Rechtstipp : Produkthaftungsrecht – Was Unternehmer darüber wissen sollten

Ein Produkt ist dann fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände erwarten kann. Dabei kommt es auf die Darbietung, den gewöhnlichen Gebrauch und den Zeitpunkt des Inverkehrbringens an.

Man unterscheidet zwischen Konstruktions-, Produktions- und Instruktionsfehlern. Ein Konstruktionsfehler liegt vor, wenn die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept des Produkts begründet ist, wobei die berechtigten Sicherheitserwartungen auch durch den Stand der Technik konkretisiert werden. Werden gesetzliche Sicherheitsvorschriften, die der Produktsicherheit dienen, nicht eingehalten, liegt ein Produktfehler vor. Eine normgerechte oder anderen technischen Standards entsprechende übliche Herstellungsart spricht hingegen auf den ersten Blick für die Fehlerfreiheit eines Produkts, weshalb Unternehmer entsprechende Standards einhalten sollten. Zur Vermeidung möglicher Instruktionsfehler sollten Unternehmer die in den Gebrauchsanweisungen enthaltenen Instruktionen möglichst umfassend und deutlich formulieren. Auch bei Werbeaussagen und besonderen Garantien ist Vorsicht angebracht – durch diese kann der Maßstab für die Sicherheitserwartung der Kunden ebenfalls erhöht werden, was letztlich eine Produkthaftung begründen kann.

Aber nicht nur der tatsächliche Hersteller, sondern auch der sogenannte Anscheinshersteller haftet nach dem PHG. Das ist jemand, der als Hersteller auftritt, indem er seinen Namen, seine Marke oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt. Unternehmer sollten somit zur Vermeidung einer Haftung als Anscheinshersteller einen deutlichen Hinweis auf den tatsächlichen Hersteller auf dem Produkt anbringen sowie klar hervorheben, dass sie selbst – trotz Anbringung der eigenen Marke – nicht Hersteller des Produkts sind. Für die Beurteilung, ob jemand ein Anscheinshersteller ist, kommt es wieder auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts an.

Gehaftet wird nach dem PHG für Personen- und (vom Produkt verschiedene) Sachschäden, soweit der Schaden 500 Euro übersteigt (Selbstbehalt). Für die Geltendmachung des Schadenersatzes gilt die normale Frist von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, wobei es zusätzlich eine absolute Frist von zehn Jahren ab dem Inverkehrbringen des Produkts gibt, nach deren Ablauf der Anspruch jedenfalls verjährt.

Für die Produkthaftung ist also der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts relevant. Der OGH erkennt darüber hinaus aber auch eine allgemeine Produktbeobachtungspflicht an. Begründet wird dies damit, dass die Verkehrssicherungspflichten eines Produzenten nicht im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts enden, sondern über diesen hinaus bestehen. Die Produktbeobachtungspflicht erachtet der OGH als Teil der allgemeinen Produzentenhaftung. Während bis zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produktes die Produkthaftung im Sinn des PHG gilt, greift die Produktbeobachtungspflicht und eine etwaige Haftung bei deren Verletzung für den Zeitraum danach. Unternehmer sollten daher die einmal in Verkehr gebrachten Produkte weiterhin beobachten und, wenn nötig, die erforderlichen Schritte für einen Produktrückruf einleiten.

Mag. Lisa-Maria Fidesser ist Rechtsanwältin und Partnerin bei Preslmayr Rechtsanwälte und spezialisiert auf Bankrecht, Produkthaftungsrecht, Verbraucherrecht und Zivilprozessrecht.

Im konkreten Fall informierte der Händler seinen Kunden, der ein E-Bike gekauft hatte, nicht persönlich von der Rückrufaktion des Herstellers des Akkus. Er brachte die Information über den Rückruf jedoch an der Eingangstüre seines Geschäfts an. In Folge kam es während des Ladevorgangs zu einem Brand im Kellerabteil des Kunden. Es wurden auch Gegenstände im Nachbarabteil beschädigt. Die Versicherung der Nachbarin klagte den Händler auf Schadenersatz und unterlag. Begründend führte der OGH aus, dass dem Händler zwar die durch die schadhaften Akkus geschaffene Gefahrenanlage bekannt hätte sein müssen, er jedoch die in der Gefährlichkeit des Produkts gelegene Gefahrenquelle weder geschaffen noch in seiner Sphäre belassen und damit keine verpflichtende Vorhandlung gesetzt hätte, die eine Rechtspflicht zum Handeln gegenüber Dritten begründet.

Der OGH ließ jedoch offen, ob aus § 7 Abs 3 Produktsicherungsgesetz (dieser regelt Händlerpflichten im Zusammenhang mit Produktsicherheit) eine Pflicht des Händlers zur Verständigung von Kunden über Rückrufaktionen des Herstellers abzuleiten ist und ob es sich dabei um ein Schutzgesetz handelt, das auch Dritte, die das Produkt nicht verwenden, schützen soll. Dies ist wohl zu bejahen, weshalb Händlern zu raten ist, ihnen bekannte Kunden von Rückrufen zu verständigen.