ifo-Index : Stimmung in der deutschen Wirtschaft sinkt

Die deutsche Wirtschaft hat einen Fehlstart ins Jahr 2016 hingelegt: Die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen trübte sich im Jänner wegen vieler internationaler Krisenherde überraschend kräftig ein. Das Barometer für das Ifo-Geschäftsklima fiel um 1,3 auf 107,3 Punkte und damit auf den niedrigsten Wert seit knapp einem Jahr, wie das Münchner Forschungsinstitut zu seiner Umfrage unter 7.000 Managern mitteilte. "Die deutsche Wirtschaft blickt erschrocken ins neue Jahr", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Dabei zeigt sich, dass der niedrige Ölpreis vielen Branchen zu schaffen macht, die ihre Waren im Ausland nicht mehr so einfach loswerden. Andererseits sorgt das billige Tanken und Heizen dafür, dass die Verbraucher mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben. Deshalb zeigte sich die Bundesbank zuversichtlich für die deutsche Konjunktur.

Elektroindustrie erwartet einen neuen Rekord

Nicht ganz in das düstere Bild, welches das Institut von Hans-Werner Sinn hier liefert, passt die Meldung aus dem Zentrum der deutschen Elektroindustrie. Wie ZVEI, der der Fachverband der Branche, berichtet, will die Elektroindustrie im achten Jahr nach Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ihren Umsatzrekord aus dem Jahr 2008 einstellen. Für 2016 erwarte man einen Anstieg der preisbereinigten Produktion um 1 Prozent und ein Umsatzplus von 2 Prozent, hieß es.

2015 erlösten die Unternehmen nach vorläufigen Schätzungen 178 Mrd. Euro und verfehlten damit den Rekord aus dem Jahr 2008 mit 182 Mrd. Euro erneut. Besonders dynamisch hat sich aber der Außenhandel entwickelt. Vor allem in die USA wurden wegen des günstigen Wechselkurses mehr Elektrogüter exportiert.

Schwäche in wichtigen Schwellenländern

Der Ifo-Index als wichtigstes Barometer für die Entwicklung der hiesigen Wirtschaft fiel schlechter aus als von Ökonomen erwartet. Grund dafür war vor allem der sorgenvolle Blick nach vorn. Die Führungskräfte beurteilten die Lage nur einen Tick schlechter, die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate dagegen merklich pessimistischer. Besonders in der Industrie, aber auch in der Baubranche, bei den Dienstleistern und im Einzelhandel verschlechterte sich die Laune der Manager. Nur im Großhandel besserte sie sich.

Die deutsche Wirtschaft war im Vorjahr so stark gewachsen wie seit 2011 nicht mehr und verdankte dies vor allem der Konsumfreude der Verbraucher und der guten Inlandskonjunktur. Jetzt bekommen die Firmen aber zunehmend die Schwäche in wichtigen Absatzmärkten wie Russland, China oder Brasilien zu spüren. "Deutschland kann sich nicht vollends von der Abwärtsdynamik der Schwellenländer abkoppeln", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters. Vor allem Russland leidet unter dem niedrigen Ölpreis. Zugleich wuchs Chinas Wirtschaft, weltweit die zweitgrößte nach den USA, 2015 so langsam wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr.

"Die dunkle Seite des niedrigen Ölpreises"

"Die dunkle Seite des niedrigen Ölpreises ist, dass viele Abnehmerländer auf wackligen Beinen stehen", erklärte Wohlrabe. Der Ölpreis nahm unterdessen seine Talfahrt wieder auf. Die richtungsweisende Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um bis zu 4,5 Prozent auf 30,72 Dollar (28,42 Euro) je Fass (159 Liter). Während die deutsche Chemiewirtschaft von dem billigen Rohstoff nach Ifo-Angaben profitiert, trübte sich in vielen anderen Branchen wie dem Maschinen- und Fahrzeugbau die Stimmung zu Jahresanfang ein. "Das war vor allem auf schlechtere Exportaussichten zurückzuführen", betonte Ifo-Chef Sinn.

Bei der Bundesbank hingegen fußt die Konjunkturzuversicht vor allem auf den positiven Effekten des billigen Öls. Die dadurch gestärkte Kaufkraft der Bürger bedeute Rückenwind für die Binnenwirtschaft. Zudem signalisierten die Auftragsdaten vom Jahresende, dass die Industriekonjunktur bald anziehen dürfte. "Damit bestehen zum Jahresanfang Chancen für ein wieder stärkeres Wachstum der Wirtschaftsleistung", erklärten die Bundesbank-Ökonomen in ihrem Monatsbericht. Ende 2015 war die Wirtschaft nach erster Schätzung des Statistischen Bundesamtes um ein Viertel eines Prozentpunkts zum Sommerquartal gewachsen. (reuters/apa/red)