Logistik : Paketgeschäft boomt - und die Kosten der Deutschen Post explodieren

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Der kostspielige Boom im Paketgeschäft und Versäumnisse der Vergangenheit schmälern den Gewinn der Deutschen Post in diesem Jahr um eine Milliarde Euro. Der Konzern schraubte völlig überraschend die Prognose für den operativen Gewinn (Ebit) um fast ein Viertel auf rund 3,2 Mrd. Euro herunter. An der Börse gab die Aktie deutlich nach. "Die Prognosesenkung kam völlig überraschend,", sagte ein Händler.

Deutsche-Post-Chef Frank Appel räumte Fehler ein: "Wir sind in einigen Bereichen vielleicht zu schnell gewachsen", sagte er bei einer Telefonkonferenz. Die Post hat unter anderem damit zu kämpfen, dass durch den Online-Handel zwar ihr Paket-Service floriert, die dafür notwendigen Zusteller und ihre Fahrten aber auch immer mehr kosten. Die Sparte soll nun umgebaut werden, was zunächst weitere Ausgaben verursacht. Die Deutshe-Post-Aktie ging in der Spitze um neun Prozent in die Knie.

Konzernchef übernimmt vorübergehend Führung der Paketsparte

Schon die Entwicklung zu Jahresbeginn hatte die Anleger aufhorchen lassen, denn ein Gewinnrückgang im Brief- und Paketgeschäft bremste den Logistikriesen im ersten Quartal aus. Die Sparte war zwar schon länger das große Sorgenkind der Post, weil das Briefgeschäft durch den Siegeszug der E-Mail und anderer elektronischer Kommunikationswege jedes Jahr weiter schrumpfte. Auf der anderen Seite verlieh aber der durch Amazon, Zalando & Co. boomende Online-Handel dem Paket-Geschäft DHL Flügel und kurbelte dort den Umsatz an. Die Post eilte hier von Rekord zu Rekord.

Dass in der Sparte dennoch etwas im Argen liegt, ahnten Beobachter, als Appel vorübergehend persönlich die Geschäfte von Paket-Chef Jürgen Gerdes übernahm. Und tatsächlich wuchsen in Gerdes alter Sparte die Kosten schneller als die Umsätze. Das lag auch daran, dass die Beschäftigten des ehemaligen Staatsmonopolisten dank eines Tarifvertrags mit der Gewerkschaft Verdi seit vergangenem Oktober weitere 1,7 Prozent mehr verdienen, in diesem Oktober kommen noch einmal drei Prozent dazu. Zudem wütete die Grippewelle in Deutschland im Winter auch bei der Post, hohe Krankenstände führten zu Zusatzkosten.

Zu wenig investiert

Appel räumte nun ein, dass die Post in den vergangenen Jahren zu wenig in die Weiterentwicklung des operativen Geschäfts investiert habe. Jetzt will der Konzernchef pro Jahr zusätzlich 100 bis 150 Mio. Euro in die Hand nehmen, um dies nachzuholen und jährlich Einsparungen in Höhe von 150 bis 250 Mio. Euro zu erzielen. Zu seinen Plänen gehört auch ein Vorruhestandsprogramm, das 2018 zunächst mit Aufwendungen von 500 Mio. Euro zu Buche schlägt, aber bis 2020 jährlich Kosten von mindestens 200 Mio. Euro einsparen soll. Wie viele Mitarbeiter für dieses Programm infrage kommen, ließ Appel zunächst offen.

An der Preisschraube zu drehen, ist nicht nur für die Kunden unangenehm, sondern auch für den Konzern schwierig: Zwar hat die Post bereits angekündigt, vom 1. Juli an die Preise für Bücher- und Warensendungen zu erhöhen. Bei anderen Angeboten sei es aber wegen lange laufender Verträge mit Geschäftskunden schwierig, kurzfristig die Tarife anzuheben, so Appel. Bei den Briefen wartet die Post noch auf die Entscheidung der Bundesnetzagentur über eine Preiserhöhung im kommenden Jahr.

An der Planung für 2020 mit einem Ebit von mindestens fünf Milliarden Euro hält Appel unterdessen fest. "Wir nehmen jetzt bewusst kurzfristige negative Ergebniseffekte in Kauf, um langfristig nachhaltiges Wachstum zu sichern", erklärte er. (reuters/apa/red)