Kartellverfahren : Schienenkartell: Wer wusste was - und wann?

Brisante Wende im Schienenkartell-Verfahren in Deutschland, in das neben dem Stahlhersteller ThyssenKrupp unter anderem auch die oberösterreichische voestalpine verstrickt ist: Die Deutsche Bahn wusste - ebenso wie ThyssenKrupp - bereits seit dem Jahr 2000 über die illegalen Preisabsprachen Bescheid, also um etliche Jahre früher als bisher angegeben, und muss nun um millionenschwere Schadenersatzzahlungen bangen, berichtet das "Handelsblatt" (Montagsausgabe). Durch die späte Aufklärung wurde das deutsche Bundesbudget, mit dem Investitionen in das deutsche Schienennetz finanziert werden, um rund 1 Milliarde Euro geschädigt, wie sich der Zeitung zufolge aus internen Unterlagen der Firmen berechnen lässt.Meldung im Jahr 2000 Im Jahr 2000 war die Bahn bei der Aufarbeitung eines Schmiergeldfalls internen Unterlagen des Staatskonzerns zufolge auf das Kartell gestoßen und hatte dieses auch bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt gemeldet. Im erst seit 2011 laufenden Schienenkartell-Verfahren hatten die Bahn und ThyssenKrupp bisher beteuert, erst durch die Razzien des Kartellamts im vergangenen Jahr Kenntnis von den Absprachen erhalten zu haben.Hier geht´s weiter

Allerdings berichtete ein Anwalt der Bahn bereits in einem Brief vom 17. August 2000 an die Staatsanwaltschaft, dass Unterlagen sichergestellt wurden, "die eindeutig auf Preisabsprachen zu dem Einkauf von Schienen hinweisen". Explizit genannt sind die Kartellsünder ThyssenKrupp und voestalpine. Von den Absprachen war etwa die Hochgeschwindigkeitsstrecke Frankfurt-Köln betroffen, die insgesamt 6 Milliarden Euro kostete.Die Deutsche Bahn bestätigt laut "Handelsblatt" die frühen Hinweise an die Staatsanwaltschaft. Diese hätten aber offensichtlich keine Notwendigkeit für Ermittlungen gesehen, erklärte ein Sprecher nun.Überhöhte Preise akzeptiertDer fehlende Aufklärungswille bei den Konzernen soll einen Grund gehabt haben, schreibt die Zeitung unter Verweis auf Angaben eines Ex-Bahnmanagers. Die Bahn habe überhöhte Preise akzeptiert - das schadete ihr nicht, denn die Investitionen in die Schienen trägt der Bund, also der Steuerzahler. Im Gegenzug soll ThyssenKrupp Kunde der Deutsche-Bahn-Frachttochter DB Cargo geblieben sein. Die Bahn dementiert diesen Vorwurf, ThyssenKrupp gibt laut "Handelsblatt" keine Stellungnahme dazu ab.Wie berichtet sollen die Kartellmitglieder ("Schienenfreunde") mindestens seit Mitte der 1990er-Jahre Preise und Mengen auf dem deutschen Schienenmarkt abgesprochen haben; das Kartell wurde erst 2011 durch Ermittlungen des deutschen Bundeskartellamts zerschlagen. (APA)