Neue Seidenstraße : Neue Seidenstraße: China sieht sich absolut als Chef

Starke Symbolik zu Beginn des Seidenstraßenforums: Chinas Präsident Xi Jinping steht am erhöhten Rednerpult und trägt über die Segnungen des von ihm initiierten Investitionsprojekts "Neue Seidenstraße" vor. Zugleich schwenkt die Kamera über die lange Reihe von Staats- und Regierungschefs, die in ihren Sesseln erste Reihe fußfrei, aber mit leicht steifem Genick zu Xi hinaufschauend, zuhören.

Xi hat China auf die weltpolitische Landkarte gesetzt und nutzt die "Seidenstraße" (belt and road) als Marketinginstrument, um Chinas wirtschaftlichen Einfluss zu demonstrieren und zu kanalisieren. 38 Staats- und Regierungschefs sowie die (Vize-)Chefs von IWF, UNO und EU waren auf Xis Einladung gekommen. Xi darf langsam und in gesetzten Worten erzählen, dass die neue Seidenstraße ein Friedensprojekt ist, Wohlstand für alle und Umweltschutz bringen wird. Nichts weniger als "eine gemeinsame Zukunft für die Menschheit" wolle man schaffen, verspricht er in seiner Rede. Von gemeinsam ist die Rede, aber sein Führungsanspruch ist unübersehbar.

China schützt eigene Betriebe - und bedient sich bei der Technologie des Westens

China, dem vom Westen Protektionismus und die Missachtung von intellektuellem Eigentum vorgeworfen werden, sieht sich nun als Vorreiter des fairen Handels. Null Toleranz für Korruption werde es geben, sagt Xi und Richtlinien für den Umgang mit Verschuldung. Denn einige Länder entlang der Seidenstraße dürften durch die leichte Vergabe von Milliardenkrediten aus Peking in eine Schuldenfalle gerannt sein. Und Xi lockt die Welt mit der Öffnung des chinesischen Marktes mit seiner stark wachsenden kaufkräftigen Mittelschicht.

All die schönen Worte sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass China mit der "Neuen Seidenstraße" seine eigenen Interessen verfolgt. Während aber China wirtschaftlich seine Vorstellungen durchsetzen will, hält es sich politisch mit Handlungsempfehlungen zurück. Sein Land sei mit dem "Sozialismus mit chinesischer Prägung" sehr erfolgreich, hält Xi fest, empfiehlt das System aber nicht den anderen Staaten. Auch in der Schlusserklärung zum Seidenstraßenforum wird bei allem Bekenntnis zu internationalen Regeln ein Dutzend Mal darauf hingewiesen, dass nationale Gesetze ausschlaggebend sind.

Bundeskanzler Sebastian Kurz spricht von einem "sinozentrischen Weltbild", mit dem China "zumindest unausgesprochen" die Universalität des seit 1945 entstandenen Systems in Frage stelle. Aber vielleicht ist es für Europa ohnehin angenehmer, wenn die aufstrebende Weltmacht China nicht, wie es der Westen als dominierende Kraft nach dem Weltkrieg gemacht hat, seine politischen und moralischen Werte dem Rest der Welt mit aufdrängt. Zumindest bisher gibt es in Europa wenig Bereitschaft, das chinesische Gesellschaftssystem mit seiner Kontrolle der Bürger und Einschränkung der Meinungsäußerungen zu kopieren. Auf rein wirtschaftlicher Ebene sind die Gemeinsamkeiten deutlich größer.

(Von Thomas Karabaczek, APA)