Kfz-Industrie : Streit rund um Daimler-Kältemittel geht weiter

Der Streit um das Autoklimaanlagen-Kältemittel R1234yf schwelt weiter. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt hält das Mittel nach Tests zwar für sicher, stuft das Kühlmittel aber dennoch als "nicht ungefährlich" ein, wie ein Sprecher der Behörde in Flensburg sagte. In "Extremsituationen" - wie beispielsweise einem überhitzten Motor - sei eine Entflammung nicht auszuschließen, daher empfehle das Amt als Produktsicherheitsbehörde weitere Untersuchungen der Europäischen Union.Die Brennbarkeit und die Bildung von ätzender Säure in extremen Situationen seien ein "deutlicher Hinweis" auf "eine weitergehende Problematik des Kältemitteleinsatzes von R1234yf", räumte die Behörde in ihrem Vorabbericht an das deutsche Verkehrsministerium und die EU-Kommission ein.Die Behörde hatte in den vergangenen Wochen mit Fahrzeugen von Mercedes-Benz und anderen Pkw-Marken Crashtest durchgeführt und dabei auch das Ausströmen des Gases aus der Klimaanlage bei Unfällen simuliert. Anlass dafür sind Sicherheitsbedenken des Stuttgarter Autobauers Daimler, der sich weigert, das seit Jahresbeginn für einige Neuwagen von Mercedes-Benz vorgeschriebene Kältemittel in die Wagen einzufüllen. Statt dessen nutzen die Schwaben weiter das bisher übliche, aber klimaschädliche Gas R134a. Dieses will die EU schrittweise aus dem Verkehr ziehen, dafür gelten Übergangsfristen bis Ende 2016.Wegen der Blockade von Daimler droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren der EU, seit einigen Wochen werden einige neue Modelle von Mercedes-Benz in Frankreich von den Behörden nicht mehr für den Verkehr zugelassen. Opel hatte hingegen nach Tests erklärt, das neue Mittel sei - entgegen der Bedenken von Daimler - sicher und stelle bei Unfällen keine Gefährdung für Insassen und Rettungskräfte dar. Die GM-Tochter befüllt beispielsweise den Kompaktwagen Mokka mit dem Mittel.Das Kraftfahrtbundesamt kam in seinen durch den TÜV Rheinland durchgeführten Tests nicht zu eindeutigen Ergebnissen. "Im Ergebnis haben sich bei diesen Versuchen keine hinreichenden Nachweise einer ernsten Gefahr im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes bei den getesteten und auf dem Markt befindlichen Fahrzeugtypen ergeben", teilte die Behörde mit. Die auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge müssten daher nicht aus dem Verkehr gezogen werden, erläuterte der KBA-Sprecher. Aus "übergeordneten Sicherheitserwägungen" würden aber "mit Nachdruck" weitere Untersuchungen empfohlen, "um potenzielle Risiken bewerten und sicher ausschließen zu können", heißt es in dem Vorabbericht. Die abschließende Version des Berichts soll Mitte September veröffentlicht werden soll. "Der Abschlussbericht wird aber kein anderes Ergebnis haben", sagte der KBA-Sprecher.Bei Daimler war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Auf Deutschlands Straßen ist bisher nur ein Bruchteil der Autos mit dem klimaschonenden Kältemittel R1234yf unterwegs. Bis Ende Mai wurden 34.049 Autos mit dem Kältemittel befüllt, vor allem Modelle ausländischer Hersteller wie Cadillac, Chevrolet, Subaru, Toyota, Hyundai, Kia, Mitsubishi und Peugeot. Zum Vergleich: Insgesamt wurden zwischen Jänner und Mai in Deutschland 1,2 Millionen neue Pkw zugelassen. Das Kühlmittel wurde von den US-Konzernen Honeywell und Dupont entwickelt und erfüllt als einziges die seit Jahresbeginn verschärften Klimaschutzregeln der EU-Kommission, die für einige neue Modelle der Autobauer gelten.BMW, Audi, Porsche und VW sind von dem Kältemittel-Streit nicht betroffen: Sie umkurvten das Problem und nutzen Schlupflöcher in den EU-Regeln. VW beispielsweise verlängerte für neue Modelle wie etwa den Golf VII früher erteilte Typgenehmigungen beim Kraftfahrtbundesamt. Damit können die Wolfsburger bis Ende 2016 das Kältemittel R134a weiter in die Klimaanlagen ihrer Neuwagen einfüllen, ohne dass die EU-Kommission dagegen Einspruch erheben könnte. (dpa/apa/pm)