A-Tec Industries Hauptversammlung : Protokoll einer ziemlich bizarren “Veranstaltung”

HV A-Tec Industries
© Rudolf Loidl

“Ich möchte Sie recht herzlich zu dieser Veranstaltung begrüssen” sagt Freimut Dobretsberger, Aufsichtratschef der A-Tec. “Und warum ich bewusst Veranstaltung sage und nicht Hauptversammlung, werde ich gleich erklären”. Neben ihm sitzt Mirko Kovats. Und er sieht gar nicht gut aus. Eingefallenes Gesicht, leerer Blick. Der Kragen steht über das Sakko. Er hat zumindest schlecht geschlafen die letzten Tage. “Wie sie vielleicht aus den Medien erfahren haben, ist der Käufer Solistice für die Montanwerke Brixlegg weggefallen, es kann also über die Punkte der an sich einberufenen Hauptversammlung nicht abgestimmt werden” erklärt Kovats. Zur Vorgeschichte: Der Verkauf der Filetstücke der A-Tec Industries, über die hier abgestimmt werden sollte, schien schon in trockenen Tüchern. Eine dem Mehrheitseigner Kovats nahe stehende Gruppe namens Contor Industries, gegründet von Kovats' Langzeit-Assistent Thomas Schätti sollte die Unternehmen veräussern. Etwa die Montanwerke Brixlegg an die in Genf beheimatete Solistice International Investments, hinter der der pakistanische Milliardär Alshair Fiyaz steht. Der Motorenbauer ATB sollte nach Indien gehen. Doch per Unterlassungsklage hatte einer der Mitbieter, die tschechische Penta-Gruppe – von Kovats nähe zur Mafia unterstellt – das Konstrukt des Firmenverkaufs über die Contor beeinsprucht. Daraufhin sprang der Pakistanische Investor hinter Solistice ab – und damit auch ein erheblicher Anteil an den 200 Millionen Euro, die Kovats bis 30. September am Konto des Masseverwalters erlegen muss, soll die A-Tec noch gerettet werden. Die Hauptversammlung, die hier gerade statt findet, wäre um ein Haar noch Mittwoch frühmorgens abgesagt worden - und zumindest vom Informationswert her hätte man das ruhig tun können: Man sei noch immer in Verhandlungen mit der Penta-Gruppe, die jetzt auch Brixlegg übernehmen soll. Damit könne die Konkursquote wieder erfüllt werden. Und dann solle demnächst eine neue Hauptversammlung ausgeschrieben werden, sagt Kovats in einem ersten Statement. Eine neue Hauptversammlung? Wenn die Konkursquote in 48 Stunden beim Masseverwalter erlegt sein muss? “Alle A-Tec-Organe werden die kommenden 48 Stunden dazu nutzen wollen, um das Beste für die Gesellschaft zu erreichen” sagt Dobretsberger, der Aufsichtsratschef. Lesen Sie auf Seite 2: “Zu Kreuze kriechen” und “Technische Vehikel”

Was dann folgt ist Bullshit-Bingo auf höchstem Niveau. Die Aktionäre dürfen Fragen stellen - und die Advokaten Kovats antworten. Einige Aktionäre - allesamt keine rhetorischen Meisterleister und den Anwälten unterlegen - beginnen höchst freundlich: “Wenn jetzt mit Penta verhandelt wird, denen man noch vor zwei Wochen Mafia-Nähe unterstellt hat, muss man dabei eigentlich zu Kreuze kriechen?” fragt ein Anleger. Mirko Kovats, sichtlich verärgert über die Frage, schüttelt den Kopf und sagt - nichts. “Wie bitte soll das bitte technisch funktionieren, dass binnen 48 Stunden eine Summe erlegt wird, nachdem alle Verhandlungen bisher scheiterten?” fragt ein anderer. Der "Sanierungsverwalter" und langjährige Hausadvokat von Kovats, Norbert Abel übernimmt diesmal die Rolle des Mantras: “Ich kann nur sagen, dass sich alle sehr bemühen werden binnen 48 Stunden die Finanzierung auf die Beine zu stellen”. “War das mit der Strohfirma Contor denn eine gute Idee? Die Tatsache, dass ein Unternehmen am gleichen Firmensitz die A-Tec-Assets übernimmt um sie weiterzuveräussern?” frag ein Dritter Aktionär. Darauf Abel, sichtlich genervt: “Wir haben immer gesagt, dass wir diese Gesellschaft als technisches Vehikel gründen um alle Angebote für die einzelnen Teilfirmen zu sammeln, das ist im Sinne der Aktionäre”. Die anwesenden Aktionäre hören diese Argumentation wohl allesamt zum ersten Mal. Von einem technischen Vehikel war bisher nie die Rede. Ein Aktionär will wissen: “Ist der Thomas Schätti (Anm. der Kovats-Assistent, der Contor gründete) eigentlich da? “Ich würd den gern mal sehen.” Gelächter im Saal. Es dürfte wohl das letzte Mal gewesen sein, dass die Aktonäre des einstmals stolzen heimischen Maschinen-, Motoren- und Anlagenbaukonzerns mit fast vier Milliarden Euro Umsatz in einer Hauptversammlung gelacht haben. Der Plan Kovats, über einen kontrollierten Verkauf von Assets zumindest eine Rumpf-A-Tec (mit dem Maschinenbauunternehmen Emco) zu erhalten, dürfte gescheitert sein. Vielleicht ist diese "Veranstaltung" aber auch nur ein weiterer Winkelzug. Immerhin: Mirko Kovats hat noch 48 Stunden Zeit, die fehlenden Millionen Euro aufzutreiben und damit die Konkursquote zu erfüllen. Das Unternehmen würde fortbestehen - und die Aktionäre nicht alles verlieren. Und ob jemand von diesen Aktionären nach einer dramatischen Rettung in letzter Sekunde noch kritische Fragen nach der Herkunft der Gelder stellen würde, darf bezweifelt werden.