 1987 verließ er die Münchner als Controlling-Chef, es folgten Stationen beim Laser-Spezialisten Trumpf, Maschinenhersteller Traub und Lackieranlagenbauer Dürr. 2003 kam Pötsch als Finanzvorstand zu Volkswagen, er gilt als enger Vertrauter des über die Abgas-Affäre gestolperten Ex-Vorstandschefs Martin Winterkorn. Zusätzlich zu diesem Job rückte Pötsch 2009 in den Vorstand der Porsche-Holding Porsche SE auf, die die Mehrheit an VW hält. Dort war er ebenfalls für das Ressort Finanzen zuständig.

Der als kontrolliert und besonnen beschriebene, aber auch mit Teamgeist ausgestattete Oberösterreicher war für Volkswagen in vielen entscheidenden Momenten zur Stelle. So gilt Pötsch als einer der Architekten hinter der vollständigen Übernahme von Porsche durch den VW-Konzern im August 2012 - auch wenn das damals gewählte Konstrukt über eine spezielle Regel im Steuerrecht mit großer Steuerersparnis Kritik auf sich zog. Sein Nachfolger als Finanzvorstand von Europas größtem Autobauer wird Frank Witter, bisher Leiter der Finanztochter. (apa/dpa)

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