Zeitarbeit : Personaldienstleister: Zeitarbeits-Los

Ingo Krendelsberger beschäftigt schon wieder Zeitarbeiter. „Die Auslastung ist so gut, dass wir sie zur Spitzenabdeckung brauchen“ sagt der Personalverantwortliche des Kunststoffverarbeiters Rehau im Werk im Neulengbach. Von 2008 bis Mitte 2010 legte er beim Personalleasing eine Pause ein und konzentrierte sich darauf, das Stammpersonal zu halten. Erfolgreich, denn Rehau kam ohne Kündigungen durch. Die Fluktuation durch Pensionierungen und Job-Wechsel reichte aus, um die Krise zu übertauchen. „Jetzt ist die Stimmung gut, auch wenn wir nicht 50 Leute gleichzeitig suchen.“ Ewald Thaller, Geschäftsführer der Stahl Judenburg, musste in der Krise nicht nur Zeitarbeitskräfte, sondern auch 25 Mann seiner Stammbelegschaft abbauen, hat aber mittlerweile parallel zur Erholung der Auftragslage wieder aufgestockt. „Wir liegen fast wieder auf dem Niveau des ersten Halbjahres 2008.“ Auch die Zahl der Zeitarbeiter stieg von 55 im Vorjahr auf derzeit 65. Rekrutierungsprobleme hat Thaller vorerst keine: „Techniker und Ingenieure sind derzeit bei entsprechender Suche verfügbar.“ Nur Metallbranche lahmt.So wie Krendelsberger und Thaller geht es derzeit vielen Personalveranwortlichen. Die Konjunkturerholung beflügelt das Geschäft der Zeitarbeitsfirmen, die durchwegs wieder die Mitarbeiterstände der Vorkrisenzeit erreichen. Rund 80.000 Personen beschäftigt die Branche dieses Frühjahr, schätzen Experten. Ende Juli 2010 hatte sie laut Stichtagserhebung des Arbeits- und Sozialministeriums knapp über 66.000 Mitarbeiter im Einsatz, um 15,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit war der Höchststand von 68.000 im Jahr 2008 fast wieder erreicht. Besonders stark fiel der Anstieg mit 33,6 Prozent auf 23.400 Zeitarbeiter in der Industrie aus: Elektro/Elektronik-Unternehmen und Maschinenbauer erreichten annähernd Vorkrisenniveau, Autobauer und Chemieindustrie übertrafen es bereits deutlich; nur die Metallverarbeiter beschäftigten noch deutlich weniger Leihpersonal als 2008. CNC-Dreher sind Mangelware.„Aus unserer Sicht ist die Krise in der Industrie zu 90 Prozent überwunden, bei kaufmännischen und technischen Fachkräften war sie nicht wirklich spürbar“, sagt Klaus Lercher, Österreich-Geschäftsführer des Zeitarbeitsbranchen-Primus Trenkwalder. Derzeit wird besonders intensiv nach Schlossern, Schweißern, Elektrikern, CNC-Drehern, Maschinenbedienern und Instandhaltern gesucht. Auch Logistiker, Staplerfahrer und Qualitätssicherer sind gefragt, heftiges G’riss herrscht um Konstruktions- und Einkaufsingenieure. „Das wird sich durch die Arbeitsmarktöffnung für acht EU-Ost-Länder im Mai auch nicht wirklich ändern. Die Spitze des ‚Match Gap“erwarten wir im Sommer“, sagt Lercher. In den Industriezentren der Steiermark, Ober- und Niederösterreichs steige der Bedarf an Facharbeitern vereinzelt bereits wieder schneller, als die Verleihfirmen rekrutieren können. Nicht mobiler als vor der Krise.Wien ist wieder einmal anders: „Hier findet man noch Facharbeiter,“ meint Manpower-Geschäftsführer Erich Pichorner. Allerdings nur für lokale Einsätze. Mobiler geworden sind die österreichischen Werktätigen durch die Krise nämlich nicht: „Die Leute sind ein bisschen unflexibel, die Firmen aber auch,“ formuliert der Pichorner es diplomatisch. Im Klartext: Für einen Umzug mit Sack und Pack in eine andere Ecke Österreichs bekommen Facharbeiter auch von Unternehmen, die sie angeblich händeringend suchen, im Normalfall keinerlei (finanzielle) Unterstützung.Viele gekündigte Industriearbeiter fanden Unterschlupf bei kleineren Unternehmen, die in Boomzeiten bei Bezahlung und Nebenleistungen nicht mit größeren Konzernen konkurrieren konnten. Mit der Erholung steigen die Ansprüche an den Arbeitsplatz wieder. Vor allem junge Leute entwickeln wieder Mut zum Job-Hopping. „In der Krise wechselt man den Arbeitgeber nicht freiwillig – jetzt aber wieder öfter,“ beobachtet Pichorner stetig zunehmende Fluktuation bei produzierenden Unternehmen. Die Rekrutierung wird für viele Personalverantwortliche zum Dauer-Marathon.„Das schaffen auch größere Personalabteilungen in der Industrie nicht mehr“, sagt Pichorner. Von dem daraus entstandenen Oursourcing-Trend profitieren die Personalüberlasser – sie sortieren Bewerber aus, erledigen Sicherheitseinweisungen und immer öfter die komplette Personalverrechnung. Auftragsplanung mit Zeitarbeitsunternehmen.Sollte keine neue Krise kommen, rechnet Manpower-Chef Pichorner heuer mit zehn bis 20 Prozent Wachstum bei Zeitarbeitskräften. Einziger Hemmschuh: Personalleasingfirmen fischen im selben (kleinen) Teich wie ihre Kunden. Allerdings immer öfter ohne Erfolg: Trenkwalder konnte 2010 rund 20 bis 30 Prozent der Anfragen für Facharbeiter mangels qualifizierter Bewerber nicht bedienen. Das nur auf den ersten Blick kurios anmutende Ergebnis beschreibt Österreich-Geschäftsführer Klaus Lercher so: „Etwa ein Fünftel unserer Kunden macht die Auftragsplanung mit uns gemeinsam. Nur wenn wir die für die Auftragserfüllung notwendigen Mitarbeiter bereitstellen können, nehmen die Kunden den Auftrag überhaupt an.“ Das betrifft nicht nur Klein- und Mittelbetriebe mit kleiner Stammbelegschaft, sondern auch größere Industriebetriebe, die bei gutem Auftragseingang zusätzliche Schichten einschieben und dafür die Schichtpläne umstellen.Zudem akzeptieren Lerchers Stammkunden in der Hochsaison bei besonders raren Qualifikationsprofilen und Spitzenkräften auch „Lieferfristen“ von bis zu zwei Monaten. Viele geben es schließlich notgedrungen billiger, weiß der Trenkwalder-Manager: „Unsere Kunden revidieren ihr Anforderungsprofil bis zur Saisonspitze meistens noch nach unten. Im September, so Lercher, sei so mancher schon froh, wenn er jemanden bekommt, der arbeitswillig und mobil ist.“ Maike Seidenberger