Stahlindustrie : Tata verhandelt offenbar bereits mit Thyssenkrupp

Thyssenkrupp und Tata Steel befinden sich einem Insider zufolge in Gesprächen über die Zukunft ihres europäischen Stahlgeschäfts. Diese dauerten bereits seit längerem an, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Die "Rheinische Post" hatte zuvor berichtet, die Verhandlungen seien weit fortgeschritten. Dies beflügelte die Aktie des Essener Konzerns.

Im Thyssenkrupp-Aufsichtsrat waren solche Gespräche aber bisher kein Thema, sagte ein anderer Insider Reuters: "Das ist nicht besprochen worden." Thyssenkrupp wollte die Angaben nicht kommentieren. Kein Geheimnis ist, dass Fusionen in der gebeutelten Branche immer wieder sondiert werden. Bisher seien Ergebnisse aber nicht in Sicht, sagten Insider.

Europas Stahlkonzerne leiden unter Überkapazitäten und Billig-Importen aus China. Wie hier berichtet hat der indische Konzern Tata Steel vergangene Woche angekündigt, sich vollständig aus Großbritannien zurückziehen zu wollen. Tata Steel ist einer der zehn größten Stahlhersteller der Welt und zumindest heute auch der größte Stahlproduzent in Großbritannien.

Fotostrecke: Das sind aktuell die größten Stahlproduzenten der Welt >>

In Großbritannien beschäftigt der inzwischen indische Konzern rund 15.000 Menschen. In den Niederlanden unterhält Tata dagegen ein profitables Stahlwerk - relativ nah an den Thyssenkrupp-Produktionsstätten in Duisburg. Seit bereits gut einem Jahr sondierten beide Seiten Möglichkeiten eines Zusammenschlusses ihrer Stahlgeschäfte in Europa, sagte ein Insider nun: "Da ist schon was dran."

Auch der "Rheinischen Post" zufolge laufen bereits seit längerer Zeit Gespräche von Tata und Thyssenkrupp, es gebe ein konkretes Interesse der Inder. Die im Leitindex Dax notierte Thyssenkrupp-Aktie kletterte daraufhin um mehr als acht Prozent nach oben.

Wirtschaftsminister Gabriel sagt der Stahlbranche Unterstützung zu

Die Krise der Schwerindustrie hat auch die Politik auf den Plan gerufen. Am 11. April will unter anderem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei einem Aktionstag der Gewerkschaft IG Metall in Duisburg von den Toren von Thyssenkrupp sprechen. Gabriel hatte der Branche vor wenigen Tagen Unterstützung zugesagt. "Überkapazitäten im Stahlsektor Chinas dürfen nicht zulasten der EU-Hersteller gehen", erklärte sein Ministerium.

Angesichts der Probleme gibt es immer wieder Rufe, dass es zu einer Auslese der Branche um den Weltmarktführer ArcelorMittal und den deutschen Platzhirschen Thyssenkrupp kommen sollte. Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger hat seine Bereitschaft betont, aus einer Position der Stärke an einer Konsolidierung der europäischen Stahlbranche teilzunehmen. Wann es dazu kommen könnte, hat er aber offengelassen.

Salzgitter erteilte Fusionsfantasien eine Absage

Als möglichen Fusionspartner von Thyssenkrupp hatten Branchenexperten neben der deutschen Nummer zwei Salzgitter immer wieder auch den Stahlkocher Tata Steel ins Spiel gebracht.

Auf der Thyssenkrupp-Stahlsparte lasten milliardenschwere Pensionsverpflichtungen. Deren Zukunft müsse bei einem Zusammenschluss geklärt werden, sagte ein weiterer Insider. Die Zeitung brachte zudem einen Zusammenschluss von Thyssenkrupp und Salzgitter zu einem deutschen "Stahlgiganten" ins Spiel. Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann hatte indes erst Mitte Februar in einem Interview Zusammenschlüssen eine Absage erteilt, wie hier von INDUSTRIEMAGAZIN.at gemeldet: "Wir planen keine Fusionen oder Zusammenlegungen." (reuters/apa/red)