Stahlschrott : Schrottpreise: WKO-Veröffentlichung in der Kritik

Das Papier, das allmonatlich an die Mitglieder des Fachausschusses für Sekundärrohstoffhandel geht, ist ziemlich knapp gehalten – und hat eine durchaus offiziöse Anmutung. Unter dem Titel „Schrottpreisveränderung April 2017“ wird da auf dem Papier des WKO Bundesgremiums Maschinen- und Technologiehandel folgendes ausgeführt: „Das Stahl- und Walzwerk Marienhütte gibt bekannt, dass sich die Schrottpreise für die Marienhütte wie folgt geändert haben: minus 15 Euro pro Tonne.“

Relevant sind Preisindikationen dieser Art für so genannte „Schrottanfallstellen“, also Unternehmen und Körperschaften, wie Abfallverbände, die ÖBB, das Bundesheer und das metallverarbeitendes Gewerbe.

Der Wert, der in der Veröffentlichung als eine Art Benchmark genannt wird, stammte bis ins Vorjahr von der Voestalpine. Nachdem sich die Linzer vollständig aus dem Schrottgeschäft zurückgezogen haben, wird von der Wirtschaftskammer der Preis des Stahlwerkes Marienhütte veröffentlicht. Doch dieser Preis stammt aus Vereinbarungen von Marienhütte mit dem Stahlhandelsunternehmen Scholz. Und Marienhütte hält einen Minderheitsanteil an der Scholz-Austria Gruppe.

„Die Veröffentlichung der Schrottpreisveränderung auf dem Geschäftspapier der WKO erweckt den Eindruck, dass es sich dabei um einen offiziellen Österreichischen Index handelt“ sagt Johann Neumüller, Chef des niederösterreichischen Stahlhandelshauses Neumüller. "Das an sich ist schon fragwürdig, insbesondere, wenn ein Preis gebildet wird, obwohl Käufer und Verkäufer verbundene Unternehmen sind“ so der Stahlhändler.

„Schlimmer ist jedoch, dass die Angaben unrichtig sind“ sagt Neumüller. Der Vorwurf des Stahlhändlers: Der veröffentlichte Preis entferne sich seit Beginn der Veröffentlichung immer weiter von anerkannten internationalen Indizes, wie etwa dem deutschen BDSV-Index. Die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen veröffentlicht monatlich - beim Kartellamt angezeigte - Preise zu diversen Stahlschrottsorten.

In Berechnungen von Neumüller sind – je nach Sorte – Differenzen von 20 bis 40 Euro zwischen den Preisen der WKO-Veröffentlichung und jener des BDSV-Index dokumentiert. „Wir setzen im Jahr über 100.000 Tonnen Schrott um – da würde sich das, würden wir nicht nach BDSV rechnen, ganz schön multiplizieren“ sagt Neumüller.

Die Wirtschaftskammer weist Kritik an der Berichtspraxis zurück. „Weder handelt es sich bei der Veröffentlichung um einen offiziellen Index noch würde dadurch der Eindruck erweckt, es handle sich um einen solchen“ heißt es in einer Stellungnahme, die INDUSTRIEMAGAZIN vorliegt. „Wie Marienhütte den Preis ermittelt, liege ausschließlich in deren Bereich.“ Seit Montag ist die WKO-Veröffentlichung auf der WKO-Subseite „Schrottpreisveränderung“ jedoch online nicht mehr zugänglich.