Oberösterreich : MAN Steyr: Vorstand ausgebuht - Urabstimmung im April

Siegfried Wolf MAN Steyr
© FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Aufgeheizte Stimmung unter den rund 1.700 Teilnehmern und Buh-Rufe für den MAN-Vorstand aus München - emotional hat sich die Betriebsversammlung bei MAN in Steyr zum Ende dieser Woche gestaltet. Dabei hat auch der Investor Siegfried Wolf, der das von der Zentrale zur Schließung vorgesehene Werk übernehmen will, sein Konzept für den Standort präsentiert. Das Fazit dazu des Arbeiter-Betriebsratschefs Erich Schwarz gegenüber der Austria Presseagentur: "Das Konzept ist schlüssig, aber der Preis ist zu hoch."

MAN: Wolf hatte das einzige Konzept "mit industrieller Logik"

MAN-Vorstandsvorsitzender Andreas Tostmann machte im Anschluss an die Betriebsversammlung klar: "Wir haben uns andere Optionen angeschaut, das einzige mit industrieller Logik" sei jenes von Wolf. Er bezeichnete es zudem als sozial verträglich mit einem soliden Investor. Er könne die Ängste der Belegschaft verstehen, deren "mulmiges Gefühl im Magen", aber die Zukunftslösung für Steyr sei einzig Wolf. Ansonsten gebe es nur einen Weg: Das Werk in Steyr Ende 2023 zu schließen. Er rechnet damit, dass die Belegschaft in der Urabstimmung mit Wolf mitgehen werde.

Der österreichische Topmanager und Investor Siegfried Wolf, früherer Konzernchef von Magna, will in Steyr ein eigenständiges Unternehmen in Steyr mit Logistik und Vertrieb aufbauen. Am Rande der Betriebsversammlung rückte er jedoch gleich einmal zur Verteidigung von MAN aus: Das "Eindreschen auf MAN" könne er nicht ganz nachvollziehen, wenn man nun einmal "mit seinem Einkommen nicht mehr das Auskommen findet".

Wolf will mit der Eigenmarke Steyr loslegen - und GAZ beliefern

Bis Ende 2022 wird noch für MAN produziert, dann will er die Eigenmarke Steyr "wieder zum Leben erwecken". Mit Markenrechten sieht er kein Problem. Bei Lkw über 6,5 Tonnen liegen diese schon bei Steyr, bei den kleineren Baureihen habe er "bereits mit Magna in Graz Gespräche" geführt. Mit sieben "brandneuen Produkten" für den Exportmarkt will er loslegen, erläuterte er sein Vorhaben. Dazu zählen leichte Kastenwagen mit Dieselmotoren und Elektroantrieb sowie Pritschenwagen, Kastenwagen und mittlere Lkw zwischen sechs und zwölf Tonnen, von denen 10.000 Fahrerkabinen pro Jahr für das Automotive-Unternehmen GAZ nach Russland gehen.

Weiters solle noch ein City-Bus mit Elektro-Antrieb und ein Bus für 77 Passagiere für Regionalverkehr gebaut werden. Potenzial sieht er auch in der Aluminium-Fertigung: Gesamtfelgen aus Steyr könnten in den süddeutschen Raum nach Ingolstadt, München oder Stuttgart gehen, so sein Szenario.

Steyr soll "ein Nischenplayer mit maßgeschneiderten Lösungen" werden

Steyr werde "zu 100 Prozent im Eigentum von Wolf" stehen, versicherte der Investor, und solle "ein Nischenplayer mit maßgeschneiderten Lösungen" werden. "Wir wollen keine Großbäckerei sondern ein Feinkosthändler sein", erklärte er in blumigen Worten. 10.000 bis 12.000 Stück pro Modell wolle man im Jahr produzieren. Was die Lackiererei angehe, seien Steyr auch "MAN-Lieferungen bei marktkonformen Preisen über 2023" hinaus zugesichert worden. "Als junge Marke" werde man am Anfang sicher Preisabschläge machen müssen.

Ab kommender Woche werde ein Infobüro in Steyr eingerichtet, in dem auch er "wenn notwendig den einen oder anderen Tag verbringen wird, um Fragen, die jetzt noch auftauchen werden", beantworten zu können.

Betriebsrat: Gespräche werde weitergehen

Seitens der Belegschaftsvertretung werde es "noch keine Zustimmung geben", sagte Arbeiter-Betriebsrat Erich Schwarz nach der Betriebsversammlung. Auf die Frage, ob das bedeute, dass es weitere Verhandlungen gebe, meinte er, das liege an Wolf. Pro-Ge-Vorsitzender Rainer Wimmer habe dem früheren Magna-Chef jedenfalls "Gespräche angeboten".

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Wolf: Löhne 30 Prozent über KV

Auch wenn von der Belegschaftsvertretung keine Empfehlung erfolgen wird, für das Wolf-Projekt zu stimmen - eine gegenteilige wird es auch nicht geben. Schwarz: "Die Mitarbeiter sind mündig genug." Wer gehen müsse - Wolf will von der aktuell 1.845 Personen zählenden Stammbelegschaft nur rund 1.250 Leute übernehmen - wisse man nicht, auch nicht nach welchen Kriterien das entschieden werde.

Der Betriebsrat hatte bisher vor allem wegen Wolfs Geschäftsverflechtungen mit Russland bezüglich Wirtschaftssanktionen Bedenken. Außerdem steht eine maximal 15 prozentige Kürzung des Nettoeinkommens bei einer Übernahme im Raum. Wolf hingegen versicherte "marktkonforme Löhne und Gehälter" zu zahlen, die 30 Prozent über dem Kollektivvertrag liegen würden.

Urabstimmung am 7. April - offener Ausgang

Die Belegschaft bekomme vom Betriebsrat nächste Woche noch einen Folder mit den wichtigsten Informationen, erklärte Schwarz das weitere Prozedere. Die Urabstimmung findet dann am 7. April statt, das Ergebnis werde am 8. April veröffentlicht. Wenn es negativ ausgeht und "wenn Wolf das Handtuch wirft", dann erwarte man jedenfalls von MAN, dass mit anderen möglichen Investoren gesprochen wird, so Schwarz - wie wahrscheinlich es sei, dass Wolf bei einem negativen Mitarbeiter-Votum einen Rückzieher macht, ist jedoch offen.

Wohlwollende Worte für Konzept von Karl Egger

Die "Green Mobility"-Projekt des Konsortiums rund um den Unternehmer Karl Egger (KeKelit) sei "auf breiterer Basis aufgestellt" als jenes von Wolf, hat man die Hoffnung bei der Belegschaftsvertretung noch nicht ganz aufgegeben. (apa/red)

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Falls Siegfried Wolf das MAN-Werk in Steyr übernimmt und in einen Produktionsstandort für Transporter umfunktioniert, dann stellt sich eine Frage: Wo soll eigentlich nach 2023 die leichte und mittlere MAN-Baureihe vom Band laufen? Wird diese womöglich künftig in Russland produziert? Einige – zugegebenermaßen spekulative – Antworten auf diese Fragen liefert hier Traktuell.at >>