Corona-Strategien : Stahlbauer Matthias Unger: „Jede Investition bringt uns jetzt voran“

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Unger, die Regierung will günstige Rahmenbedingungen für Investitionen schaffen, damit Unternehmen rasch wieder auf die Beine kommen. Auch die IV ruft die Unternehmen auf, die Finanzspritzen zu nutzen und sich aus dem Konjunkturtal herauszuinvestieren. In diesem Sinne: Nehmen Sie ihre unternehmerische Verantwortung wahr?

Matthias Unger: Jede Investition bringt uns voran. Da bekennen auch wir Farbe. Wir setzen unseren Ausbau der Bürokapazitäten in Oberwart fort und modernisieren laufend unsere Maschinenparks. Klar ist aber auch, dass es schon vor Corona Warnhinweise einer Eintrübung der Konjunktur gab. Es bleibt zu hoffen, dass die Nachhaltigkeit in der Priorität nicht wieder nach hinten rückt. Ich habe da so meine Zweifel. Daimler hat gerade sein Wasserstoff-SUV zurückgezogen.

Sie haben im Industrieanlagenbau ein Standbein. Man sollte meinen, dass da jetzt eine Weile wenig gehen wird, oder?

Unger: Es wird weiterhin gebaut werden. Die Aufgabe ist es nun, neue Investments zu triggern und ein positives Investitionsklima zu schaffen. Onlinelogistiker bauen ihre Kapazitäten in Österreich aus. Das ist ein wachsendes Geschäft, das jetzt einen zusätzlichen Schub erfährt. Und wir haben das Geschäftsmodell dafür.

Sie schlüpfen auch in die Rolle des Projektentwicklers. Etwa für die Zustellbasis der Post in Eisenstadt. Auch Amazon errichtet bereits ein Verteilzentrum in Wien und will wachsen.

Unger: Bei ausgewählten Projekten treten wir auch als Investor und Projektentwickler auf. Als langjähriger Errichter von Logistikhallen kennen wir die Anforderungen der Branche genau und haben Konzepte von modularen Gewerbeparks bis hin zur klassischen Big Box im Portfolio. Derartige Lösungen werden auch abseits von Ballungszentren im regionalen Gebiet nachgefragt werden. Sämtliche Onlinelogistiker werden auch in den Regionen investieren müssen um noch schneller beim Kunden zu sein.

Ist das in volatilen Zeiten ein sicheres Geschäft?

Unger: Es bietet uns Variabilität. Wir planen eine allfällige Nachnutzung mit ein. Bei der Verwertung - dem Verkauf oder Halten im Portfolio - sind wir flexibel und richten uns nach unseren Kunden und Partnern. Als bonitätsstarkes Familienunternhemen halten wir derartige Immobilien auch gerne im Bestand.

Bemerken Sie in diesen Tagen etwas von einer Re-Regionalisierung?

Unger: Man hört im Lebensmittel-, Pharma- und Logistikbereich von Bestrebungen, Produktionen aus Osteuropa zurückzuholen. Investoren und Unternehmen schätzen die Sicherheit in Westeuropa einen Standort zu haben. Ob es sich dabei um Lippenbekenntnisse handelt, hängt auch von den Anreizen der öffentliche Hand ab. Ohne die wird es nicht gehen.

In einem Ihrer großen internationalen Projekte, der architektonischen Gestaltung von vier Eingangspavillons bei der Weltausstellung in Dubai, gab es einiges zu verhandeln. Der Starttermin der Expo wurde soeben von Oktober 2020 um ein Jahr nach hinten geschoben. Wie managt man so etwas, wenn nicht vor Ort?

Unger: Man lernt eine neue Form des Führens. Was früher vielleicht ein radikales Umdenken in der Arbeitsweise erforderte, geht jetzt fast von ganz allein. Das Expo-Projekt verhandelte unser Managing Director für die Emirate ohne mein Zutun. Entscheidungen werden dezentraler. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rund um Covid sind von Land zu Land verschieden. Lokale Führungskräfte können Situationen besser einschätzen.

Ihr Reisekalender wird also auch in Zukunft Lücken aufweisen?

Unger: Früher oder später wird es in den mittleren Osten gehen. Dort haben wir viele Stammkunden und betreiben die Produktion in Schardscha. Vorerst aber sind keine Reisen geplant.

Wie schlug sich Ihr Unternehmen in punkto Krisenkommunikation? Lief alles glatt?

Unger: Wir haben ja ziemlich kurze Entscheidungswege. Und das war schon auffällig: Der Corona-Krisenstab bildete sich selbstständig, ohne dass ihn jemand ausrief. Plötzlich saßen wir zusammen und setzten erste Massnahmen.

Sie sagten, es könnte passieren, dass Nachhaltigkeitsvorhaben im Aufschwung schnell in Vergessenheit geraten. Sie sind 38, ist Ihre Generation in dem Punkt weniger kompromissbereit?

Unger: Ein Kompromiss wäre ja eine schöne Lösung. Ich glaube, der Wunsch nach einer guten Klimapolitik zieht sich durch alle Generationen. Ich beobachte das im Unternehmen und in der Familie. Mein Sohn schwärmt von einem Elektromotorrad, keinem Benziner.

Das ist erfreulich, die Jugend beherzigt also auch das Motto „Herausinvestieren“…

Unger: In dem Fall die Elterngeneration, mein Sohn ist sechs. Es handelt sich um ein Kindermotorrad.

Vielen Dank für das Gespräch!