Schweißen : Schweißtechnik: Gut kombiniert!

Andreas Millinger hält den Ball flach. Schweißversuche beim Kunden auf der Suche nach den richtigen Prozessparametern seien „nichts Ungewöhnliches“. Das sagt der CMT-Experte bei Fronius – und man glaubt es ihm. Auch dass die Entwickler der Welser auf Kundenwunsch vereinzelt nachbessern, komme vor. Dass sie, wenn sie anstehen, aber gleich ein neues Schweißverfahren aus der Taufe heben, sei doch ziemlich „einzigartig“, gibt Millinger zu. Genau das geschah Anfang des Vorjahrs. Ein Automobilbauer stellte dem oberösterreichischen Schweißtechnikhersteller bei einer Anwendung im Achsbereich die Rute ins Fenster: 2,5 Millimeter dicker Stahl sollte mit einer Taktzeit von mindestens 2,5 Meter pro Minute zu schweißen sein, sonst komme man nicht ins Geschäft. Die Situation schien vertrackt: Weder mit dem Kaltschweißprozess CMT noch dem Impulslichtbogen erreichte man annähernd die erforderlichen Geschwindigkeiten (CMT: 1,2; Puls: 1,5). Doch die Entwickler hatten so ein Bauchgefühl, dass die beiden Prozesse füreinander bestimmt sind. Und Experimentierlaune, die sich bezahlt machte. Nur Wochen später schlug sich der ausgetüftelte Kombiprozess beider Verfahren beim Kunden mehr als wacker – er übertraf die Taktzeitvorgaben des Automobilisten sogar deutlich: 2,8 Meter pro Minute ergaben die Messungen. Seit heurigem April ist das Schweißverfahren mit dem Namen CMT Twin nun auch offiziell erhältlich – ein in der Schweißtechnik unüblich schneller Produktlaunch, den Millinger so kommentiert: „Wir waren sportlich.“ Neuer Brenner Grund für die schnelle Entwicklung, bei der „einmal auf Anhieb alles passte“, waren die gut vertrauten Einzelprozesse, betont Fronius-Mann Andreas Millinger. Den Kaltschweißprozess gibt es bereits seit einem Jahrzehnt, den Pulsprozess „noch länger“, weiß er. Beste Voraussetzungen für eine Kombination. Der Hersteller kombiniert bei seinem – robotergestützten – Zwillingsverfahren zwei Stromquellen. Jede Stromquelle bedient einen Draht, die im „neu entwickelten Brenner“ zusammengeführt werden, so Millinger. Die Antriebseinheit direkt am Brenner ist der ganze Stolz der Welser: Sie realisiert die Vor- und Rückwärtsbewegung des Schweißdrahts – und zwar bis 100 Hertz (Frequenz des Stromnetzes: 50 Hertz). So sei eine „hochexakte Drahtführung“ möglich, erklärt der Fronius-Experte. Hier gehts weiter

Beim CMT-Prozess bewegt sich der Schweißdraht in raschen Intervallen gegen die Förderrichtung. Dieser exakt definierte Drahtrückzug führt zu einer kontrollierten Tropfenablöse, oder anders gesagt: „Zu einem sauberen, spritzerfreien Ergebnis“, so Millinger. Charakteristisch für die Impuls-Lichtbogentechnik ist dagegen der gesteuerte Werkstoffübergang. In der Grundstromphase ist die Energiezufuhr so weit reduziert, dass der Lichtbogen „gerade noch stabil brennt“, heißt es bei Fronius. Die Werkstückoberfläche erhält so eine Vorwärmung. Die Hauptstromphase sorgt dann durch einen exakt dosierten Stromimpuls für die „gezielte Ablöse eines Tropfens“. Unerwünschte Kurzschlüsse – also auch unkontrollierte Schweißspritzer – seien „ausgeschlossen“. Weitere Stärken des Verfahrens? Die hohe Abschmelzleistung. Und der Pulsprozess sorgt für einen „tiefen Einbrand“, erklärt Andreas Millinger. Alu und Stahl Zu Spitzenzeiten arbeiteten 40 Mann an dem neuen Prozess. Er sei für Aluminium und Stahl geeignet – und kein zum Leben erweckter Gegenspieler bestehender Fronius-Prozesse, stellt Millinger klar. Er spricht lieber von einer Portfolioerweiterung. Schienenfahrzeuge, Baumaschinen: Dort gebe es schönes Potential für das Kombiprodukt. Aber auch im Automobilbau, im Bereich der Achsen, Stoßstangen und beim Unterboden sollen Anwendungen drin sein. Die ersten Rückmeldungen der Industrie seien „sehr positiv“. Auch weil der Mitbewerb „nichts Vergleichbares liefern kann“, glaubt Millinger. Prozesse mit zwei Drähten – etwa Tandemverfahren – gebe es zwar schon. Doch mit dem selbstgeregelten Kombiverfahren spiele man „in einer anderen Liga“. Der Lichtbogen sei vom Schweißstart bis zum Füllen des Endkraters „extrem stabil“. Wie gut, dass die Entwickler voriges Jahr nicht lockerließen. Daniel Pohselt CMT Twin: Die Eckdaten Name: CMT TwinAufbau: Lichtbogen/CMT-Zwillingsverfahren mit zwei StromquellenAnwendungen: Stahl- und Aluminium-Dünnbleche im Fahrzeugbau, BaumaschinenVorteile: schnelle Taktzeiten (2,8 Meter pro Minute bei 2,5-Millimeter-Stahl), Stabilität, Handling, EinbrandtiefeKosten: auf Anfrage